Bundesweit erster Index für Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe
Einen Klick näher an der Inklusion

Die Kreisjugendringe (KJR) aus Esslingen und Rems-Murr haben einen Index für Inklusion entwickelt. Damit können Akteure in der Kinder- und Jugendhilfe Anregungen zur Integration von Menschen mit Behinderung erhalten.

Kreis Esslingen. „Wie lassen sich Einrichtungen in der Kinder- und Jugendarbeit fit für die Inklusion machen?“ – so beschreibt Dr. Thomas Meyer, Professor für Praxisforschung in der sozialen Arbeit an der Dualen Hochschule (DHBW) in Stuttgart, die Grundfrage des Projekts. In Zusammenarbeit mit den Kreisjugendringen (KJR) Esslingen und Rems-Murr, dem Institut für angewandte Sozialwissenschaft und gefördert durch das Sozialministerium Baden-Württembergs wurden nun Instrumente entwickelt, die interessierten Einrichtungen, Organisationen und Akteuren Hilfestellungen bieten. Dabei handelt es sich um bundesweit einzigartige Werkzeuge.

Auf der einen Seite steht der Index für Inklusion, der als Leitfaden in der Jugendarbeit dienen soll. Einen solchen Index gab es zwar bereits für Schulen, Kindertagesstätten und Kommunen – nicht jedoch für die Kinder- und Jugendarbeit. „Dabei ist gerade die Jugendarbeit ein wichtiger Multiplikator für die Verankerung von Inklusion in der Gesellschaft. Es geht nicht nur um Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, sondern auch in den Köpfen – wir begreifen das als einen Bildungsprozess“, erklärt Meyer. Wenn sich die Idee der Inklusion langfristig in der Vorstellung der Kinder und Jugendlichen verankert und eine ganze Generation mit diesem Bewusstsein sensibilisiert und älter wird, dann könne sich auch nachhaltig etwas verändern, hofft Meyer.

Auf der anderen Seite steht der „InkluMat“, zu finden auf www.inklumat.de im Internet. Mit einem Frage-Antwort-Tool können sich interessierte Einrichtungen und Organisationen bezüglich der eigenen Haltung und Verwirklichung von Behindertenfreundlichkeit selbst testen und einschätzen lassen. Zudem gibt es auf der Internetplattform Hilfen und Empfehlungen für die Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen. Diese Empfehlungen kommen aus einer Datenbank guter Beispiele für integrative Kinder- und Jugendarbeit, die von den beteiligten Einrichtungen mit eigenen Vorschlägen erweitert und so kontinuierlich und dynamisch weiterentwickelt werden kann.

„Ich bin ausgesprochen froh, dass dieses Thema endlich bei uns angekommen ist“, betont der Geschäftsführer des KJR Esslingen, Ralph Rieck, bei der Vorstellung der beiden Instrumente vor dem Jugendhilfeausschuss des Landkreises Esslingen. Viel zu lange habe die Einbeziehung von Behinderten zu wenig Eingang in die Jugendarbeit gefunden. Zwar hätte man sich früh schwierigen Milieus und Jugendlichen zugewandt – mit Menschen mit psychischen oder physischen Beeinträchtigungen beschäftigte man sich aber oft „nur am Rande“, so Rieck. Der KJR befasst sich aus diesem Grund seit geraumer Zeit intensiv mit der Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen am Leben in der Gesellschaft und hat im Rahmen seiner „Inklusionsoffensive“ zahlreiche Aktivitäten auf den Weg gebracht.

Das Projekt stößt im Jugendhilfeausschuss auf positive Resonanz. „Es leistet einen besonderen Beitrag zur Entstehung einer Kultur der Inklusion“, erklärte Solveig Hummel (SPD). Sie unterstützt Meyers Verständnis von Inklusion als Bildungsprozess: „Es ist ein hohes Ziel, aber eines, das sich anzustreben lohnt.“ Für Georg Zwingmann (Grüne) ist das Projekt ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. „Inklusion passiert in uns“, stimmt er zu. „Wichtig ist die Praxis, sie muss bei den Betroffenen ankommen“, betonte Ursula Merkle (CDU), und begrüßte die praktische Ausrichtung des Projekts. Sie wünscht den Initiatoren, dass die Instrumente dazu beitragen, nicht nur die Jugendarbeit, sondern auch die Gesellschaft voranzubringen.