Thomas Brdaric, ein Sohn der Teckregion, geboren in Nürtingen, aufgewachsen in Neuffen, ist mit seinen 43 Jahren schon weit herumgekommen. 20 Stationen liegen hinter dem Handlungsreisenden in Sachen Fußball seit seinem Karrierestart 1992/93 beim damaligen Oberliga-Neuling VfL Kirchheim. Der Stürmer mit kroatischer Abstammung bestritt 204 Bundesliga- und acht Länderspiele, bis ihn ein schwerer Knorpelschaden im Knie mit mehreren Operationen 2008 zur vorzeitigen Aufgabe zwang. Danach wirkte er als Trainer oder Manager, unter anderem in Weißrussland, Usbekistan und Mazedonien.
Aktuell trainiert Brdaric den Drittliga-Absteiger Rot-Weiß Erfurt in der Regionalliga Nordost. Dort hat er den Ruf als harter Hund und akribischer Arbeiter, der seinen Job versteht und erfolgreich macht: Seine umgekrempelte Mannschaft mit 22 neuen Spielern ist zehnmal ungeschlagen und hat sich vom letzten Tabellenplatz auf Rang vier katapultiert.
Doch nun liegt ein langer Schatten über dem Steigerwaldstadion. Es herrscht Untergangs- statt Aufbruchstimmung in der Hauptstadt Thüringens. Der zweimalige DDR-Meister ist hoch verschuldet - die Forderungen der Gläubiger belaufen sich angeblich auf 6,8 Millionen Euro - und steht vor dem endgültigen Aus, nachdem kürzlich bereits ein Insolvenzantrag gestellt worden war. 120 000 Euro fehlen allein für die November-Gehälter der Spieler und Angestellten, für den Rest der Saison ein Vielfaches mehr. Bis zum 23. Januar verlangt der DFB einen Nachweis über 1,5 Millionen an Bürgschaften und Krediten, sonst wird der Spielbetrieb eingestellt.
Parallelen zum VfL-Aus
Die Situation weckt Erinnerungen an das Aus beim VfL Kirchheim 2011. Wegen einer Lücke im Etat von 100 000 Euro musste die Mannschaft Ende Juli kurz vor dem Saisonstart vom Spielbetrieb der Oberliga Württemberg zurückgezogen werden. Nach einem Jahr Spielpause erfolgte der Neuanfang in der Verbandsliga, später der Absturz über Landes- und Bezirksliga bis in die Kreisliga A.
Ein ähnliches Schicksal droht nun dem Traditionsklub Rot-Weiß Erfurt. Wenn bestimmte wirtschaftliche Voraussetzungen nicht erfüllt werden können, müsste sich der Klub im schlimmsten Fall sogar auflösen und in der untersten Liga Thüringens, der Kreisliga B, neu beginnen.
Das wäre dann sicher kein Thema mehr für Thomas Brdaric, der ganz andere Ansprüche hat. Sich anzupassen gehörte nie zu den Stärken dieses wilden Stürmers mit der Rückennummer 13 und dem oft überschätzten Ego. Er galt als Querdenker. Weil er meistens auch frech und aufmüpfig war, hat ihn der frühere Nationaltorwart Oliver Kahn 2002 einmal am Kragen gepackt und kräftig durchgeschüttelt. Die Antwort darauf war eine von Brdaric selbst besungene CD mit dem Titel „Die wilde 13“, mit der er Kahn und andere Kollegen verspottete.
Oliver Otto, von 2008 bis 2010 Spieler beim VfL Kirchheim, war 1993/94 Brdarics Kollege beim VfB Stuttgart. Gemeinsam sind sie oft zusammen zum Training gefahren, gemeinsam haben sie vor fünf Jahren die Trainer-A-Lizenz gemacht. Der heutige VfB-Jugendleiter für Bildung und Erziehung aus Wernau erinnert sich: „Thomas war etwas Besonderes. Auf dem Spielfeld hatte er überraschende Ideen und war nur schwer ausrechenbar.“ Weltmeister Guido Buchwald über den damals 18-Jährigen, den er heute manchmal bei Prominenten-Spielen trifft: „Ein schneller Schlacks, der sich noch entwickeln musste. Seine beste Zeit als Spieler hatte er, meine ich, in Leverkusen.“
Wie es mit Erfurt und Brdaric weitergeht, ist völlig offen. „Dass alles zu solch einem frühen Zeitpunkt in der Saison passiert, ist schon ziemlich irritierend“, sagt er, „wir Spieler und Trainer sind nur für das Sportliche verantwortlich und werden alles dafür tun, mit guten Leistungen und Siegen Sponsoren zu animieren, damit es weitergehen kann.“
Wenn nicht, gibt es für ihn auch noch andere Dinge im Leben. Brdaric ist verheiratet, hat drei Kinder und besitzt in Wesel-Bislich am Niederrhein ein Ausflugslokal. Gelegentlich hält er Vorträge zum Thema „Wie schaffe ich es dauerhaft, unter hohem Druck meine maximale Leistungsfähigkeit abzurufen?“, für die er gebucht werden kann. Wie sagt er doch so treffend: „Als Mensch musst du leben und experimentieren. Als Trainer brauche ich keine langweiligen Spieler - und sie keinen langweiligen Trainer.“