Ostfildern. Wegen Mordes ist ein 55 Jahre alter Mann aus Ostfildern-Kemnat zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die 19. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart sah es als erwiesen an, dass er seine damals 34-jährige Ehefrau am 7. August 2021 zwei Mal mit einer Pistole in die Brust geschossen hat; wenig später starb die Frau an ihren schweren Verletzungen. Die Tat sei geplant gewesen, sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung am Montag. Außerdem habe der Ostfilderner seine Frau aus niedrigen Beweggründen getötet. „Das Tatbild unterstreicht den absoluten Vernichtungswillen“, begründete der Richter das Urteil.
Als das Urteil verlesen wurde, war es einen Augenblick unruhig im Saal. Einige Zuschauer waren offenbar erleichtert und zufrieden mit der Entscheidung des Schwurgerichts. Derweil saß der Verurteilte regungslos auf seinem Stuhl. Positiv bewertete das Gericht, dass der 55-Jährige die Tat eingeräumt habe, erklärte der Vorsitzende. „Aber sie sind verantwortlich dafür, dass ihren geliebten Kindern nicht nur die Mutter genommen wurde, sondern auch der Vater.“
Die Tat hatte sich im August des vergangenen Jahres in einer Wohnung in Ostfildern-Kemnat ereignet. Dort lebten Täter und Opfer zusammen mit ihren beiden sechs und acht Jahre alten Töchtern, um die sich der 55-Jährige nicht kümmerte. Mehrere Monate zuvor hatte sich die 34-Jährige von ihm getrennt, lebte allerdings weiterhin mit den Mädchen in der gemeinsamen Wohnung. Immer wieder sei der Ostfilderner seiner Frau gegenüber gewalttätig geworden, hieß es in den Ausführungen des Gerichts. Während er in den Kontakten ihres Smartphones als „Meine Welt“ eingespeichert war, hieß sie in den seinen „Hure“.
Am 7. August gipfelten die ständigen Streitigkeiten laut dem Gericht in einem Mord. Die 34-Jährige wollte die Scheidung und das Sorgerecht der Kinder – und der 55-Jährige das offenbar verhindern. Deshalb habe der Mann Kleidung, Bargeld und Medikamente zusammengepackt, seine Pistole, die sich illegal in seinem Besitz befand, mit einem gefüllten Magazin geladen, ein weiteres Magazin mitsamt Patronen hatte er ebenfalls bei sich – damit ging er zu seiner Frau ins Wohnzimmer. Diese hatte die Kinder bereits ins Bett gebracht. „Nein, bitte nicht“, habe sie gerufen, als sie den 55-Jährigen mit der Waffe erblickte. Kurz darauf fielen die beiden Schüsse kurz hintereinander.
Nur teilweise glaubte das Gericht den Schilderungen des Angeklagten. So bezeichnete es unter anderem seine Version, wonach es sich bei dem Vorfall um einen Unfall gehandelt habe, als „Schutzbehauptungen“ und „Nebelkerzen“. Als unglaubwürdig bewertete die Kammer zudem, dass der Mann Koffer und vollgetankten Wagen bereitgehalten habe, um einen Freund zu besuchen. Auch der Alkoholwert, den er im Blut hatte, reichte nicht aus, um sich strafmildernd auszuwirken. Der Richter sagte, er sei voll steuerungsfähig gewesen.
Nun muss der 55-Jährige mindestens 15 Jahre in Haft. Die besondere Schwere der Schuld stellte das Gericht nicht fest. Zum einen hat er das Tatgeschehen eingeräumt, ist nicht vorbestraft und es handelt sich um eine Beziehungstat. Der Ostfilderner hat nun die Möglichkeit der Revision. Dominic Berner