Am Videobeweis im Fußball scheiden sich die Geister. Seit seiner Einführung in der 1. Bundesliga vor vier Jahren vergeht kaum eine Woche, in der nicht über das Für und Wider diskutiert wird. Manch einer sah in der Einführung gar die „Zerstörung der Seele des Fußballs“ besiegelt. Mehrere Untersuchungen kamen nun allerdings zu dem Schluss, dass durch den Videobeweis im deutschen Profifußball tatsächlich etliche Fehlentscheidungen korrigiert oder ganz verhindert wurden.
Das klingt gut. Doch das gesamte System nun auf den Amateurfußball bis runter in die Kreisligen zu übertragen, wirft vor allem Fragen auf. Die drängendste scheint dabei die Finanzierung zu sein, dicht gefolgt vom Problem der Umsetzung. Manch knifflige Szene lässt sich erst abschließend bewerten, wenn auch die fünfte Perspektive betrachtet wurde. Müssen sich die Zuschauer auf den holprigen Nebenplätzen nun künftig vor umherfliegenden Kameradrohnen in Acht nehmen? Oder für ein Fußballspiel statt mit Pause eindreiviertel bald zweieinhalb Stunden einplanen, weil im diffusen Gewurstel manch spieltechnischer Niederung allenthalben der Ruf nach dem Videobeweis laut wird?
Wer den Sport an der Basis professionalisieren und über dies auch gerechter gestalten möchte, der sollte flächendeckend erst einmal für adäquate Trainingsbedingungen sorgen. Auch ohne Pandemie fehlt vielen Breitensport-Vereinen das nötige Kleingeld für anständige Nachwuchsarbeit. Und was nützt die minutiöse Dokumentation einer strittigen Spielszene, wenn der Rasen einem Acker gleicht und im Zweifel auch noch das Flutlicht ausgefallen ist? „Entscheidend is’ auf’m Platz“, wusste schon „Adi“ Preißler. Also lieber erst mal Geld in die Ausbildung der Kicker stecken und für anständige Rahmenbedingungen sorgen.