Der 3,8-Millionen-Euro-Bau des Sportvereinszentrums am Stadion soll im November beginnen
Die Stadt bürgt für den VfL

Auf dem Weg zum Sportvereinszentrum hat der VfL Kirchheim eine wichtige Hürde genommen: Der Gemeinderat hat mit großer Mehrheit zugestimmt, eine Bürgschaft in Höhe von 1,2 Millionen Euro zu gewähren. Läuft alles nach Plan, kann der Bau am Stadion bereits im November beginnen. Spätestens Anfang 2016 soll der Sportbetrieb losgehen.

Andreas Volz

Kirchheim. Die Idee, ein Sportvereinszentrum zu bauen, entstamme der kooperativen Sportentwicklungsplanung, sagte Oberbürgermeisterin Matt-Heidecker. Weil sich die Gesellschaft in ihrer Struktur und in ihrem Verhalten ändre, weil das Bedürfnis nach Gesundheitssport steige und weil dem Sport eine große soziale Bedeutung zukomme, habe es schon 2009 in Kirchheim geheißen: „Wir wollen ein Sportvereinszentrum und einen Sportpark.“ Seither habe es viele Diskussionen und Umplanungen gegeben.

Auch rechtliche Fragen seien zu klären gewesen. So dürfe eine Kommune nur Leistungen bezuschussen, die zu ihrem eigenen Aufgabengebiet gehören. Auch die Befürchtung, dass ein Sportvereinszentrum kommerziellen Fitnessstudios Konkurrenz macht, steht im Raum. Angelika Matt-Heideckers Fazit zum rechtlichen Komplex lautet: „Es gibt immer ein gewisses Risiko, und man kann nicht alles ausschließen. Aber wir sind fest davon überzeugt, dass wir alles Notwendige getan haben.“ Nicht zuletzt unterstütze das Regierungspräsidium die Planungen: „Auch dort hat man erkannt, dass die Sportvereine und die Städte auf die Veränderungen in der Gesellschaft reagieren müssen.“

Zur Konkurrenzsituation gegenüber kommerziellen Fitness-Anbietern sagte die Oberbürgermeisterin, anhand der Erfahrungen aus anderen Städten und Vereinen:  „75 Prozent der Besucher, die in ein Sportvereinszentrum kommen, hatten noch nie etwas mit einem Fitnessstudio zu tun und würden auch nicht in ein Fitnesscenter gehen. Sie gehen wegen dem Vereinssport ins Zentrum.“

Die VfL-Vorsitzende Doris Imrich stellte im Gemeinderat das aktuelle Konzept vor: Demnach soll das Sportvereinszentrum an der Stelle entstehen, wo sich derzeit noch das Gebäude mit der Gaststätte und den Kegelbahnen befindet. „Dieser Standort hat den Vorteil, dass wir keine Grünflächen kaputt machen und dass auch die Sportplätze erhalten bleiben.“ Gaststätte und Kegelbahnen seien bereits geschlossen, sodass dem Abriss des Gebäudes im September nichts mehr im Weg steht.

Tribüne und Umkleiden des Stadions bleiben bestehen. Davor beziehungsweise daneben entstehe ein zweistöckiger „Zweckbau“, in dem nicht nur der Fitnessbereich für Vereinsmitglieder untergebracht wird, sondern auch Kurs- und Geräteräume sowie eine Sauna. Zusätzlich beherbergt der Neubau die Vereinsgeschäftsstelle des VfL Kirchheim, die einen separaten Eingang bekommt.

Die Kosten für das neue Sportvereinszentrum belaufen sich auf 3,5 Millionen Euro für Gebäude und Außenanlagen einschließlich Baunebenkosten. Hinzu kommen „Anlaufkosten“ in Höhe von 300 000 Euro, sodass die Gesamtausgaben bei 3,8 Millionen Euro liegen. Zur Gegenfinanzierung verweist der Verein auf 100 000 Euro Eigenkapital und auf einen Zuschuss des Württembergischen Landessportbunds (WLSB) in Höhe von 370 000 Euro. Die „Anlaufkosten“ werden zunächst über ein privates Darlehen finanziert.

Was bleibt, sind Kosten von rund drei Millionen Euro. Doris Imrich zufolge stellen drei Banken dieses Geld zur  Verfügung: „zwei Kreissparkassen und eine Volksbank“. Voraussetzung für die Darlehen ist allerdings eine Ausfallbürgschaft über 1,2 Millionen Euro, die die Stadt Kirchheim übernimmt. Ursprünglich war von 800 000 Euro als Bürgschaftssumme ausgegangen worden. Die Grundschuld für das Gebäude sei mit 950 000 Euro veranschlagt. Für Doris Imrich ist diese Summe relativ gering. Das liege daran, dass es sich um eine Sonderimmobilie handle und dass das Grundstück der Stadt Kirchheim gehört.

