Kreis Esslingen. „Die Geothermie hat Zukunft“, sagt Thomas Mühleisen. Der Sprecher der Esslinger Architekten, die sich in einem Planungsbeirat mit städtebaulichen Fragen beschäftigen, nennt lediglich eine Einschränkung: „Ob es die optimale Lösung ist, hängt immer von den genauen Umständen ab.“ Solch positive Urteile aus dem Munde eines Fachmannes waren in den vergangenen Jahren nicht selbstverständlich. Die Erdbewegungen, die in einigen Städten mit dem Rückgriff auf diese Energie verbunden waren, haben das Vertrauen erschüttert. Jetzt kehrt es zurück.
Die neue Vorsicht, die im Umgang mit diesem Thema herrscht, ist allerdings unübersehbar. Zwei Beispiele in Esslingen veranschaulichen Chancen und Risiken der Geothermie. In Zollberg-Süd sondiert Festo die Möglichkeiten, ein neues Technologie- Center mit Erdwärme zu heizen und zu kühlen. Die bisherigen Erfahrungen in Berkheim ermutigen die Verantwortlichen, diese umweltfreundliche und kostengünstige Quelle auch anzuzapfen, wenn der Standort in den nächsten Jahren kräftig erweitert wird. Probebohrungen sollen klären, ob die Geothermie erneut eine realistische Option darstellt.
Während nach Ansicht der Fachleute in diesem Fall die Chancen im Vordergrund stehen, überwiegen in der Neuen Weststadt die Risiken. Obwohl dort ein ehrgeiziges Konzept verfolgt wird, das auf regenerative Energie setzt, spielt die Erdwärme keine Rolle. Nur 30 Meter unter der Erdoberfläche beginnt der gefürchtete Gipskeuper. Dieses Wissen veranlasst die Behörden, die aus den Erfahrungen in Staufen, Leonberg und Renningen gelernt haben, zu größter Vorsicht.Um auf Nummer sicher zu gehen, werden Probebohrungen erst gar nicht ins Auge gefasst.
Weil die Lehren aus der Vergangenheit gezogen worden sind, sieht die Firma Dietrich in Weilheim die Geothermie wieder auf einem guten Weg. Sie gehört in der Region Stuttgart zu den Branchenführern. Torsten Weyhrauch als zuständiger Betriebsleiter beansprucht für sein Unternehmen, sich schon immer an strenge Sicherheitsstandards gehalten zu haben. Die neuen Leitlinien, die von der Branche gemeinsam mit dem Land erarbeitet worden sind, wertet aber auch er als wichtigen Fortschritt. Er sei geeignet, das Vertrauen zu stärken.
Weyhrauch ist überzeugt: „Wenn diese Vorschriften von allen Firmen beachtet worden wären, hätte es die negativen Schlagzeilen gar nicht geben müssen.“ Als wichtigen Fortschritt stuft er eine neue Messtechnik ein, die in Weilheim entwickelt worden ist. „Sie erlaubt es, alle Vorgänge optimal zu überwachen.“ Der Betriebsleiter sieht folglich gute Voraussetzungen für einen weiteren Aufschwung. Für ihn steht dabei fest, dass an der Geothermie kein Weg vorbeiführt, wenn die hochgesteckten Ziele der Energiewende erreicht werden sollen.
Noch spielt die Erdwärme im Kreis Esslingen eine Nebenrolle. Der Anteil der Wohnungen, die mit dieser Energie versorgt werden, dürfte nur ein Prozent betragen. Aktuelle Zahlen könnten aber durchaus dazu angetan sein, die Anhänger in ihren Hoffnungen zu bestärken. Wie Ulf Stein vom Wasserwirtschaftsamt mitteilt, nutzen im Landkreis Esslingen aktuell 1 023 Anlagen die Erdwärme. 452 weitere befinden sich in der Genehmigungs- oder Bauphase. Stein spricht von einer „stabilen Entwicklung“ merkt aber an, dass der Markt sehr empfindlich auf negative Nachrichten reagiert.
Bei der Geothermie handelt es sich um Wärme, die in der Erdkruste gespeichert ist. Sie wird vor allem für Heizzwecke genutzt. Für den Hausgebrauch werden Bohrungen durchgeführt, die bis maximal 400 Meter in die Tiefe reichen. Meistens werden Erdwärmesonden in den Boden getrieben. Eine Pumpe befördert kaltes Wasser in die Tiefe, wo es sich erwärmt. Anschließend wird es wieder nach oben gepumpt. Die Technik kann auch zur Kühlung eingesetzt werden. Rechenbeispiele kommen zu dem Ergebnis, das sich die Investitionen innerhalb von sechs bis zehn Jahren amortisieren. Zusätzlichen Aufwendungen für die Bohrungen stehen günstigere Betriebskosten gegenüber