„Ich behandle jedes Paar Schuhe so, als ob es mein eigenes wäre“, betont der gelernte Schuhmacher - und wer ihm in seiner kleinen, urigen Werkstatt in der Metzgerstraße 3 in Kirchheim gegenübersteht, glaubt dem begeisterten Handwerker sofort, dass er sich einen anderen Beruf nie hätte vorstellen können.
„Das ist doch zum Beispiel ein richtig schöner Schuh“, schwärmt der Erkenbrechtsweiler, während er auf einen braunen, geschnürten Damenstiefel mit feinen Stickereien zeigt. Aber auch die alten Skistiefel, die sein Vater in den 60er-Jahren selbst hergestellt hatte und die nun auf einem Regal in der Werkstatt ausgestellt sind, haben es dem Schuhfanatiker angetan.
An den Wänden der Schuhmacherei Ewelt ziehen Holzleisten, altes Werkzeug wie ein Schuhmacherhammer und eine Bodenlederschere sowie winzige Mokassin-Schuhe die Blicke der Besucher auf sich. Den Tresen ziert eine sogenannte Doppelmaschine aus dem Jahr 1930 - ein reines Ausstellungsstück. Gearbeitet wird damit schon lange nicht mehr, Matthias Ewelt setzt vielmehr auf seine große Schleif- und seine Nähmaschine. Viele Tätigkeiten des Schuhmachers sind aber auch reine Handarbeit.
„Der Großteil meiner Kunden sind Frauen“, erzählt der 44-Jährige, der Schuhe mit durchgelaufenen Sohlen, schiefen Absätzen oder geplatzten Nähten wieder auf Vordermann bringt. Wer möchte, kann sich in der Schuhmacherei Ewelt aber auch individuell angepasste Maßschuhe herstellen lassen. „Dieser Wunsch ist zwar selten, aber erst kürzlich erhielt ich wieder einen solchen Auftrag“, sagt der Schuster in vierter Generation und fügt hinzu, dass es sehr zeitaufwendig sei, Maßschuhe anzufertigen. Etwa 40 Arbeitsstunden benötigt Matthias Ewelt für solche Einzelstücke, die in geklebter, genagelter und in rahmengenähter Machart zu haben sind und mindestens 600 Euro kosten. „Wenn man seine Maßschuhe pflegt und die richtige Schuhcreme verwendet, dann kann man jahrzehntelang etwas davon haben“, verdeutlicht Matthias Ewelt.
Um die individuellen Schuhe herstellen zu können, benötigt der Schuhmacher zuerst den Fußabdruck des Kunden. Anschließend misst er millimetergenau die Fußumfänge. Anhand dieser Angaben fertigt er schließlich den Leisten aus Holz an - die „Seele des Schuhs“, wie Matthias Ewelt betont. „Denn wenn er nicht stimmt, dann passt der ganze Schuh nicht.“
Ist der Leisten perfekt, dann kommt der Kunde zu einer Zwischenprobe: Nachdem über den Leisten eine Kunststofffolie gezogen und er mit einer Brandsohle aus Pappe und einem Korkabsatz versehen wurde, entfernt der Schuhmacher „die Seele des Schuhs“ aus seiner vorübergehenden Hülle. In diese schlüpft der Kunde - „und dann sehe ich sofort, wo vielleicht noch der Schuh drückt“, erklärt der Schuster.
Matthias Ewelt arbeitet bereits seit 28 Jahren als Schuhmacher. Als 16-Jähriger begann er im Betrieb seines Vaters in Braunlage bei Braunschweig mit der dreijährigen Ausbildung. Nach der Lehre übernahm er die elterliche Schuhmacherei, die ihm allerdings bald zu klein wurde. Deshalb mietete er größere Räumlichkeiten an und eröffnete ein „Fachgeschäft für naturgesundes Laufen“, in dem er Schuhe verkaufte und reparierte. Nach Baden-Württemberg zog es den Schuster im Jahr 1996: In Schorndorf, Göppingen, Kuchen, Tübingen, Kirchheim und Reutlingen war er bei Orthopädieschuhtechnik-Unternehmen angestellt. Erneut selbstständig machte er sich im Februar 2010 in Erkenbrechtsweiler. „Diese Werkstatt gebe ich aber Ende Februar auf. Denn ich ziehe mit meiner Familie nach Kirchheim“, informiert der 44-Jährige, der seit November 2010 in der ehemaligen Schusterei Eckert in der Metzgerstraße seiner Berufung nachgeht. „Die Räume waren ein Glücksgriff“, schwärmt Matthias Ewelt. „Als ich damals zur Tür reingekommen bin, da wusste ich: Diese alte Schuhmacherei lasse ich wieder aufleben.“
Für seinen Beruf, den in Kirchheim neben Matthias Ewelt übrigens nur noch Wolfgang Ruoff in der Lammstraße ausübt, benötige man viel Kreativität, Geduld und sehr hohes handwerkliches Geschick, unterstreicht der Schuster. Aber auch gute Nerven seien vonnöten - schließlich habe man es als Schuster ab und an auch mit einem eher unangenehmen Phänomen zu tun: nämlich mit Schweißfüßen. „Es ist zwar selten, aber auch das gehört zu meinem Beruf“, sagt der rührige Unternehmer schmunzelnd. Für seine Zukunft in der Teckstadt hat Matthias Ewelt bereits weitere Pläne geschmiedet: In den nächs
ten Jahren möchte er „einen schönen Schuhladen“ eröffnen, den er selbstredend parallel zu seiner Schuhmacherei betreiben wird. Denn wie heißt es so schön: Schuster, bleib bei deinen Leisten . . .
info
Die Schuhma
cherei Ewelt in der Metzgerstraße 3 in Kirchheim hat dienstags bis freitags von 9 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr sowie samstags von 9 bis 14 Uhr geöffnet.