Infoartikel
Flucht
nach vorn

Das Bauchgrimmen von Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht und den Gemeinderäten ist verständlich: 80 Flüchtlinge, vielfach traumatisiert und voraussichtlich aus ganz unterschiedlichen Kulturen, auf engstem Raum. Dazu die direkte Nachbarschaft von Menschen, die meist keine Arbeit und für sich keine Perspektive haben. Das Gelände an der Gutenberger Straße birgt Sprengstoff. Dessen sind sich auch die Entscheidungsträger bewusst. Dennoch haben sie nach zähem Ringen beschlossen, die Flucht nach vorne anzutreten und dem Kreis die Fläche für die Unterbringung von Flüchtlingen anzubieten.

Durch den Landkreis beschlagnahmte Räume kann keiner wollen. Doch weil der Kreisverwaltung bei der Suche nach Flüchtlingsunterkünften „der Kittel brennt“, wie Landrat Heinz Eininger bei jeder Gelegenheit betont, müssen die Kommunen sich aus der Deckung wagen. Eine Alternative zu dem umstrittenen Standort in der Au konnte im Lenninger Ratsgremium keiner aus dem Hut zaubern. Aufrufe, privaten Wohnraum zur Verfügung zu stellen, sind bisher ohne Echo verhallt.

Was aufhorchen lässt, ist die im Raum stehende Zahl an Flüchtlingen im hohen zweistelligen Bereich. Sollte die Sammelunterkunft tatsächlich kommen, ist zu hoffen, dass sich eine hauptamtliche Kraft um sie kümmert und sich viele Bürger ehrenamtlich einbringen, denn die Betreuung ist das A und O für ein gedeihliches Miteinander, von Integration ganz zu schweigen. Doch die ist – zumal an diesem Standort – ohnehin ein hehres Ziel.ANKE KIRSAMMER