Kirchheim. Auf den ersten Blick könnte man sie für eine ganz normale Schulklasse halten. Doch wenn man genauer hinschaut, fragt man sich: Wieso stehen Dinge wie „Pizza essen“ auf dem Stundenplan? Weshalb sprechen die Schüler auf englisch, spanisch und italienisch miteinander? Und was ist so wichtig, dass Kameras das Ganze filmen? Die Erklärung dafür ist einfach: Im Rahmen des „Comenius“-Projekts sind in der vergangenen Woche Schüler aus ganz Europa zu Gast an der Jakob-Friedrich-Schöllkopf Schule (JFS) gewesen. Unter dem Motto „A trip across Europe“ haben sie in Gruppen Präsentationen über ihr Land erstellt.
Bereits seit 1999 ist die Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule Schauplatz von Comenius-Projekten. Alle zwei Jahre bewirbt sie sich für die Teilnahme. Jeweils die elfte Klasse mit dem Profil „Global Studies“ darf aktiv mitmachen. Das heißt, die Schüler haben die Möglichkeit, in die Länder zu reisen, mit denen ihre Schule eine Gruppe bildet. Dort wohnen sie in einer Gastfamilie, bearbeiten in internationalen Arbeitsgruppen eine Aufgabe und präsentieren diese anschließend. Nach der Arbeit gibt es ein buntes Programm, bestehend aus Exkursionen zu Sehenswürdigkeiten und anderen gemeinsamen Unternehmungen.
Für die Schüler fallen dabei keinerlei Kosten an: Alles wird von der Europäischen Union (EU) bezahlt. So haben auch Jugendliche aus finanziell schwachen Familien die Chance, an den Reisen teilzunehmen. Das Ziel der Comenius-Projekte, die es auch an anderen Schulen und Schularten gibt, ist die Förderung der europäischen Zusammenarbeit im Bereich Bildung.
In der letzten Woche war Deutschland Gastland der Ländergruppe, zu der die JFS bei diesem Projekt gehört. Schüler aus Österreich, Italien, der Türkei, Spanien, Frankreich, der Slowakei und Holland waren für eine Woche Teil der Kirchheimer Schule. Was das Projekt diesmal ist? „Wir haben ein Reisebüro gegründet“, erklärt eine der zuständigen Lehrerinnen des Wirtschaftsgymnasiums. Dieses imaginäre Reisebüro hat „Zweigstellen“ in den teilnehmenden Ländern; die Schüler repräsentieren bei den Treffen ihr jeweiliges Land bei Aufgaben, die ihre Lehrer ausgewählt haben. In Frankreich mussten die Schüler Situationen, wie zum Beispiel die Begrüßung oder das Verhalten in einem Restaurant, landestypisch darstellen. Die Aufgabe in Deutschland war es, eine kleine Präsentation über das eigene Land vorzubereiten.
Daniel aus Spanien zeigt auf seinem Plakat Bilder seiner Heimat Málaga. Er will von Paella und dem Strand erzählen. Der Unterschied zwischen Deutschland und Spanien sei vor allem die Temperatur. „Dort hat es 20 Grad, hier ist es kalt!“, sagt er und demonstriert, dass er drei Kleidungsschichten übereinander anhat. Kornelia aus der Slowakei möchte sehenswerte Orte und ein typisches Gericht ihres Landes präsentieren: Dumplings mit Schafsmilch und Kartoffeln. Die Deutsche Paulina findet das Brandenburger Tor, den Fischmarkt in Hamburg und das Oktoberfest in München erwähnenswert. Für sie als Muttersprachlerin ist die Verständigung auf Englisch, der gemeinsamen Sprache aller Schüler, kein Problem. Für die anderen Schüler wohl auch nicht. „Viele sprechen besser Englisch, als ich dachte“, sagt sie anerkennend.
Pauline aus Frankreich hat das Glück, schon zum dritten Mal mit dem Comenius-Projekt verreisen zu dürfen, denn an ihrer Schule ist es eine AG, keine ganze Klasse, die daran teilnimmt. Außer in Kirchheim war sie schon in Málaga und Bratislava dabei und kennt daher viele der anderen Schüler. An der JFS kann jeder nur einmal verreisen – wer das beim jeweiligen Land ist, bestimmt das Los. Denn es können bei jeder Reise lediglich vier Schüler mit zwei Lehrern mitkommen. Die anderen besuchen ganz normal den Unterricht. Mit Deutschland als Gastland haben nun mehr Jugendliche die Gelegenheit, zwar nicht direkt an der aktuellen Aufgabe mitzuarbeiten, jedoch zumindest einen Gast bei sich zu Hause aufzunehmen. Viel Zeit bei den Gastfamilien verbrachten die ausländischen Schüler allerdings nicht: Vormittags wurde in der Schule an den Präsentationen gearbeitet, nachmittags und abends ging es unter anderem nach Heidelberg, ins Stuttgarter Daimler-Museum und zum Bowling. Am letzen Tag hatten die Jugendlichen sogar eine Verabredung mit der Kirchheimer Oberbürgermeisterin Matt-Heidecker. Das nächste und letzte Zusammentreffen unter dem Motto „A trip across Europe“ wird vier Schüler der JFS in die Niederlande führen.