Peter Dietrich
Kirchheim. Ob Maulwurf oder Schildkröte – die Tiere in Sonja Zauners Garten in den Stellegärten waren alle aus Filz. Drei Jahre Handarbeit stecken in den Kunstwerken. „Ab Februar bei schönem Wetter muss ich raus“, sagte Sonja Zauner. Dann sitzt sie in ihrem Garten, filzt und kommt sich ein wenig vor wie auf dem Präsentierteller. Doch das macht ihr nichts. „So bin ich auch.“ Genauso Handarbeit wie die Filzobjekte war die Musik, die es in Sonja Zauners Garten zu hören gab. Das „Archaic Blues Trio“ spielt seit sechs Jahren zusammen, für jede Tonart gab es eine extra Mundharmonika, insgesamt sieben Stück. Dazu eine Dobro-Gitarre, die auch ohne elektrischen Verstärker etwas lauter klingt. Bei solch einer angenehmen Begleitung ließ es sich gut unter einem Zeltdach sitzen und einen Marienkäfer filzen – was nicht nur die Damen unter den Besuchern gerne ausprobierten. Sonja Zauner hatte in der Stadt ein Plakat zum Projekt „Gartenpfade“ gesehen und sich daraufhin angemeldet. Nicht nur sie freute sich sehr über den Andrang in ihrem Garten bei ausbleibendem Regen.
Auch Gunnar Brenner vom städtischen Amt für Bildung, Kultur und Sport kam vorbei und war begeistert. Er hatte die „Gartenpfade“, mit denen die Stadt einen Beitrag zum Projekt „Garten Eden“ der Kulturregion Stuttgart leistete, organisiert.
Winfried Hornischer und seine Frau Monika Schaber hatten ihren Garten am Freitagabend geöffnet. Bei ihnen fiel allerdings Ruth Mößner mit ihrer Lesung zu Herzogin Henriette aus. So griff Rolf Walter, der als Gast in der Villastraße war, ganz spontan zu seinen Lausbubengeschichten und las im Wechsel mit dem Spiel des Gitarrensolisten Uwe Heitel. Auch der schwäbische Liedermacher Günther Wölfle bereicherte unangekündigt das Programm. Offiziell ging der Abend mit rund 25 Besuchern um 21 Uhr zu Ende, doch ein kleiner Kreis blieb noch bis Mitternacht.
Drei der bei „Gartenpfade“ geöffneten Gärten lagen im Schafhofweg. Dort hatten sich ein paar gute Nachbarinnen abgesprochen. „Da ist ein Garten schöner als der andere“, befand eine Besucherin beim Rundgang. Bei Christine Vogel passte alles zusammen: Sie hat sieben Jahre lang in Singapur gelebt, daher haben sowohl ihre Bilder als auch ihr Garten einen asiatischen Einschlag. „Mein Mann wollte schon immer einen Urwald“, sagte Vogel, zwischen Bambus plätscherte beruhigendes Wasser. Die Bilder zeigten Motive wie den botanischen Garten sowie Chinatown in Singapur oder Halong Bay, alles selbst gesehen, fotografiert und dann gemalt. „Ich hätte noch mehr Bilder, aber ich habe im Wintergarten nicht mehr Wände“, meinte Christine Vogel. Gegen eine Spende für das Kirchheimer Frauenhaus servierte sie Kaffee und Kuchen. Auch die Holzzwerge im Garten waren komplett ihr Handwerk. „Ich habe mir zum Geburtstag einen Akkuschrauber gewünscht und auch bekommen.“ Sie fühle sich in ihrem Garten und in Kirchheim „sauwohl“, sagte Vogel.
Nur wenige Häuser weiter hatte sich Ingrid Bachtaler zum Malen einen schattigen Platz gesucht, die Besucher konnten ihr im Garten live beim kreativen Schaffen zusehen: samstags ein Bild, am Sonntag ein anderes. Sie malte mit ganzem Einsatz, so dass die Farben sogar den Weg auf die Stirn der Künstlerin fanden.
Aus dem dritten Garten im Schafhofweg drangen angenehme Flötentöne herüber: Ebenfalls an einem schattigen Plätzchen spielte dort das elfköpfige Flötenensemble der Familienbildungsstätte (FBS). Dazu gab es den Ausblick bis zur Burg Teck – und den Blick auf Sibylle Schricks großformatige Outdoor-Kunst. Sie wird aus kleineren gemalten Vorlagen großformatig auf PVC und andere Materialen übertragen, ist somit wetterfest und für den Garten geeignet, etwa als Sichtschutz oder zum Kaschieren einer Problemzone. Schrick bietet in ihrem Haus auch Kurse an und freute sich über die Gelegenheit, ihre Kunst bekannt zu machen. Am Samstagvormittag war es noch ruhig, doch am Nachmittag folgte ein stetes Kommen und Gehen.
In der Unteren Steinstraße zeigte Monika Gunzenhauser ihre großformatigen Malereien und ihre herrlich bunten Mosaikkugeln. Sie kommt aus Süßen, ist aber im städtischen Verteiler und bekam so eine Einladung zum Mitmachen bei „Gartenpfade“. Ihre Werke kamen im Garten rund um die Villa schön zur Geltung. Aber Monika Gunzenhauser forderte dazu auf, es auch innen mit großen Formaten zu versuchen. Dazu brauche es Mut, aber hinterher könne man sich an mancher Stelle in der Wohnung ein kleinformatiges Bild gar nicht mehr vorstellen. Am Samstagvormittag hatten Bewohner das Klosterviertels in diesem Garten ein „behütetes Spielen“ organisiert. Jeder, der mitspielen wollte, nahm sich einen der ganz verschiedenen Hüte von der Stange – alle Spieltische waren belegt.
Wo geht es denn rein? In der Kitteneshalde ging es um das Haus herum, schon wies ein Plakat den Weg zu den Skulpturen von Bettina Schöke. Das war noch längst nicht alles: In der Weiherstraße gab es Malerei, Flöte Solo und Tanz, in einem Garten in der Eugenstraße spielte am Sonntag ein Streichquartett. Auch zwei Gärten in Notzingen und Dettingen hatten sich bei „Gartenpfade“ angeschlossen.