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Ein Tröster in schweren Zeiten

Kirche Wolf Peter Bonnet, Seelsorger an den Medius-Kliniken Kirchheim und Nürtingen, verabschiedet sich in den Ruhestand. Künftig wird er mit seiner Frau im neuen Zuhause in Owen leben. Von Anneliese Lieb

Wenn am morgigen Sonntag in der Medius-Klinik auf dem Säer der Gottesdienst beginnt, werden die Stühle im Andachtsraum kaum ausreichen. Es ist der letzte Gottesdienst von Wolf Peter Bonnet, der sich nach sieben Jahren als Klinikseelsorger in Nürtingen in den Ruhestand verabschiedet. Kommen werden ehemalige Patienten, Angehörige und bestimmt auch Mitarbeiter der Klinik. Menschen, die in schweren Zeiten Zuspruch erfahren haben, denen Wolf Peter Bonnet zugehört und sie in Lebenskrisen als Seelsorger begleitet hat. Er fand tröstende und aufmunternde Worte. Auf der Palliativstation war er besonders gefordert. Bonnet begleitete auch Patienten in der psychiatrischen Abteilung der Medius-Klinik, die vor einigen Jahren von Nürtingen nach Kirchheim umgezogen ist. Gerade in der Psychiatrie kam er mit Menschen in Kontakt, „die man als Geistlicher sonst nicht erreicht hätte“.

Diagnose Krebs mit 19

In Gellmersbach, heute ein Stadtteil von Weinsberg, ist er geboren und in Wildbad im Schwarzwald aufgewachsen. Sein Vater war Pfarrer, und die Begegnungen im evangelischen Pfarrhaus prägten auch Kindheit und Jugend des heutigen Krankenhausseelsorgers. Mit 19 Jahren, er hatte gerade sein Theo­logiestudium in Tübingen begonnen, erschütterte die Diagnose Krebs sein Leben. In der Kiefer- und Gesichtschirurgie an der Uniklinik in Tübingen wurde ihm ein Tumor entfernt. Die Narben sind heute noch sichtbar, doch aus dem Glauben schöpfte er Kraft, um die heimtückische Krankheit zu besiegen. Nach dem Examen begann er als Vikar in Hattenhofen. Das Pfarrvikariat absolvierte er in Reichenbach an der Fils. Danach bewarb er sich für das Sondervikariat Seelsorge und absolvierte die praktische Ausbildung im Paracelsus-Krankenhaus Ruit. Anschließend folgten elfein­halb Jahre als Gemeindepfarrer in Nellingen. An den Wechsel nach Lindorf und seine erste Predigt nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York kann er sich noch heute erinnern: „Das war eine echte Herausforderung!“ Dort war er zu 50 Prozent Gemeindepfarrer und zu 50 Prozent Seelsorger im Krankenhaus Kirchheim.

Als er 2012 erfuhr, dass an der Medius-Klinik in Nürtingen ein Krankenhauspfarrer gesucht wird, bewarb sich Wolf Peter Bonnet auf die 100-Prozent-Stelle. Jetzt konnte er sich ganz auf die Seelsorge konzentrieren, nur für die Menschen da sein, die in schweren Stunden Ängste und Zweifel plagen. Der Doppelstandort mit der Klinik auf dem Säer und der psychiatrischen Abteilung in der Stuttgarter Straße beziehungsweise später in Kirchheim war für ihn eine besondere Herausforderung. Doch gerade die Menschen in der Psychiatrie sind ihm ans Herz gewachsen. „Ohne die Abteilung hätte mir etwas gefehlt“, sagt er rückblickend. Jeden Mittwoch bot er für die Patienten der Psychiatrie einen Abendmahlsgottesdienst an.

Seine eigene Krankheitsgeschichte und seine Kindheit im Pfarrhaus haben ihn geprägt. Leid, Kummer, Verzweiflung - alles Gefühle, die er selbst erlebt hat. Vielleicht sind es gerade diese Erfahrungen, die den Klinikseelsorger so authentisch rüberkommen lassen. Seine Erfahrungen und die positive Wendung in seinem Leben sind für den einen oder anderen Patienten auch ein Zeichen der Hoffnung.

Noch keinen Nachfolger

Einen Nachfolger gibt es noch nicht, aber die Stelle ist ausgeschrieben. Dass die Kirche auch an dieser wichtigen Position spart, Kräfte gebündelt werden und sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin sich nur noch zu 50 Prozent der Klinikseelsorge widmen können, bedauert Bonnet. Er hofft, dass der oder die Neue trotz der Doppelbelastung genug Zeit findet, „um dieser wichtigen, schönen, aber auch nicht immer leichten Aufgabe in der Klinik gerecht zu werden“.

Am 1. April beginnt für Wolf Peter Bonnet der Ruhestand. In Owen hat er mit seiner Frau, einer Ärztin, ein neues Zuhause bezogen. Wie er den neuen Lebensabschnitt gestalten will, lässt er offen: „Ich bin in Gedanken noch nicht im Ruhestand.“