Dettingen. Günther Bosch ist ein unkonventioneller Mann. Das ist nichts Neues. Und mit seiner – im positiven Sinne – recht speziellen Verabschiedung hatte er es wieder geschafft, zu überraschen: Der 64-Jährige hatte die Ulmer Band „Siyou‘n‘Hell“ eingeladen, die ihm zu Ehren ein begeisterndes Konzert gab. Die Gäste hielt es nicht lange still auf ihren Stühlen: Da wurde mitgetanzt und mitgesungen, kräftig in die Hände geklatscht und mit den Füßen im Takt gewippt.
Günther Bosch, der von sich selbst sagt, kein Freund langer und vieler Reden zu sein, hatte den Abend bewusst mit dem Motto „Musik statt Reden“ überschrieben. Und die Ulmer Musiker ließen sich nicht lange bitten – zumal Günther Bosch den Bassisten Hellmut Hattler seit Jahren kennt und schätzt. Schließlich war der Rektor in den 60er-Jahren Bassist einer Band, in der Hattler 1971 sein Nachfolger wurde. Der Ulmer Musiker zollte dem Mut des Schulleiters, an einem solchen Abend die gängigen Pfade zu verlassen, großen Respekt. „Es ist das erste Mal, dass wir bei einer Rektorenverabschiedung spielen“, wunderte sich der Bassist selbst ein wenig, dessen rockige Klänge auf die energiegeladene Stimme der Soul- und Jazzröhre Siyou Isabelle Ngnoubamdjum trafen – ein Mix, der es in sich hatte und der einschlug.
Dennoch kam der Abend freilich nicht ganz ohne das gesprochene Wort aus. Doch die Redner hielten sich alle an die Vorgabe von Günther Bosch, sich kurz zu fassen, um die Bühne möglichst schnell der Band überlassen zu können. Und passend zum legeren Abend war das Gesagte denn auch nicht immer bierernst gemeint, sodass die Besucher viel zu schmunzeln hatten.
So nutzte beispielsweise der leitende Schulamtsdirektor Dr. Günter Klein die Gelegenheit, sich vor den zahlreich erschienenen Gästen zu outen. „Aber ich oute mich anders als Sie jetzt vielleicht meinen“, fügte er schnell hinzu und bekannte sich als großer Fan von Hellmut Hattler und seiner Musik. Ihn und die anderen Musiker zu seiner Verabschiedung einzuladen, „passt zu Ihrer Persönlichkeit“, richtete sich der Schulamtsdirektor direkt an Günther Bosch. „Kennzeichnend für Sie ist Ihre Lust auf Neues.“ Das spiegele sich auch in seiner Vita wider: So absolvierte Günther Bosch nach dem Besuch eines Ulmer Gymnasiums eine Lehre als Stahlbauschlosser, durfte sich wenige Jahre später Diplom-Ingenieur nennen und war anschließend zwei Jahre lang als selbstständiger Unternehmer im Bereich Absauganlagen tätig. „Sie haben gezeigt, dass Sie das Risiko nicht scheuen und gewillt sind, etwas anzupacken“, betonte Günter Klein. Auch als der Rektor im Jahr 1974 beruflich andere Wege einschlug und an der Pädagogischen Hochschule in Reutlingen studierte, habe er bewiesen, dass er Neuem gegenüber stets aufgeschlossen ist. Vier Jahre später unterrichtete Günther Bosch dann seine erste Klasse an der Teckschule in Dettingen. Dieser hielt er von diesem Zeitpunkt an die Treue – mit Ausnahme von zwei Jahren, als er Konrektor an der Bissinger Grund- und Hauptschule war.
Günther Bosch, der die Teckschule 19 Jahre lang leitete, habe sich in all den Jahren auch selbst immer als Lernenden verstanden, sagte der Schulamtsdirektor. Die Entwicklung „seiner“ Schule sei ihm stets am Herzen gelegen. „Das gute Ansehen der Schule dürfen Sie auch auf sich beziehen.“ Dennoch seien die Perspektiven der Schule nicht rosig, räumte Günter Klein ein: Wegen zu geringer Anmeldezahlen kann künftig keine fünfte Klasse mehr gebildet werden (wir berichteten). „Wir werden uns aber bemühen, eine gute Lösung zu finden – in welcher Struktur auch immer“, betonte der Schulamtsdirektor.
Die Nachfolge von Günther Bosch sei bislang noch nicht geregelt, fügte Günter Klein hinzu. „Aber noch in diesem Jahr wird klar sein, wer seine Nachfolge antritt.“
Auch Konrektorin Marita Mayer, Anne Gampe als Vertreterin des Elternbeirats und Bürgermeister Rainer Haußmann nahmen Abschied von „ihrem“ langjährigen Schulleiter. Rainer Haußmann lobte den „Macher und Schaffer“ in Gedichtform und auch mit dem ein oder anderen Augenzwinkern. Und Marita Mayer verwies auf das jährlich an der Schule stattfindende Zirkusprojekt, das Günther Bosch ins Leben gerufen hatte. Der Schulleiter habe in den vergangenen Jahren viele Rollen des Zirkuslebens ausgefüllt: Als Jongleur habe er zwischen der Kultusbürokratie und den Bedürfnissen im Schulalltag jongliert, als Akrobat immer wieder neue Aufgaben und Kunststücke bewältigt, als Dompteur Schüler und manchmal auch Lehrer gebändigt, und als Clown sei er den unterschiedlichsten Menschen mit Charme, Humor und Leichtigkeit begegnet.
Für Günther Bosch selbst war die Verabschiedung ein trauriger, aber auch ein fröhlicher Anlass, verriet er seinen Gästen. Langweilig wird es ihm in seinem Ruhestand jedenfalls sicher nicht werden: Neben vielen weiteren Hobbys ist das Fotografieren seine große Leidenschaft. Dabei haben es ihm besonders Wassertürme als Motiv angetan. Im Ländle hat er schon alle Wassertürme abgelichtet und im Buch „Wassertürme in Baden-Württemberg“, das bereits auf dem Markt zu haben ist, festgehalten. Als Ruheständler will Günther Bosch mit seiner Kamera nun den Wassertürmen in Bayern einen Besuch abstatten.
Nachdem anschließend der offizielle Teil des Abends vorbei war, entledigte sich Günther Bosch kurzerhand seines Jacketts und seiner Krawatte – und dann stürmten „Siyou‘n‘Hell“ die Bühne . . .