Benz Catering aus Köngen hat Max Weises Wohnhaus als Event-Location auserkoren
Die Villa hat 'nen Neuen

Kirchheim. Das Wort Langeweile kennt die Kirchheimer Villa ganz bestimmt nicht. Zu viele Pächter haben sich die letzten Jahre ihre Klinke in die Hand gegeben. Nun
 hat die alte Dame einen neuen, und der ist kein Unbekannter: die Firma Benz Catering aus Köngen, die durchaus das eine oder andere DAX-Unternehmen auf ihrer Kundenliste hat, hat die Villa zur Event-Location auserkoren. Wer richtig edel heiraten möchte oder für seine Kulturveranstaltung einen entsprechenden Rahmen sucht, ist dort genau richtig.

1893 wurde die Villa in der Dettinger Straße vom Fabrikanten Max Weise als Wohnhaus erbaut. Dass das schöne alte Jugendstil-Gebäude sogar Karl May zu schriftstellerischem Werk inspirierte, weiß in Kirchheim jedes Kind.

Die Pubertät scheint die Villa unbeschadet überstanden zu haben, aber im fortgeschrittenen Alter kann die alte Dame mit einem Liebesleben aufwarten, das sich hinter dem von Dauer-Braut Elizabeth Taylor nicht verstecken muss. Zugegeben: Die Verbindung mit Kirchheims bekanntestem Gastronomen Michael Holz, der die Villa zur angesagten Diskothek mit Kulturbetrieb machte, währte immerhin beinahe ein Jahrzehnt. Im verflixten neunten Jahr trennten sich die Wege – wie so oft des Geldes wegen. Die Diskothek hatte bei den jungen Kirchheimern deutlich an Attraktivität verloren, schließlich war die Pacht nicht mehr zu finanzieren. „Neun Jahre Disco sind genug, ich will nicht mit dem Laden untergehen“, sagte Michael Holz damals. Arme Villa.

Die nächste Liaison stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Der Kirchheimer Jürgen Landowski und seine beiden Kollegen Lars Allinger und Michael Hermann wollten die Villa mit kreolischer Küche und exotischen Cocktails betören und schnell zurück auf die Erfolgsspur führen. Die Rechnung hatten sie allerdings ohne ihre mächtigsten Beschützer gemacht. Baurechtsbehörde und Denkmalamt fanden es gar nicht schön, dass das Trio ohne ihre Genehmigung an der Villa he­rumschraubte. Die Strafe: ein mehrmonatiger Baustopp. Der Neue der Villa war in Teilen Kirchheims schon für „tot und pleite“ erklärt worden, als das Panama Joe‘s im Februar 2003 endlich eröffnen konnte. Wa­rum die Pächter die Villa nur vier Jahre später sitzen ließen, ist nicht bekannt.

Man darf der alten Dame nicht verübeln, dass sie nach zwei gescheiterten Beziehungen ein wenig durch den Wind war. So lässt es sich vielleicht auch erklären, dass ihre nächste Wahl bei den meistern Kirchheimern eher Kopfschütteln auslöste. Marcus Breischs Idee, die Schwaben im „Wangaluu“ auf weißen Lederliegen flachzulegen und ihnen unter Kronleuchtern ein zwölfgängiges Fingerfood-Menü im Liegen zu kredenzen, stieß nicht auf die erhoffte Gegenliebe. Dem Erotik-Club, der die Lücke füllen sollte, blieb der Behördenstempel versagt. Stattdessen ließ Ex-Mona-Lisa-Betreiber Dietmar Romppel mit einem Bar-Lounge-Betrieb die „alte Villa“ wieder aufleben. Sie lebte ziemlich genau ein Jahr.

Verglichen mit all dem kommt der Neue doch recht gediegen daher. Die Firma Benz-Catering hat die Villa von dem weißen Leder und anderem Nippes aus Wangaluu-Zeiten befreit, sodass sich das alte Gebäude nun wieder von seiner schönsten Seite präsentiert. Der alten Dame ist zu wünschen, dass sie nach all dem Hin und Her endlich den Richtigen gefunden hat. Ein Wunsch, den sicher auch viele Menschen in sich tragen, die in den nächsten Jahren in der Villa Benz den Bund fürs Leben begießen. Prost.