Andreas Volz
Kirchheim. Das QR-Code-Projekt ist eine Kooperation des Pädagogischen Fachseminars und der Stadt Kirchheim. Beide Seiten profitieren in gleichem Maß davon: Das Seminar war auf der Suche nach einem aktuellen und praktischen Thema für sein Wahlprofil „Netzwerke und Multimedia an Schulen“, und die Stadt Kirchheim kann nun ihre Homepage mit einem multimedialen Stadtrundgang verlinken, der viele Einblicke und Informationen bereithält. Ob Touristen, Schüler, Bürger – sie alle können die elf historischen Gebäude, die bislang mit einem Code versehen sind, ganz neu erleben: Türen, die sonst verschlossen sind, haben sich für die virtuelle Präsentation geöffnet. Hinzu kommen Luftbilder und historische Aufnahmen, die man sonst nicht so leicht zu Gesicht bekommt.
Torsten Wenzler, Lehrbeauftragter für Informatik am Pädagogischen Fachseminar, hat das Projekt mit seinen Fachlehreranwärtern umgesetzt. Von der Zusammenarbeit mit der Stadt zeigte er sich bei der gestrigen Vorstellung im Kirchheimer Schloss ganz begeistert: „Wir haben überall jede Unterstützung bekommen, die wir uns nur wünschen konnten.“ Als Beispiel dafür nennt er noch weitere Beteiligte, in diesem Fall die Martinskirchengemeinde: „Wir konnten im Kirchendach Fledermäuse filmen, und Bezirkskantor Ralf Sach hat für uns gleich mehrfach Orgel gespielt.“
Herausgekommen sind bei der umfangreichen Arbeit Videos, Bildergalerien und Hörtexte zu folgenden elf Gebäuden in Kirchheim: Altes Haus, Bastion, Finanzamt, Kornhaus, Martinskirche, Max-Eyth-Haus, Rathaus, Schloss, Spital, Vogthaus und Wachthaus. Die Hörtexte hat Stadtarchivar Dr. Joachim Brüser verfasst, und auch die historischen Aufnahmen kommen aus den umfangreichen Beständen des Stadtarchivs.
Die Rolle, die das Kirchheimer Stadtarchiv hier spielt, ist auf gar keinen Fall zu unterschätzen: Nicht nur die multimedialen Arbeiten sind Bestandteil des Bildungsplans, an den die angehenden Fachlehrer im späteren Berufsleben gebunden sind, auch die Zusammenarbeit mit Behörden ist ein wichtiges Lernziel. Außerdem sparte auch Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker gestern nicht mit Lob für das Archiv: „Wir haben ein sehr gutes Stadtarchiv, auf das wir auch großen Wert legen.“
Das Archiv als „Gedächtnis“ der Stadt ist aber alles andere als verjährt oder gar verstaubt, was gerade die Verbindung mit den aktuellsten Medien zeigt. Torsten Wenzler: „Das Smartphone ist eigentlich das Medium der Jugend, und vielleicht kriegen wir so auch die Jugend dazu, sich für Geschichte zu interessieren.“ Außerdem denkt er schon weiter – an generationenübergreifende Projekte. So könne es zu gemeinsamen Stadtspaziergängen von Großeltern und Enkeln kommen. Die Enkel kümmern sich dann um die Technik, und auch die Großeltern sind begeistert, Informationen per Smartphone oder Tablet vorgelesen zu bekommen. Außerdem denkt Torsten Wenzler daran, vielleicht Schulklassen auszubilden, um anhand des multimedialen QR-Code-Stadtrundgangs älteren Mitbürgern den Umgang mit der modernen Technik näherzubringen.
Auch die Stadtführer könnten von den QR-Codes profitieren, die am unteren Ende der Informationstafeln zu den jeweiligen Gebäuden angebracht sind: „Die Stadtführer müssen jetzt nicht befürchten, von der Elektronik ersetzt zu werden. Sie können ein Tablet mitnehmen und darauf das eine oder andere Video vorspielen.“ Schließlich stünden sie an vielen Gebäuden ja auch vor verschlossenen Türen und hätten so die Möglichkeit, Innenräume zu zeigen – als Zusatzinformation für ihre Gäste.
Zu den verschlossenen Türen äußerte sich gestern auch Klaus Buck, in seiner Doppelfunktion als Stadtrat und stellvertretender Leiter des Seminars: „Wir wollen uns im Seminar nicht abschotten. Wir zeigen unsere Räume auf diese Art öffentlich, auch wenn wir unsere Türen nach außen ein Stück weit schließen müssen.“ Für die Fachlehreranwärter sei das Projekt außerdem eine wichtige Erfahrung für später, meinte Klaus Buck: „Man sollte sich auch dort, wo man einmal als Lehrer arbeiten wird, kundig machen und engagieren.“
Auch wenn das QR-Code-Projekt für den derzeitigen Kurs abgeschlossen ist, hat Torsten Wenzler noch viele Ideen, die Sache künftig weiter auszubauen. Einerseits sei das Angebot jetzt schon barrierefrei, weil es beispielsweise Rollstuhlfahrern in der Stadt ermöglicht, auch Innenansichten zu bekommen. Andererseits lasse es sich aber noch für Sehbehinderte verbessern, indem die Bilder in einer Audiodatei beschrieben werden.
Es könnten auch noch mehr Gebäude dazukommen, die Teilorte hätten vielleicht Interesse, und schließlich könnten sich die Texte auch noch in andere Sprachen übertragen lassen. Verbesserungen sind außerdem bei der Auflösung der Videodateien möglich. Das wäre mit zwei Klicks zu bewerkstelligen – sollte erst einmal das kostenfreie WLAN in der Innenstadt kommen, das die Oberbürgermeisterin für Ende 2014 / Anfang 2015 zumindest an der Stadtbücherei in Aussicht stellte.
Angesichts der Tatsache, dass eine professionelle Agentur für die QR-Code-Arbeit nach Schätzungen von Torsten Wenzler wohl rund 100 000 Euro verlangt hätte, profitiert die Stadt Kirchheim auch finanziell von der Arbeit des Fachseminars. Angelika Matt-Heidecker bedankte sich namens der Stadt mit einem Scheck in Höhe von 1 000 Euro.
Profitieren können aber auch alle anderen, die sich für Kirchheim interessieren: Auf der Homepage der Stadt lassen sich unter den Stichworten „Entdecken“ und „Stadtrundgang“ alle 33 Dateien aufrufen: Derzeit ist dazu lediglich in der Unterrubrik „Historischer Stadtrundgang“ noch das Wort „Link“ anzuklicken.