Roland Böhringer stellt das Pilotprojekt „Soziales Lernen in Kirchheim“ vor
Eine Aufgabe für die ganze Stadt

Soziales Lernen in den Mittelpunkt zu rücken und zu einer Aufgabe der Allgemeinheit zu machen, das ist das Ansinnen eines Kirchheimer Pilotprojekts. Sozialamtsleiter Roland Böhringer berichtete darüber im Finanz- und Verwaltungsausschuss des Gemeinderats.

Kirchheim. Dass bei den sozialen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen immer deutlichere Defizite bestehen, darüber würden bereits die Erzieherinnen in den Kindertagesstätten klagen, sagte Roland Böhringer. Aber auch auf dem weiteren Weg werde es nicht unbedingt besser, denn auch bei Lehrern, Sozialarbeitern und in Ausbildungsbetrieben setze sich die Klage fort. „Zu lange haben wir uns darauf verlassen, dass Familie und Nachbarschaft diese Kompetenzen vermitteln. Aber wir alle tragen Verantwortung für das soziale Lernen, und es ist auch nicht nur das Thema einzelner Berufsgruppen“, stellte Roland Böhringer fest.

Im Pilotprojekt „Soziales Lernen in Kirchheim“ war es nun darum gegangen, gemeinsam mit vielen Kooperationspartnern im Dettinger Weg und im Rauner Einzelprojekte anzubieten, damit Kinder und Jugendliche einen respektvollen Umgang mit anderen und von anderen erfahren. Erstes Einzelprojekt war ein Fußballturnier an der Teck-Realschule, an dem Mannschaften von der gastgebenden Schule teilnahmen sowie von zwei benachbarten Schulen: der Janusz-Korczak-Schule und der Raunerschule. Roland Böhringer zufolge war dabei „sehr viel Achtung und Fair Play zu spüren“.

Das zweite Projekt, das es in Kirchheim übrigens nicht nur im Rauner gibt, war das Schulfrühstück an der Raunerschule – unterstützt durch „Starkes Kirchheim“ sowie durch Auszubildende des Bildungspartners. Beim gemeinsamen Frühstück lässt sich Gemeinschaft ganz anders erfahren als während der Schulstunden. Auch wer beim gemeinsamen Frühstück nichts gegessen habe, konnte trotzdem von den Gesprächen profitieren und ein Stück gesellschaftliche Normalität im Umgang miteinander erleben.

Das dritte Projekt war das Anlegen eines großen Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielfeldes auf dem Rambouil­letplatz. Die Figuren dazu können nebenan in einem Laden ausgeliehen werden. Die beteiligten Jugendlichen übernehmen Verantwortung für das Projekt und erhalten Anerkennung.

Auch wenn es am Dettinger Weg schon seit 30 Jahren gemeinwesenorientierte Arbeit mit freien Trägern gebe, bezeichnete Roland Böhringer das soziale Lernen doch als ein „neues Element in einer neuen Erziehung“. Das wollte Wilfried Veeser (CDU) nicht ganz so stehen lassen. Für ihn handelt es sich eher um die Wiederentdeckung eines alten Elements – nämlich der Beteiligung der Großfamilie oder des ganzen Dorfes an der Erziehung. Definitiv seien Bildung und Erziehung nämlich eine Aufgabe der ganzen Stadt und nicht nur der Eltern oder der Schulen.

Christoph Lempp (Grüne) meinte, dass das soziale Lernen früher oft durch „Abgucken an Vorbildern“ erfolgt sei: „Das ist schwieriger geworden.“ Neu sei an dem Projekt gewesen, dass sich verschiedene Institutionen explizit unter dem Leitgedanken des sozialen Lernens zusammengeschlossen haben. Gleichwohl dürfe man sich von dem Projekt, auch wenn es jetzt auf andere Stadtteile ausgedehnt werden solle, keine großen Wunder versprechen.

Letzteres war wohl eine Schwierigkeit, die Katja Seybold von der Christlichen Initiative Kirchheim (CIK) mit dem Projekt hatte. Sie wollte Wasser in den Wein gießen, indem sie bemerkte, dass sie von den Einzelprojekten doch ein wenig enttäuscht war. Alles zusammen komme ihr so vor, als habe ein Tiger zum Sprung angesetzt, der jetzt auf dem Status eines Bettvorlegers angelangt sei.

Dr. Silvia Oberhauser, der Fraktionsvorsitzenden der Frauenliste, war es ähnlich ergangen: Nach anfänglicher Begeisterung habe sie am Ende eher das Gefühl gehabt, dass viel „heiße Luft“ produziert wurde. Allerdings wiederholte sie eine positiv zu wertende Aussage Christoph Lempps, derzufolge Kinder und Jugendliche bei den Projekten das Gefühl vermittelt bekamen, beteiligt zu werden und dazuzugehören.

Hans Gregor (SPD) fand nach den Kritikpunkten zu einer eigenen Synthese: „Das Projekt mag klein gewesen sein. Aber die jungen Leute haben gelernt, Teil eines Gemeinwesens zu sein. Davon werden sie hoffentlich auch in ihrem weiteren Leben profitieren.“

Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker sprach beim sozialen Lernen vom „Anfang eines Wegs, auf den wir uns begeben müssen. Das ist der Beginn einer wichtigen Arbeit, die wir zu erfüllen haben.“ Auf einen weiteren kritischen Punkt ging sie abschließend auch noch ein. Es sei richtig, dass die Bürgerbeteiligung beim Spielplatz Bulkesweg nicht optimal gelaufen sei. Unter anderem liege das daran, dass die Verhandlungen mit der Bahn ins Stocken geraten seien.