Hülben. Eintauchen in die Eisenzeit, Geschichte hautnah erleben – das versprachen die Veranstalter im Vorfeld zu dem Groß-Event auf dem Hülbener Flugfeld. Der erste Eindruck jedoch ist ernüchternd. Buden drängen sich am Rand des Geländes aneinander. Nichts, was man nicht von jedem anderen mittelalterlich angehauchten Markt landauf, landab kennt. Felltaschen, Lederschuhe, Met und Trinkhörner. Dazwischen Holzschwerter und Schilde als Quengelware für die Kinder, Glasschmuck und Duftseife. Aus dem Lautsprecher dröhnt synthesizer-verstärkter Celtic-Pop.
Dann aber betritt man tatsächlich eine andere Welt: Zwischen den schlichten Zeltplanen begegnen einem Menschen wie Karin. Die Österreicherin sitzt gemütlich in ihrem kleinen Zelt. Über ihr Haar trägt sie ein Leinentuch, fixiert von zwei kunstvoll geschmiedeten Nadeln. Im wahren Leben hat sie eine Werbeagentur. Stressig ist das, sagt sie. Wenn sie aber an einem Wochenende so wie hier am Heidengraben abtaucht in die Zeit der Kelten, lässt sie den Ärger und die Hektik ihres Alltages im Nu hinter sich.
Beim Keltenfest gibt sie zusammen mit vielen anderen Hobby-Kelten sozusagen lebendigen Geschichtsunterricht. Denn der Anspruch an Detailtreue und Authentizität der insgesamt acht Keltengruppen ist hoch und stützt sich oft auf eine langjährige museumspädagogische Arbeit. „Die Kelten, das sind unsere Wurzeln“: Das zum Beispiel bewegt Wolfgang aus Bayern, die Wochenenden für seine Leidenschaft, das keltische Leben, zu opfern. Ihre Kultur, ihr handwerkliches Können zeigen, das wollen sie.
Vieles gibt es hier im Lager zu entdecken für alle, die sich Zeit nehmen. Und das tun an diesem Wochenende erfreulich viele der Besucher. Hannes drückt einer Frau den Holzgriff einer alten Picke in die Hand. „Das ist Original, haben wir im Salzbergwerk gefunden“, klärt er die staunende Frau auf. Den Funden aus dem Salzstock verdanken die Archäologen einiges an Wissen über die Kelten. „Das Salz konserviert, die Funde sind deshalb gut erhalten“, sagt der Salz-Experte.
Waffen und Handwerkszeug waren die Exportschlager der Kelten. Denn in der Eisenverarbeitung waren sie zum Beispiel den Römern um einiges voraus. Aber auch die bunten Wollstoffe wurden tonnenweise Richtung Rom geschickt. Kostbare Ware, bedenkt man, dass in einem Gewand insgesamt rund 800 Arbeitsstunden stecken.
Nur zögerlich kehrt man aus der Eisenzeit wieder zurück in den Rummel rings um das beschauliche Lager. Bestaunt die Reitkünste der Stuntshow vom Haraldos Stunt Team, die im gestreckten Galopp an den Zuschauerreihen vorbeipreschen und geschickt vom Sattel aus nach dem gefüllten Metbecher haschen. Oder lässt sich von der Magie der Flammen einfangen, die die drei Feuerkünstler von Pila Accendi um sich herumwirbeln und tanzen lassen.
Nicht nur um die Show geht es „Heinrich von Morungen“ alias Rudolfs Pauels. Wer dem passionierten Falkner aufmerksam zuhört, lernt eine Menge über die Jagd mit den Greifvögeln, die auch heute noch aktiv betrieben wird. Sei es bei der Kaninchenjagd zur Deichsicherung oder für die Sicherheit vor Vogelschlag am Flughafen. Die Zuhörer wissen ab jetzt auch, dass der Wappenvogel der Bundesrepublik Deutschland kein Steinadler, sondern der europäische Seeadler ist.
Nach ein paar Stunden auf dem riesigen Gelände stapft man müde, aber glücklich nach Hause. Mit dem guten Gefühl, für das Eintrittsgeld immerhin gut unterhalten worden zu sein und trotz des kommerziellen Rummels doch einen interessanten Blick auf das Leben der Kelten erhascht zu haben.