Arbeitskreis „Schule und Wirtschaft“ zu Gast bei Schempp-Hirth – Zehn Prozent der Mitarbeiter Azubis
Flugzeuge bauen will gelernt sein

Der IHK-Arbeitskreis „Schule und Wirtschaft“ hat gestern das Unternehmen Schempp-Hirth-Flugzeugbau besucht. Das Motto des Arbeitskreises – die Stärkung der Dualen Ausbildung – ist beim Kirchheimer Traditionsunternehmen Programm: Zehn Prozent der Mitarbeiter sind Lehrlinge.

Kirchheim. Das Flugzeug, um das sich die Vertreter des Arbeitskreises Schule und Wirtschaft drängen, kostet mit 250 000 Euro so viel wie ein kleines Einfamilienhaus. Es verfügt über einen Motor, mit dem es aus eigenem Antrieb starten kann, und ist offenbar so begehrt, dass man während der Lieferzeit zwei Häuser bauen könnte. Thomas Kraja, Betriebs- und Ausbildungsleiter bei Schempp-Hirth, führt die Vertreter aus Wirtschaft und Schulen durch die Produktion und beantwortet viele Fragen. Zum Beispiel die, wie das Unternehmen es mit seinen Auszubildenden hält. „In den letzten zehn Jahren haben wir alle Azubis übernommen, weil so viele Mitarbeiter in den Ruhestand gegangen sind und wir neue brauchten“, sagt Thomas Kraja.

Laut Geschäftsführer Tilo Holig­haus, der die Gäste in der Kantine begrüßt, sind zehn Prozent der 100 Mitarbeiter Lehrlinge. Sie werden bei Schempp-Hirth zu Leichtflugzeugbauern und Industriemechanikern ausgebildet. „Das Thema Ausbildung ist für uns extrem wichtig“, sagt Tilo Holighaus. Das Unternehmen sei ein Fertigungsbetrieb, der von der Entwicklung über Prototypen bis hin zu Sonderwünschen alles übernehme. Die Leichtflugzeuge werden in Handarbeit gebaut und müssen hohen Qualitätsansprüchen genügen. „Da sind fähige und gut ausgebildete Mitarbeiter wichtig.“

Allerdings ist es laut Tilo Holighaus nicht einfach, gerade die jungen Mitarbeiter zu halten. Schuld ist seiner Meinung nach das fehlende Ansehen der Dualen Ausbildung. „Wenn man nicht studiert, wird man weniger anerkannt“, glaubt er. Das belaste die jungen Auszubildenden und bringe viele zum Grübeln, ob sie nicht doch noch ein Studium beginnen sollten. Tilo Holighaus findet das schade. „Dass ein Mitarbeiter von der Lehre bis zur Rente im Betrieb bleibt, was bei uns theoretisch möglich wäre, wird seltener“, sagt er.

Für die Duale Ausbildung werben – das ist eine der Aufgaben der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen, um die sich unter anderem Ralf Litschke kümmert. Der Arbeitskreis „Schule und Wirtschaft“ ist nur ein Baustein eines ganzen Programms, das Dieter Proß, ebenfalls von der IHK, vorstellt. „Wichtig, um junge Menschen in Ausbildung zu bringen, sind Bildungspartnerschaften“, sagt er. Jede Schule im Landkreis Esslingen, die sich eine Partnerschaft gewünscht hätte, habe mittlerweile eine. Die IHK habe 70 Ausbildungsbotschafter im Einsatz, die an Schulen für ihre Lehrberufe trommeln. Die IHK-Bewerbungsvermittlung widme sich gemeinsam mit der Agentur für Arbeit auch den „schwierigen Fällen“ und sei auch Ansprechpartner für Unternehmen, die Lehrlinge suchen. Das sind laut Proß aktuell sehr viele. „Unsere Lehrstellenbörse weist 2 000 offene Stellen auf. Das macht sichtbar, wo es hingeht“, sagt Dieter Proß mit Blick auf den sich abzeichnenden Fachkräftemangel. Dem gelte es, entgegenzuwirken. „Know-how und Ausbildung sind die einzigen Bodenschätze in Deutschland“, so Proß. Der Dualen Ausbildung sei es zu verdanken, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland bei unter drei Prozent liege – im Gegensatz zu Ländern wie Spanien und Italien. „Jeder junge Mensch soll eine qualifizierte Ausbildung erhalten. Sie sollen Teil der ‚Familie Betrieb‘ sein“, so Proß.