Stuttgart. Zweiter Prozesstag im Nürtinger Kokain-Prozess: Vor der 17. Großen Strafkammer geben sich die beiden Kneipenbetreiber hinsichtlich des Vorwurfs des Kokainhandels im Kilobereich schweigsam. Nur der Dritte, ein aus Metzingen stammender 56-jähriger Süditaliener, ist redselig. Er hatte am ersten Prozesstag vergangene Woche beteuert, dass die ihm zur Last gelegten Kokainverkäufe falsch seien, denn es habe sich nur um Schmerzmittel gehandelt. Auch den Handel mit Falschgeld bestritt er energisch.
Nachdem ihm das Gericht eine Woche Zeit gegeben hatte, sich diese Aussage angesichts der erdrückenden Beweise zu überlegen, ließ der Mann gestern durch seinen Verteidiger eine Erklärung abgeben. Darin wird der Vertrieb von gefälschten 50-Euro-Scheinen weiterhin bestritten, nicht aber der Verkauf von Kleinportionen Kokain an Konsumenten in Nürtingen, Wernau, Wendlingen, Kirchheim und Metzingen. Die Kunden mussten für ein Gramm 70 Euro bezahlen. Doch wie hoch sein Umsatz war und an welchen Terminen er verkaufte, das wisse er selbst nicht mehr.
Bleibt der Vorwurf der Geldfälschung. Ein 53-jähriger Beamter der Kriminalpolizei Esslingen sagte im Zeugenstand, man habe Anfang dieses Jahres zunächst in Sachen Falschgeld ermittelt, nachdem Kollegen aus Rottweil dort einen Italiener festgenommen hatten, der mit den falschen Scheinen nur so um sich geworfen haben soll. Es soll sich um 50 000 Euro gehandelt haben. Der Festgenommene war gesprächig und brachte die Ermittler auf die Spur zu den beiden Nürtinger Gastwirten. Daraufhin begannen die Observationen, verbunden mit einer Telefonüberwachung und Überwachung der Handy-Verbindungsdaten.
Dabei habe man festgestellt, dass die Verdächtigen mit dem Rauschgift handelten und dieses bei einer Lieferung von 100 Gramm mit 7 000 Euro Falschgeld bei einem Lieferanten bezahlt hatten. Es habe dann Streit mit den Angeklagten und dem Lieferanten gegeben, der schließlich festgestellt habe, dass man seine Ware mit falschen Euro-Geldscheinen bezahlt hatte. Das Kokain soll der Wirt dann tatsächlich wieder an den Lieferanten zurückgegeben haben. Doch das Falschgeld blieb verschwunden. Einen Teil haben die Ermittler später anlässlich einer Wohnungsdurchsuchung wieder sicherstellen können.
Der mutmaßliche Kokain-Lieferant sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Sein Verfahren soll im Januar vor dem Landgericht Rottweil eröffnet werden. Weitere darin verwickelte mutmaßliche Drogen-Straftäter befinden sich nach Auskunft des Zeugen derzeit auf freiem Fuß und sollen demnächst nach Stuttgart als Belastungszeugen im Verfahren gegen die drei Männer aus Nürtingen vernommen werden. Mit einem Urteil rechnen die Richter nicht vor Ende Februar nächsten Jahres.