Neuffen/ Stuttgart. Am zweiten Prozesstag kam heraus, dass der Mann ein bizarres Sexverständnis hat und Wert auf extrem dominante Partnerinnen legt. Dazu gehörten auch seine Opfer. Die 27-jährige Frau im Zeugenstand ist gesprächig. Es ist eine der vom Angeklagten auserkorenen Prostituierten, der er aber nicht die 550 Euro für den bizarren Sex bezahlte, sondern sie laut Anklage am Hals würgte und später sogar auf der Fahrt von Neuffen nach Stuttgart aus seinem Auto geworfen habe.
Die Zeugin berichtet von Fesselspielen, die der 34-Jährige von ihr verlangte. Nicht die normalen Fesselungen, sondern das Extreme. „Darauf stand er“, sagt sie in Richtung Richterbank und erzählt weiter: „Es gab das Vorgespräch, dann hätte er eigentlich zahlen müssen. Doch das umging er, indem er sofort über mich herfiel . . .“ Also habe sie das Kassieren auf das Ende der Sitzung verlegt. Dann forderte der Angeklagte das Extreme – fesseln und verbal erniedrigen. Um Sex sei es ihm eigentlich gar nicht gegangen. Darauf komme es bei Sadomasochismus gar nicht an, klärt die Zeugin die Richter auf.
Dafür habe der Angeklagte sie danach am Hals gewürgt. Er habe sich auf sie gekniet und sie habe nur noch eines denken können: „Jetzt werde ich sterben“. Ihr letzter Gedanke sei bei ihrer kleinen Tochter gewesen. Luft habe sie nicht mehr bekommen und vor Schmerzen am Hals zeitweise nicht mehr reden können. Die Verletzungen, die sie durch ihn erlitten habe, seien an der Schulter, den Armen und am Hals entstanden. Der Staatsanwalt nennt den Vorgang „versuchter Totschlag“. Die Zeugin erklärt weiter: Diese Art der sexuellen Dienstleistungen fordern immer mehr Kunden. Der Freier fordere die straffe Fesselung und dann das verbale Erniedrigen. Dazu käme dann noch eine „Atemreduktion“ mit einer Plastiktüte über dem Kopf.
Die Persönlichkeit des Angeklagten gibt auch dem psychiatrischen Gutachter Rätsel auf, nachdem der Beschuldigte erzählte, er habe als Jugendlicher sich mal selbst in seinem Zimmer an Händen und Füßen gefesselt, sei dann aber nicht mehr herausgekommen. In diesem Augenblick sei seine Mutter ins Zimmer gekommen, was ihm peinlich gewesen sei.
Der Angeklagte selbst ist verlobt, worauf er bei den Angaben „zur Person“ besonderen Wert legt und auch darauf, dass er mit seiner Verlobten erst nach der Hochzeit Sex haben werde. Man schlafe vorher noch in getrennten Betten. Dieses Verhalten wird der Gutachter noch im Verlauf des Verfahrens genau beschreiben.
Das Gericht hat noch mehrere Verhandlungstage bis Ende Juni angesetzt, um die Hintergründe sowohl zur Psyche des Angeklagten als auch den ihm zur Last gelegten Vorwürfen zu erforschen.