Kirchheim. Das Bohnauhaus war am Sonntag beim Preisträgerkonzert des zehnten Kirchheimer Musikpreises Hörplatz junger Kirchheimer Musiktalente. Bei dieser besonderen
Matinee waren alle Plätze besetzt, und Musikschulleiter Urs Läpple verlor nicht viele Worte zur Begrüßung, sondern ließ die Musik sprechen.
Die neunjährige Eva-Rabea Ihring eröffnete das Konzert auf ihrer Violine mit dem Allegro von Joseph Hector Fiocca (1703 – 1741), dem wichtigsten flämischen Komponisten in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Präzise Klarheit zeichnete Eva-Rabeas Spielweise aus. Den piano-Passagen verlieh sie einen ganz sanften, fast schwebenden Klang. Stefanie Werner überreichte ihr die erste Rose dieses Vormittags.
Die Begrüßung übernahm Roland Liebrich von der Volksbank. Er erzählte Interessantes zur Geschichte des Kirchheimer Musikpreises. Der Initiator und Gründervater Ulrich Weiß hatte den Musikpreis zusammen mit der Musikschule 1995 ins Leben gerufen. Das Motto lautete „Helfen und Fördern“, da Musik der Persönlichkeitsentwicklung diene.
Urs Läpple fügte hinzu, dass der an seiner früheren Wirkungsstätte durchgeführte Murrhardter Musikpreis ebenfalls von Ulrich Weiß gegründet wurde. Und er wies darauf hin, dass die Kinder und Jugendlichen beim Wertungsspiel eine Chance hätten, sich mit ihrem Instrument zu präsentieren, und dass Musik eine Kunst ist, die im Hier und Jetzt spielt.
Dann machte er die Bühne frei für Jannis Graf an der Harfe. Der Petite Berceuse von Alphonse Hasselmans (1845 – 1912), einem französischen Harfenisten, Komponisten und Pädagogen, entlockte Jannis präzise gezupft engelsgleiche Klänge auf diesem wunderschönen Instrument. Mit stolzem Lächeln verbeugte er sich. Der junge Pianist Lukas Schilling verlieh dem Reiterstück aus dem Album für die Jugend von Robert Schumann (1810 – 1856) den drängenden Charakter eines feurigen Hengstes. Julian Briem interpretierte anschließend mit seinem Violoncello den dritten Satz aus dem Concerto Nr. 4 von Georg Eduard Goltermann (1824 – 1898), einem deutschen Cellisten und Komponisten. Sehr sauber in der Intonation, auch in schnellen Läufen, und mit großen musikalischen Spannungsbögen ließ er seinen warmen Celloton erklingen.
Die nächste auf dem Programm angekündigte junge Künstlerin, Querflötistin Apinaya Vithyapathy, musste leider krankheitsbedingt absagen. Es folgte die erste Urkundenübergabe der jüngeren Altersklassen II bis IV.
Dann waren die höheren Altersklassen unter anderem im Gesangsfach an der Reihe. Natalie Beck erzeugte mit ihrer klaren und tragfähigen Stimme Gänsehaut. Sie sang aus dem „Phantom of the Opera“ von Andrew Lloyd Webber (1948) „Think of me“ und überzeugte mit einem erstaunlichen Klangvolumen.
Julian Nürk war der junge Mann der leisen Gitarrentöne. Mit weicher Hand und träumerischen Melodien bot er Recuerdos de la Alhambra von Francisco Tárrega (1852 – 1909) dar. Virtuose Eleganz und schmeichelnde Melodiosität zeigte die Cellistin Annika Möller in ihrer Interpretation des Pezzo Capriccioso op. 62 von Pjotr Iljitsch Tschaikovsky (1840 – 1893). Mit geschlossenen Augen erweckte sie ihr Cello zu musikalischem Leben.
Ein eher selten in einer Solo-Rolle gehörtes Instrument ist die Bratsche, was sehr schade ist, wenn man den unglaublich warmen Ton von Maximilian Kuntzners singender Viola hörte. Er stemmte sich in seinem Vortrag des Maestoso aus der Sonata von Niccolo Paganini (1782 – 1840) vehement gegen den ihn in die nächsten Takte drängenden Begleiter Ernst Leuze am Klavier und ließ sich die musikalische Gestaltung differenzierter Klangfarben nicht nehmen.
In farbenreichen Umspielungen des gelblich-weißen Mondlichtes in blaudunkler Vollmondnacht erklangen die Stimmen von Anna-Maria Wilke und Christian Dieterich im Abendlied „Nun wird es still auf Erden“ von Josef Gabriel Reinberger. Trotz der erahnten ausgebildeten Stimme drangen die beiden Künstler nicht klar durch. In den Koloraturen und Läufen bei Henry Purcells „Tripit, tripit in a ring“ bewiesen beide dann aber ihr musikalisches Stimmtalent.
Ungewöhnliche Professionalität ist Katharina Sigel in ihrem jugendlichen Alter zuzusprechen. In ihrer Darstellung des ersten Satzes aus der Cellosonate in B-Dur von Luigi Boccherini (1743 – 1805) spielte sie ihr ganzes Können aus: musikalisch sensibel ausgearbeitet, mit selbstsicheren Griffen in den hohen Lagen des Cellos und spielerischem Umgang mit den heiklen Passagen dieses Werkes.
Der Beifall ist des Künstlers Lohn, und daran sparten die Zuhörer wahrlich nicht. Begeisterter Applaus nach jedem Beitrag der jungen Musikkünstler und die anerkennende Geste für das Geleistete in Form einer weißen Rose, überreicht von Stefanie Werner, gaben der Matinee einen freundlichen, familiären Charakter. Es geht beim Musizieren nicht um das Gewinnen von Preisen, sondern um das Erleben der Musik, das Berühren der Seele.
Nach der Urkundenübergabe für die Altersklassen V und VI dankte Urs Läpple Maka Jetter und Moira Muschalla sowie Ernst Leuze für die routinierte Begleitung und Untermalung der einzelnen Beiträge am Klavier. Eine sehr gelungene Veranstaltung ging mit hoffnungsfrohem Blick auf die Zukunft zu Ende – dank so vieler begabter Kinder und Jugendlicher, die sich mit Musik beschäftigen und diese auf ihrem Instrument leben.