Lenningen. Jürgen Stümpflen ist ein sehr bescheidener Mann. Dass er damals als 18-Jähriger bei der Lehrabschlussprüfung für Köche als Einziger unter 85 Prüflingen sowohl in
der Theorie als auch in der Praxis mit der Note 1,0 abschloss, würde er beim Interview mit dem Teckboten am liebsten verschweigen. Sein Bruder Rainer Stümpflen verrät es dann aber doch – genauso wie die Tatsache, dass der heutige Küchenchef des Gasthauses Krone in Brucken für seine herausragende Leistung bei der Abschlussprüfung von Hotelier Egon Steigenberger eine Urkunde und eine goldene Uhr mit Widmung erhielt. In dieser Widmung steht sinngemäß, dass Jürgen Stümpflen der beste Lehrling gewesen sei, den Steigenberger je hatte, und dass er auch in Zukunft jederzeit in einem seiner Hotels als Koch arbeiten könne.
Dazu jedoch sollte es nie kommen, denn Jürgen Stümpflen blieb seiner Heimat treu. Zwar zog es ihn nach seiner Ausbildung im Sternehotel Graf Zeppelin in Stuttgart für ein dreiviertel Jahr nach Berlin ins Hotel Kempinski, das damals bekannteste Hotel Berlins – doch dann ging es zurück ins beschauliche Brucken. „Ich wollte eigentlich länger wegbleiben und noch in die Schweiz gehen, aber dann wurde mein Vater krank, und ich habe mich in der Verantwortung gesehen, meine Eltern nicht alleine zu lassen“, erzählt der 57-Jährige.
Viele Jahre lang haben die Eltern die Krone betrieben. Die Mutter war in der Küche tätig und verwöhnte die Gäste mit leckeren Gerichten wie Wild und Sauerbraten. Der Vater, gelernter Metzger, stellte die Wurst für die Vesperkarte selbst her und kredenzte auch das eine oder andere hochprozentige Tröpfchen aus eigener Herstellung.
Von seiner Mutter hat Jürgen Stümpflen, der 1987 in Regensburg die Meisterprüfung ablegte, in der Küche zahlreiche Tipps erhalten. Vieles – vor allem die bodenständige Küche – hat er übernommen, doch er brachte auch seine eigenen Vorstellungen ein. Unter seiner Ägide hat die Mutter, die aus einer alten Gastwirtsfamilie in Holzmaden stammt, lange mitgeholfen – „bis zum Schluss“, erzählt Jürgen Stümpflen.
Schon seit über 100 Jahren lädt die Krone nun schon zum Speisen ein. Die beiden Gasträume der heutigen Wirtschaft stammen aus dem Jahr 1970. Die alte Krone wurde teilweise abgerissen und wieder neu aufgebaut. Mittlerweile ist sie in der Hand der fünften Generation der Familie Stümpflen. Die Frau des Küchenchefs, Caren, hilft in der Küche, hinter der Theke und im Service mit. Und auch Anja, die Frau von Rainer Stümpflen, ist immer da, wenn es um die Krone geht und bedient seit vielen Jahren die Gäste.
Eher im Hintergrund arbeitet der Küchenchef. Ein großes Aufsehen um sich selbst macht er nicht. Er geht eben seiner Arbeit nach, sagt er. Und nochmals auf die erfolgreiche Abschlussprüfung angesprochen, meint er, er habe sich „halt angestrengt“. Was er zuvor während der Schulzeit versäumt habe, „musste ich dann nachholen“, erzählt er schmunzelnd.
Das Wichtigste für ihn ist, dass die Gäste zufrieden sind. „Das ist meine Freude an dem Ganzen.“ In einem gewissen Rahmen sei er Perfektionist. „Ich erwarte viel von mir und hoffe, dass das Essen schmeckt.“ Oft frage er die Bedienung nach dem Fazit der Gäste – fällt dieses positiv aus, weiß er, weshalb er diesem Beruf gerne nachgeht. Von einem Traumberuf will er dennoch nicht sprechen. „Ich bin da Realist.“ Aber die Arbeit mache ihm viel Spaß – „obwohl sie oft anstrengend ist.“
Gute, gleichbleibende Qualität zu annehmbarem Preis: So lautet die Devise von Jürgen Stümpflen. Viel Wert legt er auf Soßen, die er selbst zubereitet und die „nicht aus dem Päckle“ kommen. Bei den Schwaben sei eine gute Soße das Salz in der Suppe. Apropos: Eine „handwerklich hergestellte“ Suppe gehöre natürlich auch dazu, betont Stümpflen.
Genauso wie sein Bruder Rainer geht der Küchenchef in seiner freien Zeit auf die Jagd. Die beiden haben ein Revier auf Bruckener Gemarkung. Auch deshalb ist auf der Speisenkarte der Krone oft Wild zu finden. Zur jetzigen Jahreszeit passe Wildfleisch besonders, denn zwischen September und Dezember sei Hauptjagdzeit, betont Jürgen Stümpflen. Im Rahmen der Teckboten-Serie „Kochkunst rund um die Teck“ kredenzt der Koch ebenfalls Wild, und zwar in Form von Fleischküchle. Dazu gibt es Pilzsoße, Preiselbeeren, Nuss-Spätzle und – ebenfalls passend zur Saison – Kürbisgemüse.
Nachkochen könne dieses Gericht eigentlich jeder, sofern er sich an das Rezept halte. Für die Fleischküchle könne man Rehfleisch verwenden. Wichtig sei, dass man dieses mit Schweinefleisch mische. „Sonst wird es zu trocken, denn Wild ist relativ mager“, erklärt der Profi.
Gegen Ende des Interviews sagt er noch einen Satz, der hängen bleibt: „I mach‘ nix Besonderes, aber des guat.“ – Ein bescheidener, sympathischer Schwabe eben.