Lenningen. „Da kommen sie“, rief ein kleiner Junge, der zusammen mit vielen anderen Zuschauern vor der Halle stand, um die Schauübung aus nächster Nähe zu verfolgen. Einsatzleiter Falk Holder sprang aus seinem Wagen und erkundete zunächst den Ort des Geschehens. Als kurz darauf seine Kameraden von der Abteilung Lenningen eintrafen, erteilte er ihnen wichtige Instruktionen für die Brandbekämpfung. In Windeseile wurden die Schläuche ausgerollt und Verteiler für die Wasserversorgung gelegt. Aus dem Werkskanal der Papierfabrik Scheufelen pumpten die Feuerwehrleute mit einer Tragkraftspritze etwa 800 Liter Wasser pro Minute zum Einsatzort.
In der Küche der Turn- und Festhalle – so die Übungsannahme – war es zu einem Fettbrand gekommen. Der Koch hatte versucht, das Feuer mit Wasser zu löschen. „Da brennendes Fett oder Öl bereits bei seiner Entzündung über hundert Grad Celsius heiß ist und damit heißer als siedendes Wasser, verdampft das zugegebene Wasser schlagartig“, erklärte Jochen Mendl. „Dadurch wird das brennende Fett mit dem Wasserdampf aus dem Behälter gerissen und kommt fein verteilt mit dem Sauerstoff der Luft in Berührung.“ Während die Flüssigkeitsoberfläche des brennenden Fettes relativ gering ausfällt, wird sie durch den entstehenden Wasserdampf schlagartig vergrößert und in feinste Tröpfchen zerstäubt, wie der Kommandant der Abteilung Lenningen weiter ausführte.
Ähnlich der Verbrennung in einem Dieselmotor zünden die kleinsten Tröpfchen zuerst, heizen ihre Umgebung und benachbarte Fetttröpfchen auf und steigen mit der durch sie erhitzten Luft nach oben. „Dadurch entsteht bei freier Entfaltung eine charakteristische Säule über der Brandstelle, die sich zu einem Pilz formt“, sagte Mendl. „Es kommt zur Fettexplosion, die zum Brand führt.“ Die Turn- und Festhalle im Heerweg war entsprechend verraucht. Die Kameraden konnten im Inneren des Gebäudes teilweise nicht einmal die Hände vor Augen sehen.
Vorsichtig öffneten die Atemschutzgeräteträger Daniel Schmid und Michael Schmierer die Küchentür einen Spalt und gaben mit dem Strahlrohr einige Wasserstöße an die Decke ab, um die Temperatur im Raum zu senken. „So wird eine Rauchgasdurchzündung verhindert, also das plötzliche Durchzünden und Abbrennen von Pyrolysegas. Dieses entsteht, wenn Einrichtungsgegenstände so erhitzt werden, dass sie brennbare Gase absondern“, erklärte der Kommandant der Feuerwehr Lenningen, Michael Eberle. Daniel Schmid und Michael Schmierer gingen aufgrund der starken Rauchentwicklung in die Hocke und durchsuchten so die Küche nach Personen. Als sie den Koch, eine rund 80 Kilogramm schwere Puppe, gefunden hatten, trugen sie ihn ins Freie und übergaben ihn der Bereitschaft Lenninger Tal des Deutschen Roten Kreuzes.
Unterdessen brachten die Floriansjünger von der Werkfeuerwehr der Papierfabrik Scheufelen über die Drehleiter die im Obergeschoss eingeschlossenen Jugendlichen in Sicherheit. Darüber hinaus sorgten sie für einen zweiten Rettungs- und Sicherungsweg. Dazu brachten die Kameraden den Tragekorb der Drehleiter an einem der oberen Fenster in Position. „Denn wenn der Rückweg im Gebäudeinneren abgeschnitten ist, muss die Selbstrettung der Atemschutzgeräteträger sichergestellt sein“, sagte Georg Preu, Kommandant der Werkfeuerwehr. Auch die Abteilung Brucken der Freiwilligen Feuerwehr Lenningen war vor Ort. Sie evakuierte über den Balkon der Turn- und Festhalle eingeschlossene Menschen.
Nach etwa 25 Minuten war die Übung beendet. Bis zum Eintreffen der ersten Einsatzkräfte waren nur sechs Minuten verstrichen. „Das ist eine hervorragende Leistung“, bilanzierte Bürgermeister Michael Schlecht. „Sechs Minuten sind nicht viel Zeit, wenn man bedenkt, dass die Feuerwehrleute im Brandfall erst einmal von zu Hause oder dem Arbeitsplatz zum Gerätehaus fahren, sich umziehen und dann noch zum Einsatzort fahren müssen.“
Der Rathauschef hielt es für wichtig, dass die Floriansjünger den Ernstfall an einem öffentlichen Gebäude wie der Turn- und Festhalle probten. Denn wenn es wirklich brennt, könnten sich in der Vielzahl der Räumlichkeiten Personen befinden, die man dort unter Umständen gar nicht vermutet hätte. „Daher ist es wichtig, dass sich die Einsatzkräfte im Rahmen von Übungen mit dem Gebäude vertraut machen und Abläufe trainieren“, sagte Schlecht. Auch am Samstag stieß Falk Holder bei seiner Ersterkundung im hinteren Teil der Turn- und Festhalle auf Menschen, die nicht Bestandteil der Simulation waren. „Unter Umständen bekommen die Leute vom Brand und vom Feuerwehreinsatz gar nichts mit“, erklärte Holder. „Umso wichtiger ist es, dass die Kameraden entsprechend sensibilisiert sind. Und das haben sie bei dieser Übung erfolgreich unter Beweis gestellt.“