Kronzeuge wird nur über Video-Konferenz vernommen
Ex-PKK-Mitglied gefährdet

Der Kronzeuge im Musiknacht-Prozess darf nur per Video­konferenz vernommen werden. Dies­ entschied am Donnerstag die Stuttgarter Schwurgerichts­kammer.

Nürtingen. Auch am zehnten Prozesstag versuchten die neun Verteidiger erneut vergeblich mit Anträgen zu erreichen, dass der Kronzeuge in öffentlicher Hauptverhandlung selbst erscheinen muss, um sich den Fragen aller Beteiligter direkt zu stellen. Der Zeuge der Anklage, der als ehemaliges Mitglied der in Deutschland verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK über Interna einer PKK-Jugendorganisation berichten soll und der offensichtlich auch über die Vorbereitungen des nächtlichen Nürtinger Angriffs Bescheid weiß, fürchtet allerdings um sein Leben. Das Argument der Verteidiger, man könne ihn im Verhandlungssaal des Stammheimer Mehrzweckgebäudes gut genug vor Übergriffen schützen, wies die Strafkammer zurück.

Der Zeuge soll einer der Mittäter gewesen sein, die in der Nacht zum 8. Mai letzten Jahres in Nürtingen mehrere türkischen Gäste eines Lokals in der Bahnhofstraße überfielen (wir berichteten). Ob gegen ihn überhaupt noch verhandelt wird, ist offen. Für den Staatsanwalt ist viel wichtiger, dass der 28-Jährige als Kronzeuge - er hat sich selbst dazu angeboten - über die Hintergründe der Tat-Absprachen berichten kann, bei denen er damals als PKK-Gebietsverantwortlicher für Stuttgart anwesend war.

Weil er sich jetzt als Zeuge anbot, gäbe es für ihn eine besondere Gefährdungslage, da er als PKK-Aussteiger sozusagen ein „Verräter“ ist, und sogar mit seinem Tod zu rechnen habe. Immerhin habe der Zeuge bereits in LKA-Vernehmungen über die internen Strukturen der PKK ausführliche Angaben gemacht. Das Argument der Verteidiger, den Mann öffentlich zu vernehmen und ihn zur Sicherheit mit einem Helikopter einfliegen zu lassen, lehnten der Staatsanwalt und auch die Richter entschieden ab. Die Schwurgerichtskammer ging in ihrem gestrigen Beschluss, den Mann ausschließlich über eine Video-Konferenz zu vernehmen, zum Thema Zeugen-Sicherheit noch einen ganzen Schritt weiter: Sie entsprachen einem Antrag des Landeskriminalamts, dem Zeugen keinerlei Fragen nach seinem Namen, seiner Herkunft und seinem derzeitigen Wohnort zu stellen. Für die Verteidiger stellte dies aber kein Problem dar. Rechtsanwalt Stefan Holoch, der den Hauptangeklagten vertritt, meinte: „Wir wollen nicht wissen, wie der heißt, sondern wir wollen wissen, was er zum Thema Musiknacht-Überfall zu sagen hat.“

Laut Kammer-Beschluss wird der Zeuge am 24. Februar zwar in das Gebäude des Stuttgarter Landgerichts gebracht, dort aber in einem gesonderten und gesicherten Raum per Video-Konferenz vernommen. Möglicherweise dauert seine Vernehmung sogar mehrere Tage, wie im Terminplan der Schwurgerichtskammer nachzulesen ist.