Um die Kredite zurückzahlen können, setzt der Verein auf die Gewinne, die das Sportzentrum abwerfen soll. Bereits nach drei Jahren Betrieb soll die Gewinnschwelle erreicht sein, die bei rund 800 000 Euro angesetzt ist. Haben die Einnahmen diesen Punkt erreicht, sollen sie die Ausgaben übersteigen. Um an diesen Punkt zu gelangen, braucht der VfL für seine neue Abteilung „Fitness“ etwa 1 200 Mitglieder. Sie zahlen außer ihrem Jahresbeitrag von 80 Euro noch monatlich 51 Euro für die Fitness-Abteilung. Pro Jahr kostet die Nutzung aller Möglichkeiten, die das Sportvereinszentrum bietet, also 692 Euro.

Doris Imrich zeigte sich im Gemeinderat zuversichtlich, dass der VfL sein Ziel erreichen wird, 1 400 Mitglieder für die Abteilung Fitness zu gewinnen. Ausgelegt sei das Sportvereinszentrum auf bis zu 1 600 Mitglieder. Und einem Gutachten zufolge gebe es in und um Kirchheim sogar 2 400 Menschen, für die das Angebot des VfL attraktiv sein könnte. Angedacht ist, dass Mitglieder aller Kirchheimer Sportvereine das Zentrum am Stadion nutzen können. Sie müssen also nicht VfL-Mitglied sein. Auch mit Vereinen aus Nachbarkommunen ist der VfL Kirchheim im Gespräch, um das Angebot noch weiter auszudehnen.

In der Gemeinderatsdiskussion sprach Klaus Buck (CDU) von einem „schlüssigen Konzept“ und einer „sehr konservativen Wirtschaftlichkeitsberechnung“. Er sei „zuversichtlich, dass das Projekt gelingt“. Auch Christof Schweiss (Freie Wähler) glaubt an die Wirtschaftlichkeit: „Das zeigen die Erfahrungen anderer Vereine.“ Das Sportvereinszentrum sei wichtig, weil die Vereine sonst „ausbluten“ würden – angesichts von Ganztagsschulen, G 8 und größtmöglicher Flexibilität im Berufsleben.

Bernhard Most, der Vorsitzende der FDP/KiBü-Fraktion, nannte zwei kritische Punkte. Am ersten könne man noch aussteigen: wenn die Ausschreibungen ergeben, dass der Bau deutlich teurer wird als bisher gedacht. Beim zweiten kritischen Punkt sei es allerdings zu spät, um die Reißleine zu ziehen: „wenn die Anlaufphase nicht so funktioniert, wenn also die Zahl von 1 000 bis 1 300 Mitgliedern nicht erreicht wird“.

Für Katja Seybold (CIK) sind 1,2 Millionen Euro als Bürgschaft „nicht schmerzfrei“ möglich. Sie hofft aber, „dass der Bürgschaftsfall nicht eintritt“. Dass der VfL Gewinne des Sportvereinszentrums in den Verein re-investiert, begrüßt sie ausdrücklich. Die Fraktionsvorsitzende der Frauenliste, Dr. Silvia Oberhauser, stellte fest, dass der VfL das Sportvereinszentrum ebenso brauche, wie die Stadt die Vereine braucht. Dass der Bau wirtschaftlich ist, begründete sie mit der rhetorischen Frage: „Warum soll ausgerechnet in Kirchheim nicht funktionieren, was woanders funktioniert?“

Andreas Schwarz (Grüne) sieht die Nachfrage in Kirchheim als „hoch genug“ an. Trotzdem forderte er „ein gutes Projektmanagement“, damit das Sportvereinszentrum erfolgreich wirtschaften könne. Andreas Kenner (SPD) begrüßt es vor allem, dass das Vereinszentrum für alle Sportvereinsmitglieder offenstehe. Auch beim Sport gebe es einen Wandel: „Manche Sportarten werden in Kirchheim nur überleben, wenn die Vereine sich zusammenschließen.“

Insgesamt zeigte sich das Gremium vom Vorhaben des VfL überzeugt: Mit nur eine Gegenstimme segneten die Ratsmitglieder sowohl die Bürgschaft über 1,2 Millionen Euro ab als auch einen Zuschuss von 28 000 Euro für die Planungskosten.