Kirchheim. Die Autos,
die in der Autogalerie Entenmann rund 70 Zuhörer umgaben, gehören eher zum Luxussegment. Sie sind typisch deutsche Autos, Fahrzeuge, wegen denen die deutsche Industrie mehr mit den EU-Vorgaben zum CO2-Ausstoß zu kämpfen hat als andere Länder. „Ein Drei-Liter-Motor lässt sich nicht so leicht auf 100 Gramm bringen wie ein Fiat 500“, sagte Diez, der auf Einladung der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU, Gebietsverband Kirchheim
zur „Zukunft der Automobilindustrie im Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie“ sprach. Er tat es faktenreich und sehr anschaulich.
Der Verbrennungsmotor, betonte Diez, biete nach wie vor große Reduktionspotenziale. Laut einer Studie der Firma Bosch sei bei Benzinern ein Durchschnittsverbrauch von 3,8 Litern, bei Diesel gar von 2,6 Litern möglich, mit überschaubarem Aufwand. Schritte dazu seien die Hyb
ridisierung, die Elektrifizierung, das Verwenden kleinerer Motoren und der Bau leichterer Fahrzeuge.
Wie wird ein Auto elektrisch? Diez stellte die Möglichkeiten in einer Übersicht dar. Es gibt den Vollhybrid wie den Toyota Prius, der nur eine minimale elektrische Reichweite hat. Es gibt den „Plug-in-Hybrid“, der dank einer Batterie rein elektrisch bis zu 60 Kilometer weit kommt. Diese Batterie kann an einer Steckdose geladen werden. Damit kann der Fahrer elektrisch zur Arbeit, für die weitere Fahrt am Wochenende nutzt er dann auch den Verbrennungsmotor. Der Chevrolet Volt, der 2011 für stolze 42 000 Euro auch als Opel Ampera auf den Markt kommen soll, geht nochmals einen Schritt weiter. In diesem „Plug-in-Hybrid mit Range Extender“ dient der Verbrennungsmotor als Generator, der Strom für den elektrischen Antrieb erzeugt.
Lässt man den Verbrennungsmotor ganz weg, landet man beim batteriebetriebenen Elektroauto. Dieses fährt herrlich leise, das enorme Drehmoment macht Spaß. Allerdings ist schon nach 120 bis 180 Kilometern Schluss, die Betankung dauert acht Stunden. Es gibt auch eine Schnellladung in zwei bis drei Stunden, diese tut aber der teuren Batterie nicht gut. Bleibt als letztes, technisch inzwischen sehr ausgereiftes Konzept die Brennstoffzelle. Wasserstoff statt Batterie – das sorgt für eine Reichweite von etwa 500 Kilometern. Das Problem sind die hohen Kosten und die Herstellung des Wasserstoffs. „Wenn sie das mit Öl oder Kohle machen, können sie es gleich bleiben lassen“, sagte Diez.
Als „Traum“ beschrieb er den Plug-in-Hybrid, dessen Range Extender aus einer Brennstoffzelle besteht – der Strom für die Batterie und der Wasserstoff für die Brennstoffzelle könnten beide regenerativ erzeugt werden. Dieser Traumantrieb, den es bisher nur im VW-Prototyp „Space Up“ gibt, hat nur einen Nachteil: Er ist im Moment kaum zu bezahlen.
Der Vorteil des Stroms besteht darin, dass er auf ganz verschiedene Weisen erzeugt werden kann. Wie das geschieht, entscheidet über die Ökobilanz des Elektroautos. Ein elektrischer Mini E, betrieben mit dem deutschen Strommix, bringt es auf einen CO2-Ausstoß von 87 Gramm. Würde er in Norwegen fahren, wären es dank der intensiven Nutzung der Wasserkraft nur sechs Gramm. China setzt für seine Elektroautos auf wenig ökologischen Strom aus Braunkohle und Atomkraftwerken.
Bis sich ein Elektroauto gegenüber einem Dieselfahrzeug rechne, so Diez, brauche es heute 273 000 Kilometer, beim Benziner 179 000 Kilometer. Koste der Treibstoff im Jahr 2020 das Doppelte wie heute und die Batterie die Hälfte, sänken die Werte aber auf 49 000 und 38 000 Kilometer. Fazit: „Das Elektroauto wird kommen, aber es wird seine Zeit brauchen.“ Ein Elektroauto müsse jedoch eigenständig entwickelt werden, ein „umgebautes“ ehemaliges Verbrennungsfahrzeug nutze das Potenzial nicht optimal aus. Noch 2030, so Diez’ Schätzung, werde in 60 Prozent aller Autos ein Verbrennungsmotor sein. Dessen Stärke, vor allem beim Diesel, liege bei der Langstrecke, die Stärke des Elektroantriebs in der Stadt. Die Brennstoffzelle decke alles ab – zumindest theoretisch.
Beim Elektroantrieb, das machte Diez klar, geht es um weit mehr als um einen neuen Motor, es geht um ein Gesamtkonzept. Von der Tankstelle bis zum Recycling werde sich alles ändern, auch die Steuererhebung. Da werde der Finanzminister schon auf neue Ideen kommen, meinten einige Zuhörer.
Wer ein Elektroauto will, dem rät Diez, sein bisheriges Auto noch fünf bis acht Jahre zu fahren. Vielleicht sollten ja auch ein Teil der „sehr hohen Sicherheits- und Komfortansprüche“, die Diez beobachtet, auf den Prüfstand.