Die Geschäftsstelle Schopfloch der Raiffeisenbank Teck feiert ihr 125-jähriges Bestehen
Eine Bank nicht nur für „grünen Kredit“

Lenningen. Getreu dem Motto von Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818 – 1888) „Einer für alle, alle für einen“ entschlossen sich fünf Herren aus Schopfloch, einen örtlichen Darlehenskassen-Verein ins Leben zu rufen. Offizieller Gründungstermin war der 18. Januar 1886. Anlass für die Raiffeisenbank Teck, gemeinsam mit ihren Mitgliedern und Kunden, den 125. Geburtstag der Geschäftsstelle Schopfloch zu feiern.

Mit 40 Mitgliedern aus der Taufe gehoben, setzte sich der Vorstand in den Gründerjahren zusammen aus dem Schultheiß Mathäus Reichle, Gemeinderat Christian Riek, Gemeindepfleger Johannes Lude, Drechslermeister Johannes Schmid, dem Bauern Martin Maier und Pfarrer Julius Walz. Vor allem die sogenannten „drei großen S“ – Schultheiß, Schulmeister und Seelsorger – waren es, die damals den Zug der Zeit erkannt und den Weitblick hatten, die Geschicke der Landwirtschaft in zukunftsträchtige Bahnen zu lenken. Die Gründung der Darlehenskasse – eine Pioniertat auf völligem Neuland – hatte Bestand. Die Männer um Schultheiß Reichle hatten es sich zur Aufgabe gemacht, für die Mitglieder die zum Wirtschaftsbetrieb nötigen Geldmittel zu beschaffen – und das unter genossenschaftlicher Garantie. Jeder haftete gemeinschaftlich für jeden und unbeschränkt mit seinem ganzen Vermögen.

Schopfloch hatte die erste Kasse dieser Art im Oberamt Kirchheim. Viele kleine Landwirte in dem abgelegenen Ort lebten mitunter am Rande ihrer Existenz. Das finanzielle Polster der meisten Schopflocher Bauern im vergangenen Jahrhundert war wohl ähnlich dünn wie der Ackerboden in 750 Metern Höhe. Meist hatten die Landwirte nicht das Geld, um durch Investitionen bessere Erträge und Gewinne zu erwirtschaften. Doch Not bewirkt oft engeren Zusammenschluss. Nur so ist es zu erklären, warum vor 125 Jahren just in Schopfloch der erste Darlehenskassen-Verein im Bereich des ehemaligen Oberamts Kirchheim gegründet worden war. Erst lange Zeit später folgten ähnliche Gründungen im Tal, aus denen schließlich die Raiffeisenbank Teck hervorging. Die Ziele des Darlehenskassen-Vereins Schopfloch wurden später Bestandteile der Satzungen anderer Kassen im Oberamt.

Damals hatten die Leute erkannt, dass Selbstverwaltung und Selbstverantwortung zum Erfolg führen. Auch hatten die Vorstände bereits vom „grünen Kredit“ gesprochen, wonach Saatgut und Dünger erst nach der Ernte zu bezahlen waren.

Nicht nur Bauern selbst profitierten von der Einrichtung des Darlehenskassen-Vereins, auch von der Landwirtschaft abhängige Mägde, Knechte und Waldarbeiter, die keinen eigenen Betrieb hatten, befreite die Institution von der ständigen Angst, dass ihnen ihr sauer Erspartes im Strumpf hinter dem Betthaupt gestohlen werden könnte, denn die Bauernhöfe waren für jeden zugänglich.

Aus heutiger Sicht erstaunlich war die Frage der Haftung gelöst: Der damalige Rechner zum Beispiel hatte seine Lebensversicherung im Wert von 1 000 Mark als Kaution zu hinterlegen, denn wer leichtfertig mit Genossenschaftsmitteln umging, gefährdete alle. Später standen dafür Bürgen gerade. Brauchte jemand einen Kredit, waren ebenfalls Bürgen notwendig. Wer Mitglied der Kasse werden wollte, musste sich mit zwei Mark „Eintrittsgeld“ beteiligen. Dieser Betrag war zugleich sein Stammanteil.

Damit der Darlehenskassen-Verein gedeihen konnte, wurde mit Geld sorgsam umgegangen, wie das Beispiel des Vereinsvorstehers in den ersten Jahren zeigt. Die Generalversammlung bewilligte ihm zum ersten Mal im Jahr 1891 die Summe von 30 Mark als Entlohnung für seine verantwortungsvolle Tätigkeit. „Weil das Vermögen des Vereins noch ziemlich klein“ war, verzichtete er aber darauf. Dem Rechner wurden für seine Bemühungen 40 Mark „in widerruflicher Weise ausgesetzt“. Allerdings beschloss die Generalversammlung am 17. Januar 1887: „Die Auslagen des Rechners für Schreibmaterial, Geldkuverts und Ähnliches bestreitet derselbe aus seiner Privatkasse“.

Das notwendige Startkapital in Höhe von 5 000 Mark lieh sich der Darlehenskassen-Verein bei der Königlichen Hofbank und trat dem Verbund der landwirtschaftlichen Kreditgenossenschaften in Württemberg bei. Von diesem Geld zahlte die Schopflocher Darlehenskasse die ers­ten Kredite an ihre Mitglieder. Die Bauern brauchten das Geld meist zum Viehkauf und zahlten den Kredit aus dem Erlös der Ernte zurück.

