Kirchheim will mit neuer Verkehrszählung Lkw-Durchfahrtsverbot auf den Weg bringen
Dicke Brummis sollen raus

Nach den Sommerferien wird in Kirchheim wieder emsig gezählt. – Und das nicht nur im Matheunterricht, sondern auf den Straßen: Die Stadt will rauskriegen, wie viele Lkws täglich auf den Durchfahrtsstraßen unterwegs sind. Ziel ist, die Brummis per Durchfahrtsverbot auf die Autobahn und die ­Bundesstraßen zu verweisen.

Kirchheim. Wer an Durchfahrtsstraßen wohnt, speziell in Ötlingen oder Jesingen, versteht mitunter sein eigenes Wort kaum: Lautstark dröhnen Lkws an den Wohnhäusern vorbei. Ob sie wirklich ein Ziel in der näheren Umgebung ansteuern, bezweifeln viele. Ötlingens Ortsvorsteher Hermann Kik hat sich deswegen schon mal selbst hinters Lenkrad gesetzt und höchstpersönlich die Verfolgung einzelner Brummis aufge­nommen. Sein Fazit: Ein guter Teil sind Mautflüchtlinge.

Um den Lärm für die Bürger zu mindern, möchte die Stadt gern den Lkw-Verkehr bewusst lenken. Unnötige Brummifahrten im Stadtgebiet soll es nicht mehr geben. Erstrebenswert scheint ein Durchfahrtsverbot für Lkw über 7,5 Tonnen auf den Landesstraßen 1200, 1201 und 1207. Dies sind die Durchgangsstraßen durch Ötlingen und Jesingen, die Verbindung über Notzingen Richtung Hochdorf und die Straße über die Plochinger Steige nach Wernau.

Mit den umliegenden Kommunen zieht die Stadt Kirchheim in dieser Sache an einem Strang. Bürgermeister Günter Riemer pries im Technischen Ausschuss die Solidarität aller Kommunen. Gemeinsam soll erreicht werden, dass der Verkehr sich nicht jeweils in die Nachbargemeinde verlagert, sondern das Fernstraßennetz nutzt, dessen Hauptpfeiler die B 10, die B 313 und die A 8 sind. Über die Kreisgrenzen hinaus sind auch Schlierbach, Uhingen und Albershausen von den Plänen in Kenntnis gesetzt worden. Bewirkt werden sollen zwei Dinge: weniger Lärm und mehr Sicherheit für die Bürger.

Die Wünsche der Anwohner nach Erlösung vom Lärm sind keineswegs neu. Günter Riemer erinnerte daran, dass Kirchheim bereits vor einigen Jahren im Rahmen der Lärmaktionsplanung ein Nachtfahrverbot für Lkw in den Ortsdurchfahrten Ötlingen und Jesingen angestrebt hatte. Das Regierungspräsidium (RP) bescherte dem Ansinnen eine klare Abfuhr. Begründung: Die L 1200 ist eine Bedarfsumleitungsstrecke der A 8 und muss deshalb jederzeit auch für den Lkw-Verkehr freigehalten werden.

Den Stein erneut ins Rollen brachte die Stadt Wernau, die im vergangenen Jahr ein Lkw-Durchfahrtsverbot auf ihrer Durchfahrt, der L 1207, beim Landratsamt beantragt hatte. Kirchheim regte daraufhin den Schulterschluss der Kommunen Kirchheim, Wendlingen, Hochdorf und Notzingen mit Wernau an, da mit Verlagerungen des Verkehrs gerechnet wurde. In einem gemeinsamen Schreiben an das Regierungspräsidium wurde die Zustimmung für ein Durchfahrtsverbot aller Fahrzeuge über 7,5 Tonnen in den beteiligten Kommunen gefordert. Reiner Lieferverkehr soll möglich bleiben.

Das RP forderte unter anderem eine fachliche Vorprüfung ein. Sie sollte beispielsweise eine Überschreitung der zulässigen Lärmwerte an Gebäuden entlang der Durchfahrtsstraßen belegen. Wie Riemer mitteilte, ist längst klar, dass die zulässigen Lärmwerte in Kirchheim, Wernau und Notzingen an zahlreichen Gebäuden überschritten sind und auch die Reduzierung auf 30 Stundenkilometer daran wenig ändern würde.

Deshalb bleiben die beteiligten Kommunen bei ihrer Forderung: Dicke Brummis sollen raus aus den Orten. Dass es nicht leicht wird, das RP zu überzeugen, ist den Betroffenen klar. So erwartet die Behörde nun beispielsweise ein aufwendiges „Verlagerungsgutachten“, das die Neuorientierung der Verkehrsströme darstellt. Der erste Schritt besteht darin, die Lkws zu zählen und die Fahrer zu befragen. So soll der Anteil des reinen Lkw-Durchfahrtsverkehrs bestimmt werden. Auf dieser Grundlage wird dann entschieden, ob es – auch aus Sicht des RP – sinnvoll scheint, das Durchfahrtsverbot weiter voranzutreiben oder ob andere mögliche Maßnahmen zur Lärmreduzierung weiterverfolgt werden müssen.

Wie der Bürgermeister mitteilte, wird erst nach den Sommerferien gezählt. Das liegt maßgeblich daran, dass ab August auf der B 313 zwischen Plochingen und der Auffahrt zur Autobahn die Mautpflicht eingeführt wird. Dies könnte Auswirkungen haben auf das Fahrverhalten der Lkw-Kapitäne.