Die Kirchheimer Autorin Rebecca Michéle schreibt Krimis und Liebesromane
Eine Crime-Lady mit viel Herz

Kirchheim. Wenn es Rebecca Michéle an irgend etwas nicht fehlt, dann sind es Ideen. Während sie an einem Buch schreibt, liegen gleich


mehrere Exposés für Bücher unter­schiedlicher Genres in der Schublade und warten darauf, dass die Figuren zum Leben erweckt werden. Hat die viel Beschäftigte wider Erwarten mal nichts zu tun, verspürt sie nicht etwa Lust auf einen verbummelten Nachmittag auf der Couch oder im Liegestuhl, sie setzt sich lieber an den Schreibtisch und schreibt munter drauflos – einfach so, weil es Spaß macht und die Krimi-Idee vielleicht mal das Interesse eines Verlags gewinnt.

Der „Langeweile“-Krimi war die Geburtsstunde von Miss Mabel, einer cleveren pensionierten Krankenschwester, die ungewöhnliche Umstände nach Cornwall geführt haben. „Die Idee dazu hatte ich schon lange im Kopf“, verrät Rebecca Michéle, die in Kirchheim lebt. Bewusst hat sie ihre Hauptfigur an das berühmte Vorbild angelehnt. „Ich bin selbst ein Miss-Marple-Fan“, gesteht die Autorin. Auch Pater Brown oder Inspector Barnaby findet sie witzig und gut, eben solche Krimis, die nicht knallhart sind und vor zerstückelten Leichen nur so strotzen. Der Schauplatz drängte sich bei Rebecca Michéle geradezu auf. „Ich liebe Cornwall und fühle mich mehr als Engländerin“, sagt sie über sich. Mehrmals im Jahr bereist und erwandert sie die Insel und auch als Reiseleiterin führt sie Gruppen durchs Vereinigte Königreich.

So schrieb sich Rebecca Michéle mit Miss Mabel in ihrer Freizeit nach Cornwall. „Es ist schwierig, als deutsche Autorin einen englischen Krimi bei Verlagen unterzubringen“, ist die Erfahrung von Rebecca Michéle. Doch sie hatte das Glück der Tüchtigen. Der Goldfinch-Verlag wollte sein Programm erweitern und lobte einen Literatur-Wettbewerb aus, in dem britisches Flair deutlich werden sollte. „Da traf es sich gut, dass ich schon 80 Seiten geschrieben hatte, denn zu dem Zeitpunkt war ich mit einem anderen Projekt befasst und hatte keine Zeit“, erzählt die Kirchheimerin. Eingereicht hat sie ihr Werk unter ihrem eigenen Namen, Ursula Schreiber, der in der Verlagswelt vollkommen unbekannt ist. „Bei über 150 Einsendungen habe ich mit meiner Idee gewonnen“, freut sich die 49-Jährige. Daraus ist „Die Tote von Higher Barton – Ein Cornwallkrimi“ geworden, der erste Fall für Mabel Clarence. Zum Inhalt: Miss Mabel ist sich sicher, dass noch vor ein paar Minuten in der Bibliothek des Herrenhauses eine kostümierte tote Frau lag – erdrosselt mit einem Strick. Doch nun ist sie verschwunden und die Polizei glaubt ihr nicht. Ihren zweiten Fall hat Mabel Clarence in „Der Tod schreibt mit“ ebenfalls schon gelöst. „Am dritten Buch schreibe ich gerade“, verrät die Autorin. Weil sie mit ihrem „Wohlfühl-Krimi ziemlich den Nerv der Leser getroffen“ hat – wie sie dank Zuschriften und Verkaufszahlen weiß – wird die Miss Marple der heutigen Zeit wohl noch öfter auf Mördersuche im beschaulichen Cornwall gehen müssen.

Rebecca Michéle schrieb auch einen Krimi, der in Rottweil spielt und ebenfalls in diesem Jahr erschienen ist. „Es war schon immer mein Wunsch, eine Handlung in meiner Heimatstadt spielen zu lassen, zumal es ja auch die älteste Stadt in Baden-Württemberg ist und ich dem Reiz eines Lokalkrimis nachgehen konnte“, erzählt Rebecca Michéle. Mit „Abschüssig“, bei dem ein Busunternehmen im Mittelpunkt steht, konnte sie den Silberburg-Verlag überzeugen. Und nicht nur das: Auch hier wird es einen weiteren Fall für die Kommissare Jürgen Riedlinger und Wolfgang Mozer geben. Der spielt dann in der Rottweiler Fasnet.

