Kirchheim ist die 30. deutsche „Fair Trade Town“ – Etwa 120 Gäste bei der Titelverleihung
Ein Festakt als Geschenk

Die Stadt Kirchheim hat künftig einen klangvollen Titel mehr: „Fair Trade Town“ – Stadt des fairen Handels. Als 30. Kommune in Deutschland wurde der Teckstadt am Dienstagabend dieser Titel verliehen.

Ein Festakt als Geschenk
Ein Festakt als Geschenk

Kirchheim. „Fairer Handel“ war das Schlagwort des Abends. 53 Städte und Gemeinden bundesweit haben sich bis jetzt um den Titel einer „Fair Trade Town“ (FTT) mit einem besonderen Augenmerk auf die Anliegen und Anforderungen des fairen Handels beworben, 29 von ihnen mit Erfolg. Mit der Verleihung am Dienstag hat Kirchheim die 30 vollgemacht. Mit einem fröhlichen, bunten und lebendigen Festakt im Kornhaus, begleitet vom Rhythmus der Trommlergruppe „Hakuna Matata“, feierten Aktive aus der Eine-Welt-Arbeit und Vertreter von Stadtverwaltung,

K

irchengemeinden, Handel und Schulen die Ernennung.

„Sie könne

n sich jetzt in einer Reihe nennen mit so illustren Namen wie London, Brüssel, Rom oder San Francisco“, scherzte Kathrin Bremer von „TransFair“ aus Köln beim Überreichen der Ernennungsurkunde an Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker. Der gemeinnützige Verein „TransFair“, getragen von Organisationen aus Politik, Kirche, Umwelt und Verbraucherschutz, verleiht den FTT-Titel in Deutschland.

„Hier in Kirchheim hat der faire Handel eine lange Tradition und wird bereits in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens seit Langem gelebt“, lobte Kathrin Bremer. Viele Kriterien, die eine Stadt erfüllen müsse, um den Titel zu bekommen, seien in Kirchheim „vorbildlich erfüllt“. Als Beispiel nannte sie die Steuerungsgruppe, die die FTT-Bemühungen koordiniert. Mindestens drei Mitglieder muss solch eine Gruppe laut „TransFair“ haben – in Kirchheim sind es 26.

Angelika Matt-Heidecker freute sich über die Verleihung: „Unsere Stadt kann stolz sein auf einen blühenden Agendaprozess, der unsere Stadtgesellschaft voran gebracht hat.“ Der Eine-Welt-Verein, der den Stein in Sachen Bewerbung im Frühjahr ins Rollen gebracht hatte, werbe für den fairen Handel mit so wunderbaren Wortspielen wie fair-kaufen, fair-köstigen oder fair-wöhnen. Auch der Oberbürgermeisterin fiel ein solches treffendes Wortspiel ein: „Fair-binden.“ Das beschreibe treffend auch das, was sie empfinde: „Fair Trade“ verbinde nicht nur Stadtrat, Verwaltung, Agendagruppen und Bürger miteinander, sondern die Menschen auch über die Stadtmauern hinaus mit allen Engagierten, denen die Grundsätze des fairen Handels am Herzen liegen.

Große Freude herrschte auch bei Songard Dohrn, der Vorsitzenden des Eine-Welt-Vereins und Sprecherin der FTT-Steuerungsgruppe. Das Hauptanliegen des Vereins sei es, auch hier in Kirchheim zu einer gerechteren Ordnung beizutragen, zu einer nachhaltigen Entwicklung und zur Möglichkeit einer fairen Globalisierung. Songard Dohrn nutzte die Gelegenheit, für den Weltladen zu werben, den der Verein in der Dettinger Straße betreibt. Das tue man ohne hauptamtliche Geschäftsführung und mit sehr selbstständigen Arbeitsgruppen. Die ehrenamtliche Mitarbeit im Weltladen-Team mache Spaß und sei sehr vielfältig und interessant, warb Dohrn um neue Gesichter: „Wenn Sie einen halben Tag in der Woche Zeit haben, dann kommen Sie doch zu uns und arbeiten mit. Wir freuen uns auf Sie.“

Im Weltladen ist nicht nur eine breite und bunte Palette fair gehandelter Waren aus vielen Ländern des Südens erhältlich. Den Weltladen nutzt der Verein auch oft als Bühne für seine Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Viele Schüler besuchen den Laden, informieren sich über Themen wie Kinderarbeit oder machen im Weltladen ein soziales Praktikum. Ein Ergebnis dieser Arbeit stand für alle Gäste des Festakts gut sichtbar im Raum: der Schulweltladen, ein mobiler Verkaufsstand mit fairen Waren. Er wird von den Schülern selbst betreut und kommt in den großen Pausen auf dem Schulhof zum Einsatz. Seit heute steht er in der Rauner-Werkrealschule. 14 Schülerinnen von dort waren beim Festakt ebenfalls dabei. Sie sorgten gemeinsam mit den Grundschülern der Freihof-Grundschule für einen jungen und bunten Farbtupfer beim Fest.

Wie ein zukunftsfähiges Kirchheim aussehen könnte, schilderte Jobst Kraus, Leiter der evangelischen Akademie Bad Boll: Er beglückwünschte die Stadt zur Entscheidung, sich als Fairhandels-Stadt zu bewerben, und zum Erfolg an diesem Abend. Das sei ein erster Schritt in die richtige Richtung, dem aber weitere und konsequente Schritte folgen müssten. Ausführlich und reich an Fakten schlug er den Bogen von der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko, der die Welt in diesem Sommer in Atem hielt, zu Überlegungen für die Situation vor Ort, die ressourcen­ärmer und naturverträglicher gestaltet werden müsse. Er rief dazu auf, „unseren Mut wie unsere Fantasie für eine zukunftsfähige Gesellschaft einzubringen.“