Nicole Mohn
BEUREN. Davon konnten sich die Besucher des ersten Ziegentags im Beurener Freilichtmuseum am Sonntag ein Bild machen.
Keck reckt die braun-schwarze Geiß ihre Nase den Zuschauern entgegen. Von Scheu oder Angst keine Spur. „Ziegen sind neugierig und wollen alles erkunden, das gehört zur Geiß dazu“, sagt Dr. Ulrich Jaudas und bringt sicherheitshalber das Mikrofonkabel aus der Reichweite des Ziegenmauls. Der Vorsitzende des Baden-Württembergischen Ziegenzuchtverbandes kennt die Eigenarten der gewitzten Tiere nur zu gut. Der Lenninger ist mit Geißen groß geworden und züchtet selbst. Entsprechend lebendig sind seine Schilderungen, mit denen er am Laichinger Weberhaus die stetig wachsende Zahl von Zuhörern in den Bann zieht.
Beinahe wäre es allerdings duster geworden um die kecke Ziegendame aus dem Schwarzwald und all die anderen Ziegenrassen. Denn in den 50er- und 60er-Jahren wurde vielen die Haltung der Ziegen zu aufwendig. Überlebt haben die Paarhufer nur, weil sich genügend Liebhaber fanden, die Geißen nicht als Nutztiere, sondern aus Liebhaberei hielten und züchteten.
Auch von den Thüringerwaldziegen, wie sie auf dem Ziegenhof der Familie Holzer aus Hochdorf herumspringen, gab es nur noch wenige Exemplare. Nach der Wende machten sich engagierte Züchter daran, den gefährdeten Bestand wieder auszubauen. Die hübschen Geißen mit ihrem braun-grauen Fell und den weißen Streifen zählen ebenso wie die Schwarzwaldziegen zu den alten deutschen Ziegenrassen. Holzers Hof ebenso wie der Hof der Familie Hepperle aus Kirchheim zählen zu einer ganzen Reihe von Betrieben im Ländle, die inzwischen wieder nahezu ausschließlich von der Ziegenhaltung leben können.
Harald Brändle hat sein Herz an die Weiße Deutsche Edelziege verloren. Seit mehr als 30 Jahren züchtet der Schlaitdorfer die großen Geißen nun schon – und würde nie eine andere Ziegenrasse halten wollen. Bis zu fünf Liter Milch geben seine Tiere am Tag. Ganz im Gegensatz zu ihrem Ruf schmeckt frische Ziegenmilch übrigens ganz und gar nicht „bockig“. Ulrich Jaudas führt das darauf zurück, dass die Tiere heute nicht wie früher im Stall gehalten werden, sondern viel draußen auf der Weide sind. „Milch nimmt schnell den Geruch der Umgebung an“, so der Fachmann.
Was man Gutes aus Ziegenmilch zubereiten kann, das gab es an den Ständen rund um die Rassenschau zu entdecken und zu kosten. Doch nicht nur als Milchlieferanten sind Geißen inzwischen wieder gefragt. Am Albtrauf sind die Paarhufer zusätzlich als Landschaftspfleger gern gesehene Weidegäste. Hier sind es zumeist jedoch ausländische Hornträger, die dafür sorgen, dass Brombeeren und Holder nicht die Hänge an der Albkante verbuschen lassen. Anders als die deutschen Edelziegen sind die Burenziegen eine Fleischrasse. Zu erkennen sind die Allesfresser vor allem an ihren charakteristischen Hängeohren. In der Regel sieht man Tiere mit vorwiegend weißem Fell. Es gibt aber auch Burenziegen mit rötlichbrauner Färbung.
Für diese Rasse schlägt das Herz von Rüdiger Banse. Bis zu 40 der Burenziegen aus dem Kalahari-Gebiet standen schon bei dem Unterensinger im Stall, der den Ziegentag nutzte, um die unbekanntere Fellfarbe den Besuchern vorzustellen. Dass die Beurener zu den gehörnten Tieren einen ganz besonderen Bezug haben und welche Geschichten und Sagen sich noch um die Ziegen ranken, auch dazu gab es beim Aktionstag, den das Museum zusammen mit dem Ziegenzuchtverein Filder-Teck auf die Beine stellte, Interessantes zu lernen.
Bei den Besuchern traf die Premiere des Ziegentages jedenfalls auf große Resonanz. Schon in den Vormittagsstunden stauten sich die Wartenden an der Museumskasse. Damit dürfte der Aktionstag gute Chancen haben, zu den beliebten Schäfertagen mit auf das Jahresprogramm zu rücken.