Wer nun glaubt, Rebecca Michéle sei eine Crime-Lady durch und durch, ist auf dem Holzweg. Zunächst schrieb und schreibt sie unter den Pseudonymen Rebecca Michéle und Ricarda Martin Liebesromane, etwa „Das Lied der Lüge“. Darin geht es um zwei verzweifelte Frauen, die vom Schicksal zusammengeführt werden – und für ein ganzes Leben miteinander verbunden sind. „In diesen Büchern geht es um Frauen, die sich trotz Intrigen und Schicksalsschlägen durchs Leben kämpfen“, beschreibt die Autorin grob den roten Faden dieser Bücher. Das nächste, etwa 750 Seiten starke Werk, erscheint voraussichtlich im September. Sarah Bernhardt, die berühmte französische Schauspielerin, wird darin vorkommen, ebenso die Suffragettenaufstände – und weil es gerade so schön in die Zeit passt, auch die Titanic.

Keine Frage, trotz Krimileidenschaft hängt das Herz von Rebecca Michéle weiterhin an den Liebesromanen. Sie ist Gründungsmitglied der Vereinigung deutschsprachiger Liebesroman-Autoren, kurz DeLiA, und seit 2005 auch die Präsidentin der Organisation. „Wir wollen aufzeigen, dass ein Liebesroman mehr ist als die Suche nach dem Traumpartner und nicht immer ein klassisches Happy End hat“, sagt die Kirchhei­merin. Deshalb lobt DeLiA jährlich den zwischenzeitlich renommierten Literaturpreis „DeLiA“ für den besten Liebesroman des Vorjahres aus. Dabei verfolgt die Autorenvereinigung ein klares Ziel: Mit diesem Instrument sollen Talente gefördert werden. Als Beispiel nennt Rebecca Michéle ihre Kollegin Kerstin Gier, die mit „Ein unmoralisches Sonderangebot“ die Preisträgerin der „DeLiA-2005“ war. Heute hat sie mit der Auflage ihrer Romane bereits mehrfach die Millionengrenze durchbrochen und ist bekannt, etwa durch „Smaragdgrün“. Eine ähnliche Karriere legte auch Gernot Gricksch hin, der die „DeLiA-2006“ für seinen Roman „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“ gewann. Auf der Basis dieses ersten Erfolgs konnte er als Drehbuchautor Karriere machen. Die Liste namhafter Autoren ließe sich beliebig erweitern. Dazu zählt auch Iny Lorentz – das Autorenehepaar Iny und Elmar Lorentz –, spätestens seit dem Erfolg der „Wanderhure“ einem breiten Publikum bekannt.

Passend zur Adventszeit hat Rebecca Michéle unter einem weiteren Pseudonym – Mia Richter – eine besondere Geschichte geschrieben, die beim Verlag Marion von Schröder druckfrisch erschienen ist. „Das ist eine heiter-besinnliche Weihnachtsgeschichte, die in Esslingen spielt“, erzählt die Autorin. In diesem Fall kam der Verlag auf sie zu. „Die haben eine schöne, deutsche Familiengeschichte mit etwa 150 Seiten gesucht, denn solche Geschichten zu Weihnachten gibt es so gut wie nicht auf dem deutschen Buchmarkt“, plaudert Rebecca Michéle aus dem Nähkästchen. „Eine Oma zum Fest“ ist ein schön illustriertes Buch mit Lokalkolorit geworden, bei dem der weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannte Mittelaltermarkt nicht fehlen darf. Der Klapptext verrät aus dem Inhalt: Früher hat Gisela die Adventszeit geliebt. Doch seit die Kinder aus dem Haus sind und ihr Mann gestorben, fürchtet sie die besinnlichen Abende genauso wie die viel zu rührenden Fernsehfilme. Ist es Zufall oder Schicksal, dass sie nach einem Bummel über den Weihnachtsmarkt ein Kätzchen in ihrem Garten findet? Kaum hat sie sich an den kleinen Tiger gewöhnt, entdeckt sie eine Suchmeldung. Schweren Herzens bringt Gisela der jungen Familie die Katze zurück. Und wird im Gegenzug als Oma adoptiert.