Schulleiter Christoph Gruner verabschiedet sich in den Ruhestand – 35 Jahre lang in Lenningen unterrichtet
Ein Original verlässt die Förderschule

„Jetzt ist‘s vorbei mit der Grunerei im Lenninger Tal.“ So zitierte der Leitende Schulamtsdirektor Dr. Günter Klein den scheidenden Rektor der Lenninger Förderschule, Christoph Gruner, bei dessen Verabschiedung. Ehefrau Lene-Rose Gruner, Lehrerin an der Oberlenninger Realschule, geht ebenfalls in den Ruhestand.

Lenningen. Gewünscht hat sich Christoph Gruner eine kleine Abschiedsfeier, doch daraus wurde nichts. Eine steife Angelegenheit war die Veranstaltung trotz der zahlreichen Redner aber nicht – dafür sorgte der scheidende Schulleiter der Lenninger Förderschule samt seiner Familie. So entpuppte sich beispielsweise einer der beiden kleinen Enkel als größter Fan des Schulchors. Der besteht auf Anregung von Christoph Gruner aus Real- und Förderschülern und ist beispielhaft für die Kooperationen, die er angestoßen hat. „Und wohlklingend“, betonte Günter Klein.

Der Schulamtsdirektor ließ den beruflichen Werdegang des künftigen Ruheständlers Revue passieren. „Familiär war er durch den Vater vorgeprägt, der Leiter einer Gehörlosenschule war“, sagte Günter Klein. 1971 trat Christoph Gruner als Grund- und Hauptschullehrer in den Schuldienst und begann eine Zusatzausbildung in Sonderpädagogik. 1977 wurde er nach Lenningen versetzt, an die Sonderschule für Lernbehinderte, wie die 1968 gegründete Schule damals hieß. „Rektor ist er dann wider Willen geworden. An erster Stelle standen bei ihm immer die Kinder“, so der Schulamtsdirektor. Jedem einzelnen wollte er ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen, denn für ihn waren es einfach Kinder, die wegen ihrer Lernausgangslage etwas mehr Zeit und Unterstützung brauchen, aber Stärken und Potenzial haben. „Diese zu entdecken und zu fördern, das war das leitende Motiv von Christoph Gruner“, erklärte Günter Klein. Inklusion gebe es in Lenningen dank der Kooperation mit der Grundschule schon seit zehn Jahren. „Seine große Menschlichkeit Kindern und Kollegen gegenüber hat ihn immer ausgezeichnet“, so der Schulamtsdirektor.

Bürgermeister Michael Schlecht kennt den scheidenden Rektor als Mann klarer Worte. „Mit ihm verliert die Schule einen sehr guten Sonderschulrektor und hervorragenden Lehrer“, sagte er. Manchmal sei er „knorrig“ bei der Sache gewesen, habe dabei aber stets im Interesse der Schüler und der Sache gehandelt und argumentiert. „Der Mann mit der Pfeife genießt im Schulamtsbezirk einen guten Ruf. Dieses Urgestein verlässt nun die Förderschule“, so der Schultes.

Erich Merkle, geschäftsführender Schulleiter in Lenningen, bedauert den Weggang des Kollegen. Er wird vor allem dessen Sprüche vermissen. „Damit hat er immer treffsicher eine Situation auf den Punkt gebracht“, sagte und gab ein paar Kostproben zum Besten. Weil bei Christoph Gruner die Schüler immer an erster Stelle kommen, sei er auch stets ein Korrektiv für ihn selbst gewesen. „Und jetzt geht dieses Original“, will er diese Tatsache noch nicht so ganz wahrhaben.

Von einem „Gabenentdecker“ sprach Karlheinz Graf, Pfarrer der evangelischen Martinskirche in Oberlenningen. Christoph Gruner habe genau geschaut, was es bei einem Kind an Fähigkeiten zu entdecken gibt. Wie ein Vater sei er mit den Schülern beim Mittagessen in der Mensa an einem Tisch gesessen und habe ihnen so nebenbei das kleine Einmaleins des Benehmens beigebracht. „Ich habe ihn als Querdenker erlebt, der immer vom Kind herdenkt. Das hat mich tief beeindruckt“, sagte Karlheinz Graf.

Die Elternbeiräte Ruth Veil und Christina Hummel brachten ihre Wertschätzung in Gedichtform zum Ausdruck. So erfuhren die Gäste, dass Christoph Gruner der Ansicht war, dass man mit Hammer und Nagel umgehen können muss und man bei jedem Wetter auf die Sulzburg zum Grillen wandern kann. Er habe das Selbstbewusstsein der Kinder geweckt und in seiner ausgeglichenen und lockeren Art sei er bei den Schülern beliebt gewesen. „Ein cooler Mann“, laute das Urteil der Kinder.

Als Heinzelmännchen verkleidet – mit Bart versteht sich – traten die Kolleginnen auf die Bühne und plauderten aus dem Nähkästchen. Der gute Geist der Schule und Schaffer geht, bedauern sie. Viele Schülergenerationen lernten bei Christoph Gruner das Schwimmen und nebenbei gewisse Hygienegrundsätze kennen. Ritter Sport und Lakritz fanden sich immer im Schreibtisch und auf passende Witze seitens des Chefs war Verlass. „Er kämpfte für alle: Schüler, Eltern, Lehrer. Und wenn er nicht immer ein offenes Ohr fand, verlor er sein Ziel nie aus den Augen. Er gab nie klein bei“, charakterisierten sie ihren Vorgesetzten.

„35 Jahre war ich Lehrer in Lenningen. In dieser Zeit bekam unsere Schule vier Namen. Aus der geduldeten Sonderschule ist heute eine gefragte Institution, die Förderschule, geworden“, sagte Christoph Gruner. Das Thema Inklusion sieht er differenziert, zumal Erwartungen geweckt würden. „Das ist ein Diskussionsspagat: Grundschule oder Schonraum Förderschule“, erklärte er. Manche Kinder brauchen seiner Ansicht nach diesen geschützten Raum tatsächlich. Deshalb müsse zweigleisig gefahren werden. Manche Kollegen in der Grundschule würden mit solchen Kindern im Regen stehen gelassen. Stolz ist er auf seine Kooperation mit der Nachbarschule: „Unsere Kinder singen in der Realschule im Chor“, freut er sich. Statt Inklusion um jeden Preis setzt er auf gemeinsame Aktivitäten zwischen Grund- und Förderschule.