Geologie
Fossil aus Holzmaden erlangt Weltruhm

Wieso schreibt die New York Times über eine Versteinerung, die im Urweltmuseum Hauff in Holzmaden lagert? Die spannende Geschichte eines seltenen Sauriers, der sogar zweimal unter der Erde lag.

Das Plesiosaurus-Fossil wurde im Jahr 1940 bei Kirchheim entdeckt. Foto: Urweltmuseum Hauff

Sie sahen aus, wie das Loch-Ness-Monster häufig dargestellt wird: ein langer Hals, spitze Zähne und seitliche Flossen wie bei einer Meeresschildkröte: Plesiosaurier. Ein besonderes Fossil dieser Art, das im Magazin des Urweltmuseums Holzmaden versteckt vor den Augen der Öffentlichkeit lagert, erlangte jetzt weltweit Beachtung. Kürzlich berichteten die Frankfurter Allgemeine Zeitung und sogar die New York Times über das Fossil.

Wie kommt das? Zumal das Fossil kein neuer Fund ist, sondern bereits im Jahr 1940 in einem einstigen Steinbruch im Staatswald von Kirchheim entdeckt wurde. Angefangen hat laut Franziska Hauff alles mit Corona, nahm dann seinen Lauf mit einem ambitionierten Doktoranden aus Schweden und endet mit einem der besterhaltenen Plesiosaurus-Fossilien der Welt.

Museumsleiterin Franziska Hauff. Foto: Ines Rudel

„Während der Corona-Zeit waren wir vom Besucherstrom abgeschnitten und die Anfragen bezüglich Fossilien sind eingeschlafen“, sagt die Geologin, die in vierter Generation gemeinsam mit ihrem Bruder Bernhard Hauff das gleichnamige Naturkundemuseum leitet. Es sei eine Möglichkeit gewesen, sich für ein besonderes Projekt Zeit zunehmen. Ihr Vater, Rolf Bernhard Hauff, der das Museum damals noch leitete, hatte laut der Tochter die Idee, sich des Plesio­saurus’ anzunehmen. Der sei in diversen Kisten und Steinplatten verstaut gewesen – mal gut, mal weniger gut beschriftet.

Gemeinsam mit dem Werkstattleiter Klaus Nilkens, dem „absoluten Top-­Präparator“, wie Franziska Hauff ihn nennt, habe man im ersten Schritt versucht, die Teile des versteinerten Sauriers Stück für Stück an die richtige Stelle zu legen. „Wie bei einem großen ­Puzzle“, sagt Hauff.

Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass die brüchige Gesteinsschicht, in der der Saurier gefunden wurde, 175 bis 199 Millionen Jahre alt ist. Diese Schicht trägt die fast prosaische Bezeichnung „Schwarzer Jura“. Durch Druck in Verbindung mit Sauerstoffmangel im Schiefergestein eingeschlossen, wurde das Fossil dort konserviert. Aber kaum entdeckt, wanderte es auch schon wieder unter die Erde. Offenbar sind laut einem handschriftlichen Vermerk auf einer der größeren Schieferplatten manche der Steintafeln nach der Entdeckung im Jahr 1940 im Garten der Familie Hauff vergraben worden – zum Schutz vor den Widrigkeiten des Zweiten Weltkrieges.

Erst 2020 war es dann so weit, und die akribische Freilegung des Fossils begann. Während der Arbeit habe es schnell die erste freudige Überraschung gegeben: Der Saurier ist ziemlich vollständig. „Bis jetzt stecken mehr als 1000 Stunden Präparationszeit in dem Fossil“, berichtet Franziska Hauff. Fertig sei das etwa drei Meter lange Saurierskelett aber noch immer nicht ganz. „Die Präparation war richtig schwierig“, sagt Hauff, „ein großer Teil des Körpers war in einer Steinmutter eingeschlossen.“ Aber gelohnt habe sich die Mühe allemal, denn der Stein hat sogar Gewebe konserviert. „Leider konnte das nicht erhalten werden“, sagt Hauff.

Hier kommt nun der Doktorand aus Schweden ins Spiel: Das Gewebe wurde Miguel Marx an die Universität Lund geschickt, der es für seine Doktorarbeit analysierte. Marx identifizierte das Fossil als subadultes Individuum der Art Plesiopterys wildi und bestätigte damit die Existenz dieser Spezies. Das bisher einzige andere Exemplar – der Holotypus – ist ein Jungtier, das im Naturkundemuseum in Stuttgart ausgestellt wird.

Auf den jungen Forscher sei es auch zurückzuführen, dass es seine Entdeckung in eine der einflussreichsten amerikanischen Zeitungen geschafft hat. „Der ist gut hinterher“, sagt Hauff über Marx, der sich offenbar sehr dafür einsetzte, dass seine Publikation verbreitet wurde. Aber die Beachtung verdiene das Fossil auf jeden Fall: „Es ist eine Weltsensation, wenn man uns fragt“, sagt die Museumsleiterin.

Insgesamt gebe es weltweit nur 13 vollständige Plesiosaurier. Neben der riesigen Seelilienkolonie, die ebenfalls zu den Beständen des Museums Hauff gehört – die größte, die weltweit existiert –, sei der Plesiosaurier eines der wertvollsten Stücke mit einem immensen ideellen, wissenschaftlichen und – bedenkt man die Seltenheit und die Arbeitsstunden, die für die Präparation nötig waren – monetären Wert.

Leider kommen Besucher vorerst nicht in den Genuss, den Plesiosaurier sehen zu dürfen. „In unserem Magazin sind leider keine Besuche möglich“, sagt Hauff. Zudem fehle bislang der geeignete Platz im Museum, um dieses einmalige Stück auszustellen.