Auf Einladung des Kirchheimer Kunstvereins stellen sich bei „56 km“ Möglinger Künstler im Kornhaus vor
Fünf Künstler – eine Ausstellung

Kirchheim. Seinem Bestreben, den überregionalen Austausch mit Kunstschaffenden zu intensivieren, bleibt der Kirchheimer Kunstverein 


auch mit seiner aktuellen Ausstellung treu. Unter dem Motto „56 km“ stellen fünf Künstler aus dem Umkreis von Möglingen im ersten Obergeschoss des Kirchheimer Kornhauses aus. Der Ausstellungstitel verweist auf die Länge der Wegstrecke, die zwischen der Teckstadt und der Gemeinde im Landkreis Ludwigsburg liegt. Die Abkürzung „km“ lässt sich zudem mit den Anfangsbuchstaben beider Kommunen assoziieren.

In ihrem Grußwort kam Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker insbesondere auf den gesellschaftspolitischen Auftrag der Kunst zu sprechen, der gerade in der Kulturregion Stuttgart in signifikanter Vielfalt zum Ausdruck komme.

Von Barockviolinist Bernhard Moosbauer musikalisch geschmackvoll umrahmt, brachte Kunsthistoriker Peter Lauck den Vernissagegästen die ausgestellten künstlerischen Positionen näher. Einen „Dialog zwischen Künstler und Material“, den Sensibilität und handwerkliche Meisterschaft prägten, stellte der Laudator im Gegenüber mit den Arbeiten Gerhard Pflugfelders fest. Der Künstler bearbeitet Holzblöcke skulptural, bezieht aber die Lebendigkeit des frischen Holzes in den Entstehungsprozess mit ein. Rissbildung, Verfärbung und Volumenveränderung nutzt Pflugfelder somit als eigenständige, nicht zur Gänze kalkulierbare Parameter, die zur endgültigen Gestalt seiner Objekte beitragen. Mit der Titelgebung verleiht Pflugfelder den Werken eine spezifische Historie, misst ihnen eine Rolle zu. Ahorn begegnet als „Baumpflegeopfer“, Birkenholz wird als „Verkehrssicherungspflichtopfer“ ausgewiesen, weitere Hölzer sind mit der Bemerkung „Hausgartenwachstumsobergrenze überschritten“ versehen.

Aus der Fläche in den Raum hinein arbeitet Margit Lehmann, indem sie figürliche Umrisse aus Blechen schneidet, diese dann mittels Biegen aus der zweidimensionalen Verhaftung ins Räumliche befreit. „Es entsteht ein fast zwittriges Etwas“, stellte Peter Lauck fest, „eine geformte Fläche, die sich aus der ungeformten abhebt, sich gegen diese verwindet“. Selbstständig aktiviert der Betrachter seine Deutungsmuster, liest und ergänzt den kunstvollen Verbund einzelner Blechstreifen als organischen Zusammenhang menschlicher Gliedmaßen. „Mit dem Biegevorgang erweitert Margit Lehmann auch unsere Wahrnehmung aus der Fläche in den Raum“, war sich der Kunsthistoriker sicher.

Mit Buchobjekten und Tafelbildern ist Günther Sommer vertreten, der neben seiner künstlerischen Tätigkeit auch das Ausstellungsleben in der Möglinger Zehntscheuer kuratorisch betreut. Peter Lauck wies auf die Vielfalt des sich in den Exponaten eröffnenden „Bilderstroms“ hin: „Felder, Flächen, Wesen und Formen sowie Figuren, in denen wir mitunter archaische Idole afrikanischer Kunst zu erkennen meinen“. So entstünden teils rätselhafte, farbintensive Tableaus, aus deren Fülle jeder Betrachter sein eigenes „Storyboard“ zusammenfügen könne.

Figuren und menschliche Beziehungen sind zentrale Themen in den Bildern von Marlis Albrecht. Im Laufe der Jahre hat die Künstlerin den malerischen Umgang mit Wachs und Wachstempera vervollkommnet und schafft durch kunstvolle Farbschich­tungen eine beeindruckende Bandbreite von Oberflächen- und Tiefenwirkungen. Die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer lenkte Lauck auf die ironischen Wortspiele der Werktitel, die dem Betrachter eine „amüsante Hilfe“ seien, den „mimischen Dialekt“ der Figuren zu deuten, dem der Laudator auch „eine Prise Sarkasmus“ attestierte.

Linie, Fläche und kühle Farben hingegen dominieren in den Bildwelten von Sibylle Möndel, die Lauck als „subtil ausbalancierte Kompositionen“ würdigte. Reiche Abstufungen von Grau und eine zurückgenommene Farbigkeit ließen auf eine skeptische Weltsicht schließen, in der „der flüchtige Eindruck des Unterwegsseins im Leben“ als hintergründiges Thema mitschwinge. Im Malprozess der flächig konzipierten Bilder mischten sich immer wieder unbeabsichtigte, von der Künstlerin jedoch zugelassene Tiefenwirkungen hinein, die Anklänge an Landschaften hervorbrächten.

Die Ausstellung „56 km“ des Kirchheimer Kunstvereins ist bis einschließlich Sonntag, 13. Mai, im Kornhaus zu sehen. Am Sonntag, 6.  Mai, konzertieren Bernhard Moosbauer und Andreas Scheufler unter dem Motto „Von Stockholm nach Rom“ mit einem Barockkonzert in den Räumen der Galerie. Beginn des Konzerts ist um 19.30 Uhr.