Kreis Esslingen. Es ist schon ein bisschen gemein, nur alle vier Jahre Geburtstag zu haben. Doch Hedi Männer aus Bissingen nimmt‘s gelassen: Für sie war es noch nie besonders tragisch, ein Schaltjahr-Geburtstagskind zu sein. „Ganz im Gegenteil. Denn meinen Geburtstag vergessen die Leute nicht. Dieses Datum kann sich jeder merken“, sagt die Bissingerin nicht ohne Stolz.
Freilich freut sie sich aber auch darüber, dass sie heute endlich mal wieder an ihrem „richtigen“ Tag feiern kann – und zwar im kleinen Freundeskreis in Garmisch-Partenkirchen. Dort wurde Hedi Männer vor 64 Jahren geboren. Eigentlich jedoch wird sie an ihrem heutigen Ehrentag ja erst 16, gibt sie zu bedenken. „Meine 33-jährige Tochter freut sich jedes Jahr darüber, dass ich jünger bin als sie“, sagt die Bissingerin schmunzelnd.
Aber auch in Nicht-Schaltjahren lässt sich Hedi Männer vom Feiern keineswegs abhalten. Dann wird kurzerhand der 28. Februar zum Geburtstag umfunktioniert. „Manche Verwandten und Bekannten rufen mich um Mitternacht auf den 1. März an, um zu gratulieren. Die anderen melden sich am 28. Februar oder im Laufe des 1. März“, erzählt Hedi Männer. Je nachdem, wann die Geburtstagswünsche ausgesprochen werden, weist die Bissingerin die Gratulanten scherzhaft darauf hin, dass sie entweder noch gar nicht Geburtstag habe oder dass dieser schon wieder vorbei sei. Dass man ihr am 28. Februar einen Tag zu früh gratuliert (was ja angeblich Unglück bringen soll), lässt die Bissingerin dabei kalt. „Ich bin nicht abergläubisch“, winkt sie ab.
Das sieht Matthäus Wegenast aus Gutenberg genauso – dennoch hat er seinen Geburtstag noch nie am 28. Februar „vorgefeiert“, wie er sagt. In Nicht-Schaltjahren werde das Fest einfach auf ein Wochenende im März gelegt. Ansonsten feiert der Gutenberger selbstredend an „seinem“ Tag. In diesem Jahr knallen sogar zwei Mal die Sektkorken: heute Abend im kleineren Kreis und am Wochenende mit 25 Verwandten und Bekannten, erzählt Matthäus Wegenast, der heute 76 Jahre – pardon 19 Geburtstage – alt wird. Dass er nur alle vier Jahre die Gelegenheit zum ausgiebigen Feiern hat, müsse er schließlich ausnutzen, fügt er gut gelaunt hinzu.
Matthäus Wegenast stört sich überhaupt nicht an seinem außergewöhnlichen Geburtsdatum. Das mag mehrere Gründe haben. Zum einen zieht er stets erstaunte Blicke auf sich, sobald er sein Geburtsdatum nennt; und zum anderen „sagen meine Enkel immer zu mir: Opa, beim Alter holen wir dich bald ein“. Außerdem erhielt der Gutenberger über viele Jahre hinweg regelmäßig am 29. Februar oder 1. März von einem ihm unbekannten Mann aus Kirchheim einen ganz besonderen Anruf. „Er hat mir jedes Jahr übers Telefon mit der Trompete ein Lied vorgespielt“, erinnert sich Matthäus Wegenast. Wahrscheinlich habe der Mann aus der Zeitung erfahren, dass er ein Schaltjahr-Geburtstagskind ist. Über die Ständchen jedenfalls „habe ich mich immer sehr gefreut“, betont Matthäus Wegenast. Mittlerweile sei der Trompetenspieler jedoch leider verstorben.
Über ihren Ehrentag darf sich heute auch Jan-Dilara Aydin aus Kirchheim freuen: „Ich werde fünf“, verrät die junge Frau schmunzelnd, die eigentlich 20 Jahre alt wird. „Viele sagen, es ist ein Nachteil, am 29. Februar Geburtstag zu haben“, weiß Jan-Dilara Aydin. „Aber ich sehe es als Privileg an. Mein Geburtsdatum ist einfach etwas Besonderes. Daran erinnert sich jeder.“
Die Kirchheimerin lässt es sich heute so richtig gut gehen: Sie lädt über 20 Freunde und Verwandte zu einer großen Party ein. In Nicht-Schaltjahren fällt das Fest indes stets etwas kleiner aus. Meist findet es „am ersten Wochenende nach dem 1. März“ statt. Gratulationen erhält Jan-Dilara Aydin dann regelmäßig am 1. März. „Denn die meisten Leute denken, es bringt Pech, wenn sie am 28. Februar gratulieren“, erzählt die Kirchheimerin.
Florian Böbel erhält hingegen in Nicht-Schaltjahren sowohl am 28. Februar als auch am 1. März die besten Wünsche zum Geburtstag. „Ich bin da völlig offen. Außerdem kann ich, wenn ich will, dann sogar an zwei Tagen feiern“, hat der Kirchheimer die Vorteile seines Geburtsdatums entdeckt. Heute wird der junge Mann 24 Jahre alt. Eine ausgelassene Fete ist ihm zunächst jedoch nicht gegönnt – denn der Kirchheimer, der eine Ausbildung bei der Berufsfeuerwehr in Stuttgart absolviert, steckt derzeit mitten in den Prüfungsvorbereitungen. Deshalb wird heute nur im kleinen Kreis gefeiert: in der Mittagspause mit den Kollegen und am Abend mit der Familie. Und am Wochenende will Florian Böbel dann zusammen mit seinen Freunden um die Häuser ziehen.
Nur alle vier Jahre „richtig“ Geburtstag zu haben, war für Florian Böbel im Übrigen noch nie ein Dilemma. „Mir macht das nichts aus. Ich feier trotzdem jedes Jahr“, sagt er pragmatisch. Die meisten Menschen würden erstaunt, aber positiv auf sein Geburtsdatum reagieren: „Sie finden es cool. Außerdem ist es immer ein Gesprächsthema.“