Vorstand und Aufsichtsrat kümmerten sich nicht nur um Geldgeschäfte. Sie waren auch verantwortlich für den günstigen Einkauf von Saatgut, Futter- und Düngemitteln sowie für die Beschaffung von Mostobst. Auf diese Art hatten die kleineren landwirtschaftlichen Betriebe die gleichen Vorteile wie ein Großbetrieb. „Die Teilnahme weiblicher Mitglieder an den Versammlungen ist nicht gestattet, dieselben haben auch kein Stimmrecht“, hieß es damals im Übrigen.

Auswirkungen auf die Schopflocher Darlehenskasse hatten erwartungsgemäß Erster Weltkrieg, Weltwirtschaftskrise und Inflation. Das in mühevoller Arbeit erworbene eigene Vermögen und die Kundeneinlagen gingen stark zurück. Für eine Billion Papiermark erhielt man damals nur eine Goldmark. Geld wurde knapp, die Darlehenszinsen stiegen auf 20 bis 25 Prozent. Für Einlagen gab‘s 15 Prozent.

1932/33 folgte der zweite wirtschaftliche Niedergang. Im August 1932 mussten 15 Prozent aller Kredite gekündigt werden, um die Liquidität des Vereins nicht zu gefährden. Unter den Nationalsozialisten verbesserte sich zwar die Lage der Landwirtschaft; dies alles ging aber nicht zuletzt durch Aufrüstung zulasten einer scheinbaren wirtschaftlichen Blüte. Der angemietete Raum im Schopflocher Rathaus reichte für das Warengeschäft nicht mehr aus. Am 30. Januar 1939 wurde deshalb beschlossen, das „Haber-Lagerhaus“ zu kaufen. Noch im August 1939 wurden dort 68 Tonnen Weizen eingelagert.

Die während des Zweiten Weltkriegs zunehmende Rohstoffverknappung und die Schwierigkeiten der Bank, ihre Mitglieder mit Waren zu versorgen, ging mit der Besetzung Schopflochs durch amerikanische Truppen im April 1945 schließlich zu Ende.

Der nach der Währungsreform einsetzende wirtschaftliche Aufschwung war für die Spar- und Darlehenskasse jedoch noch lange nicht sichtbar. 1949 und 1950 gab es laut Chronik weder eine Generalversammlung noch wurde eine Dividende ausgeschüttet.
Erst Ende der Fünfzigerjahre wickelten die Mitglieder ihre Geschäfte offenbar über die Bank ab. So gelang es, die Krise zu überwinden.

Meilensteine in der 125-jährigen Geschichte der Geschäftsstelle Schopfloch sind nach der Gründung im Jahr 1886 die Anmietung eines Warengeschäftsraumes im Rathaus im Jahr 1931, die Eintragung als genossenschaftlich organisierte Spar- und Darlehenskasse Schopfloch am 22. August 1935, der Kauf eines Haberhauses zum Preis von 8 300 Reichsmark im Jahr 1939 sowie der Kauf einer Hack- und Sämaschine acht Jahre später. Am 21. März 1962 schließlich erfolgte der Eintrag als Genossenschaftsbank. 1963 begann der Neubau eines Bankgebäudes auf dem Platz eines abgebrochenen Hauses, das die Bank von Jakob Kächele gekauft hatte. Die gesamte Verwaltung half dabei tatkräftig mit. Am 28. August 1964 wurde das neue Haus seiner Bestimmung übergeben, die Bank zog in das Gebäude ein. Die seit 1962 umfirmierte „Genossenschaftsbank Schopfloch“ konnte den Geschäftsbetrieb damit erstmals in eigenen Räumen aufnehmen. Zudem verzeichnete die Bank in diesen Jahren einen Aufwärtstrend in nahezu allen Geschäftsbereichen. Nach längeren Verhandlungen und eingehenden Diskussionen wurde in einer außerordentlichen Generalversammlung am 8. Oktober 1971 einer Verschmelzung mit der Raiffeisenbank Teck zum 1. Januar 1972 zugestimmt, nachdem am 16. Juni 1971 dieser Zusammenschluss wegen einer Stimme an der Zweidrittelmehrheit gescheitert war. Der Beschluss zur Fusion ist bis heute wegweisend. Danach folgte umgehend die Umstellung auf elektronische Datenverarbeitung und der Anschluss an die Rechenzentrale Württembergische Genossenschaften. Aus der Schopflocher Darlehenskasse wurde schließlich eine „Bank für jedermann“.

Im Jahr 1987 hielt eine neue EDV Einzug, vier Jahre später wurde das Bankgebäude in Schopfloch erneuert, 1993 bekam die Geschäftsstelle einen Kontoauszugsdrucker, 1995 einen Geldausgabeautomaten.

Interessant ist ein Blick auf die Entwicklung der Bilanzen: 1886 hatten die 47 Mitglieder der Geschäftsstelle Schopfloch Einlagen in Höhe von 26 600 Mark, die Bilanzsumme betrug damals 8 200 Mark. 2010 hatte die Raiffeisenbank Teck insgesamt 10 583 Mitglieder und eine Bilanzsumme von 285 Millionen Euro.

An der Spitze der Raiffeisenbank Teck, zu der neben der Geschäftsstelle in Schopfloch im Jubläumsjahr auch die Hauptstelle in Owen sowie die Geschäftsstellen in Dettingen, Nabern, Gutenberg, Neidlingen, Weilheim sowie die SB-Geschäftsstelle in Brucken gehören, stehen der Vorstandssprecher Bruno Foldenauer sowie Vorstand Stefan Gerlach. Die Geschäftsstelle in Schopfloch leitet seit 2002 Andrea Hink.ank/pm