Kirchheim. Die Zeiten für CDU-Generalsekretäre waren schon einmal einfacher: Die Umfrage-Werte vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg sind im Keller, das „Masken-Gate“ um den Mannheimer CDU-Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel hat die Partei in eine veritable Image-Krise gestürzt. Paul Ziemiak macht bei der virtuellen Diskussion mit der Kirchheimer CDU-Landtagskandidatin Dr. Natalie Pfau-Weller und dem Kirchheimer Gebietsverbands-Vorsitzenden Sebastian Schulze aus seinem Herzen keine Mördergrube. „Das ist einfach furchtbar“, sagte der per Video zugeschaltete Politiker in die virtuelle Runde aus seinem holzgetäfelten Büro im Sauerland. „Das stellt alle Abgeordneten unter Generalverdacht. Das ist unfair gegenüber den 99,9 Prozent, die sich ordentlich verhalten haben. Ich bedauere das zutiefst“, betont der 35-Jährige.
Natalie Pfau-Weller will von ihm wissen, wie er die Wahlchancen in Baden-Württemberg einschätzt. „Wir haben einen starken Ministerpräsidenten, der eigentlich gar nicht typisch grün ist“, sagt sie und zeichnet das Panorama einer Rot-Grün-Koalition nach der Wahl. „Was ist, wenn wir mit der AfD in die Opposition kommen? Was bedeutet das für die Bundestagswahl? Auf solche Gedanken will der Generalsekretär nicht zu viel Energie verschwenden. „Wir wollen erst mal kämpfen. Ich bin überzeugt, dass wir in Baden-Württemberg ein gutes Ergebnis einfahren können“, sagt er und betont: „Wir brauchen eine Regierung der Mitte, ein Links-Bündnis wäre eine Katastrophe.“
Er betont, dass in Baden-Württemberg die Bereiche der Regierungsarbeit, in denen die CDU Verantwortung getragen hat, „sehr gut gelaufen seien“. Man müsse stärker zeigen, wofür die Partei in Abgrenzung zu den Grünen stehe, etwa beim Thema Schulden. „Was bedeutet es, Schulden nicht erst in 60 Jahren abzubauen, sondern einen Plan für die nächsten 25 Jahre aufzustellen.“ Es werde zu wenig über Themen, zu viel über Personen gesprochen.
Dafür geht in der virtuellen Diskussion der Themengalopp weiter über Frauenquote und Gendersternchen. „Du bist ein tolles Beispiel für ein Frau, die auch für einen Generationenwechsel steht“, sagt er zu Natalie Pfau-Weller. Gegen eine Quote auf allen Ebenen spricht er sich klar aus, denn das sei nicht immer in jedem Ortsverein machbar. In der Partei wünscht er sich aber mehr Frauen. Bei der Sprache versuche er seit einiger Zeit, „niemanden auszugrenzen“, spreche auch von Soldaten und Soldatinnen. „Wenn ich aber ,Mitgliederinnen und Mitglieder‘ lese, wird es absurd.“
Kritik an Corona-App
Sorgen machen dem zweifachen Vater vor allem die Folgen des Lockdowns für die Kleinen: „Für einen Studenten ist es etwas anderes als für Kinder in der Grundschule. Mit sechs oder sieben Jahren lernen die lesen und schreiben, das kann man nicht am Laptop machen.“ Er sehe aber „Licht am Ende des Tunnels“, dank dem Impfen, Testen und der Nachverfolgung. An der Corona-Warn-App kritisiert er aber die Beschränkungen durch den Datenschutz. Ein ungutes Gefühl habe er dabei, dass offenbar „privaten Unternehmen mehr vertraut wird als dem Staat“.
Bei der Nachfrage zu den Gründen für fehlende Testkapazitäten verweist er an das Landesgesundheitsministerium: „Die Bestellungen müssen über das Land erfolgen. Der Bundesgesundheitsminister hat nie gesagt, er übernehme die Verteilung. Daher müssen Sie sich an die Grünen wenden.“ Zur Öffnungpolitik der Bundesregierung sagt Paul Ziemiak: „Wir können nicht alles zurückhalten, bis die Inzidenz unter zehn liegt. Was anders hätte laufen können, war die Ankündigung der kostenlosen Schnelltests.“ Thomas Zapp