Festgottesdienst mit Bischof Dr. Gebhard Fürst
„Flüchtlinge annehmen“

Die Begriffe Heimat, Tracht und Europa standen am Wochenende als Klammer über Wendlingens Stadtfest, dem Vinzenzifest. Ein Fest, das am Samstag bei herrlichem Sommerwetter eröffnet wurde und am Sonntag schier im Regen unterging. Die Wendlinger und ihre Gäste aber machten das Beste daraus. Und da zahlten sich die gute Vorbereitung und der engagierte Einsatz der Vereine aus.

Wendlingen. Größer hätten die Gegensätze nicht sein können: am Samstag herrliches Sommerwetter, das bei der Festeröffnung am Nachmittag unter den Platanen des Saint-Leu-la-Forêt-Platzes für eine ganz besondere Atmosphäre sorgte. Gestern dann, am Sonntag, Dauerregen. Der hatte schon in den ganz frühen Morgenstunden eingesetzt und den ganzen Tag nicht aufgehört. Die Verantwortlichen sahen sich am Ende gezwungen, den Festumzug ganz abzusagen. Zum ersten Mal in den 63 Jahren Vinzenzifest. Bald 40 Gruppen hatten sich für den Umzug gerüstet.

Eröffnet wurde das Vinzenzifest am Samstagnachmittag unter dem schattigen Dach der Platanen des Saint-Leu-la-Forêt-Platzes mit einem bunten Brauchtumsfest, mit Musik, Tänzen. Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel begrüßte die vielen Gäste. Harald Wenig, Vorsteher des Landesverbandes der Egerländer Gmoin, Gottfried Rohrer, Vorsitzender des Landesverbandes der Heimat- und Trachtenverbände, Reinhold Frank von der Arbeitsgemeinschaft der Sing-, Tanz- und Spielkreise, Marianne Hinterbrandner vom Altbayrisch-Schwäbischen Gauverband und Lothar Schindler, der Sprecher der Wendlinger Vereine und Organisationen, sprachen Grußworte. Wendlingens LauterBläser sorgten für den musikalischen Rahmen – abwechselnd mit Aktiven des Stuttgarter Saitenspiels.

Bis zum Abend und dem Spiel der Party-Schwaben auf dem Wendlinger Marktplatz, sorgte der Auftritt zahlreicher Trachten- und Plattlergruppen aus dem Südwestdeutschen Gauverband für ein buntes Programm unter freiem Himmel.

Auch wenn die sonntägliche Prozession mit der Reliquie des Heiligen Vinzenz ausfiel, der Festgottesdienst in Sankt Kolumban geriet nicht zuletzt durch den Besuch des Bischofs der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Dr. Gebhard Fürst, zum Höhepunkt des Festes und beeindruckte die Besucher stark. Der Bischof sprach von gemischten Gefühlen, von Traurigkeit, von Betroffenheit, die ihn beschleiche angesichts der Millionen von Flüchtlingen und der aktuellen Konflikte in Syrien, im Osten des Irak, im Sudan, in Palästina oder in der Ukraine. Der Bischof erinnerte an den Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939, an die über 55 Millionen Menschen, die ihr Leben verloren haben, an die vielen Flüchtlinge und Heimatvertriebenen. Jetzt wiederholten sich Flucht, Vertreibung, Hunger und Angst erneut – „das macht mir zu schaffen“.

Die Geschichte der Diözese sei eng verbunden mit der Geschichte derer, die als Vertriebene nach dem Krieg hierhergekommen seien. Nicht überall seien sie mit offenen Armen empfangen worden. Die Vertriebenen aber, so Bischof Dr. Fürst, „haben unserem Land gutgetan“. Pflicht der Christen heute sei es, vor Ort zu helfen, damit Flucht und Vertreibung nicht stattfänden. Und die Flüchtlinge, die zu uns gekommen seien, gelte es anzunehmen, mit allem, was sie mitbrächten.

Gestern Nachmittag wurden die im Freien geplanten Auftritte der Musik- und Volkstanzgruppen kurzerhand in den Treffpunkt verlegt.