Holzmaden. Andrea und Uli Münsinger betreiben den Brunnenhof im Holzmadener Seebachtal in vierter Generation – und die fünfte steht schon parat: „Mein Sohn möchte den Betrieb weiterführen“, freut sich Uli Münsinger. Der Junior hat seine Ausbildung zum Landwirt bereits abgeschlossen, arbeitet auf dem Hof und schmiedet Zukunftspläne. Keine Selbstverständlichkeit: Während landauf landab immer mehr Landwirten die Nachfolger fehlen und viele Höfe zu Nebenerwerbsbetrieben schrumpfen, ist es bei den Münsingers genau umgekehrt. Was bislang Nebenerwerb war, soll unter Mathias Münsinger zum Vollerwerbsbetrieb werden. Aus Sicht des Kreisbauernverbandes ist das absolut begrüßenswert: „So etwas sollte man unterstützen“, sagt Geschäftsführer Florian Dangel.
Aber ganz so einfach ist die Sache nicht: Um einer weiteren Generation die Existenz zu sichern, muss der Brunnenhof expandieren. Das Potenzial ist offenbar da: „Der Betrieb wächst“, sagt Uli Münsinger. Allerdings fehlt es an den Rahmenbedingungen. Darum hat die Familie der Gemeinde Holzmaden und dem Landratsamt Esslingen bereits diverse Bauvorhaben präsentiert (siehe Infobox). Genehmigt wurde bislang keines davon. Insbesondere die Lage im Seebachtal sehen Gemeinde und Kreis problematisch. Als Begründung werden unter anderem naturschutzrechtliche Aspekte, die Lage im Landschaftsschutzgebiet, Erschließungsprobleme, die Nähe zur Wohnbebauung und Immissionen angeführt.
Bereits 2009 hatte die Gemeinde einen Stadtplaner beauftragt, die Bauvorhaben der Münsingers zu beurteilen. Eine weitere Bebauung der Holzmadener Seebach-Talaue sah auch der Planer kritisch – aus oben genannten Gründen und aus städtebaulicher Sicht. „Wir verstehen die Welt nicht mehr“, schüttelte Andrea Münsinger angesichts dieser Einschätzung den Kopf: „Derselbe Stadtplaner hat doch vor 30 Jahren unseren jetzigen Standort empfohlen.“ Die Familie selbst habe damals eigentlich weiter draußen bauen wollen. „Da hieß es aber, es müsse ortsrandnah gebaut werden, um eine Zersiedelung zu vermeiden.“
Auch die Anwohner des Wohngebiets in der Brunnenstraße sind schon einmal auf die Barrikaden gegen Zukunftspläne der Münsingers gegangen. Sie fürchteten, eine Expansion würde ihnen Gestank, Lärm und mehr Verkehr bescheren. Ein Punkt, den Andrea Münsinger ebenfalls nicht so recht verstehen kann. Schließlich stünden die landwirtschaftlichen Gebäude des Brunnenhofs schon seit Mitte der Achtzigerjahre im Seebachtal. „Das Baugebiet ist an uns herangerückt, nicht wir ans Baugebiet“, betont sie. Den Kampf gegen die Behörden führen die Münsingers übrigens schon längst nicht mehr allein. Sie haben Anwälte eingeschaltet, die sie ans Ziel bringen sollen.
„Wir würden ja auch woanders bauen“, zeigt Andrea Münsinger Verhandlungsbereitschaft, „aber wir finden keinen Standort.“ Sie wirft der Gemeinde vor, dass ihre Familie bei der Verpachtung gemeindeeigener Grundstücke gegenüber einem anderen Holzmadener Landwirt benachteiligt werde. Ein Kritikpunkt, den Bürgermeister Jürgen Riehle nicht von der Hand weist: „Der andere Landwirt wurde vor vielen Jahren ausgesiedelt“, so Riehle. Damit verbunden sei das per Gemeinderatsbeschluss besiegelte Versprechen gewesen, ihn bei der Vergabe von Flächen bevorzugt zu behandeln. Für den Betrieb der Münsingers besteht aus seiner Sicht keine Möglichkeit, auf der kleinen Holzmadener Gemarkung zu expandieren: „Ich sehe keine Lösung“, so Riehle. „Die Flächen reichen nicht für zwei große landwirtschaftliche Betriebe aus“, legt er seinen Standpunkt dar.
Der Rat des Bürgermeisters an die Familie Münsinger lautet, sich anderswo nach einem geeigneten Standort umzusehen. Im benachbarten Weilheim, wo viele Bewirtschaftungsflächen der Münsingers liegen, stehen die Chancen allerdings auch schlecht. „Wir haben keine zusammenhängenden Flächen auf Vorrat, die für so etwas geeignet sind“, sagt Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle.
„Wir sind in der Zwickmühle“, klagt Andrea Münsinger und fragt: „Wie machen wir weiter?“ Sie selbst hätte schön längst alles hingeschmissen. „Wir wollen unserem Sohn aber ermöglichen, seinen Zukunftstraum zu leben.“ Damit das gelingen kann, hat die Familie Münsinger auch schon weit über die Grenzen Holzmadens Ausschau nach einem geeigneten Standort gehalten. Das Fazit: „Keine Chance.“
Uli Münsinger kann die ablehnende Haltung von Behörden und Anwohnern angesichts des Werts seiner Arbeit für Umwelt und Natur nicht nachvollziehen: „Wir sind ein landschaftspflegender Betrieb“, sagt er: „Wenn es keine Betriebe wie uns mehr gibt, wer soll dann die Landschaft erhalten?“
Die Unterstützung des Kreisbauernverbandes haben die Münsingers bereits. „Wenn ein Zukunftsbetrieb ein adäquates Konzept ausgearbeitet hat, ist das gut“, sagt Geschäftsführer Florian Dangel und fügt hinzu: „Zukunftsfähige Betriebe sollten auch gefördert werden.“