Musikalisches Kabarett über die „Efrauzipation des Mannes“
Frauen an die Macht

Weilheim. „Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen“ lautet eine unvergessene prägnante Erkenntnis von Altmeister ­Vicco von Bülow alias „Loriot“. In unzähligen


WOLF-DIETER TRUPPAT

Sketchen hat der subtile Humorist und seismografische Protokollant zwischenmenschlichen Verhaltens gezeigt, dass das nun einmal so ist.Da Loriot für diese von ihm glasklar erkannte fundamentale Fehlfunktion menschlichen Zusammenlebens keine wohlfeilen Lösungen anbieten konnte, beschränkte er sich auf unzählige Verhaltensbefunde aus der Welt seiner Knollennasen-Menschen und stellte sie in seinen genauso unvergessenen „Szenen einer Ehe“ auch schauspielerisch überzeugend dar. Als einzig für mögliche erachtete partnerschaftliche Beziehung idealisierte er zeitlebens die allein verlässlich funktionierende enge Verbindung eines Mannes zu einem Hund – namentlich dem Mops.

Ganze Generationen von aufstrebenden Mainstream-Comedians haben sich seither schon am allumfassenden Thema „Mann und Frau“ gerieben. Mario Barth etwa verbreitet vorwiegend Angst und Schrecken vor der Frau als unbekanntes und vor allem unbegreifliches Wesen. Schon lange füllt er ganze Fußballstadien, um mit atemloser Besessen- und Detailverliebtheit den Inhalt einer Frauen-Handtasche bis auf allerletzte humorresistente Restwerte zu durchforsten.

Sein scharfzüngiger Comedy-Kollege Ingo Appelt kehrte dagegen inzwischen dem ohne Pardon von ihm leergewitzelten Zotenreich den Rücken. Seit seinem strategisch durchaus geschickt vollzogenen Auszug aus der Macho-Ecke rühmt sich der „neue“ Ingo Appelt lautstark dafür, dass er Frauen als „Göttinnen“ versteht und huldigt ihnen devot auf seinem fragwürdigen Thron angeblich uneingeschränkter Anbetung.

Da es inzwischen auch immer mehr freche Frauen gibt, die sich erfolgreich und skrupelresistent in der Comedy-Szene tummeln, nimmt der dort gnadenlos instrumentalisierte Geschlechterkrieg an Qualität und Schärfe, vor allem auch quantitativ, immer mehr zu.

Interessante Zeichen setzt hier das ohne vorgegebene Frauenquote schon immer geschlechtsspezifisch absolut ausgewogen daherkommende und als „Theater Sturmvogel Reutlingen“ firmierende vielseitige Duo Sandra Jankowski und Frank Klaffke.

In der Weilheimer Stadtbücherei im Kapuzinerhaus, nicht zuletzt von verschiedenen vorausgegangenen Auftritten für Kinder und Jugendliche bekannt und beliebt, luden sie nun mit der unmissverständlichen Forderung „Frauen an die Macht“ uner­schrockene Erwachsene im Schutz der Dunkelheit in die Hitze der Nacht ins Steilwand-Dachgiebelzimmer des historischen Büchereigebäudes.

In komödiantisch überzeichneten albtraumhaften Szenen stellten sie sich dort mit größter Spielfreude und erkennbarem Vergnügen dem immerwährenden Kampf der Geschlechter. Die Basis ihrer gut gelaunten Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten bildete die nie infrage gestellte Objektivität gnadenlos ausgespielter Männerfantasien. Vor dem realen Hintergrund verzerrter Tagträumereien, setzten sie sich dann gewissenhaft mit den Folgen der mit aufklärerischem Feuer präsentierten „Efrauzipation des Mannes“ auseinander.

Frank Klaffke verkörperte dabei einen vom Diätwahn seiner auf hochpotente Muskelmänner programmierten Partnerin gerade noch geduldeten und von seiner eigenen erotischen und essenstechnischen Unterernährung sowie von TV-Fußball- und Alkoholentzug deutlich gezeichneten Ex-Macho. HD-Projektionen einer virtuellen Suche nach „Deutschlands Superfrau“ bereiten dem Hausmann wider Willen dabei Höllenqualen am laufenden Band.

Seine ungemein wandelbare Musik-Comedy-Theater-Partnerin Sand­ra Jankowski schlüpft in eine atemberaubende Fülle unterschiedlichster Rollen, die sich aber alle nicht dafür eignen, die Wünsche und Sehnsüchte des gegängelten Helden des Alltags zu erfüllen. Skrupelloser Witz und der Mut zu schauspielerisch Grenzen auslotender Selbstverzeichnung, befähigten Sandra Jankowski dabei, ihr erstaunliches Repertoire von der lasziv-verführerischen fem­me fatale bis hin zur leichenblassen Diät-Hysterikerin gnadenlos auszuspielen und den Mikrokosmos weiblicher Psyche nicht nur in hämische Texte, sondern auch in erschreckende Fratzen zu packen.

Bevor es aber zu unappetitlich werden konnte, steuerten die beiden bewusst provozierenden und polarisierenden Hardcore-Humoristen ohne Scheu vor Kalauern und Klischees der alle Besucher wieder versöhnenden Harmonie eines fulminanten Finales mit Happy End entgegen. Mit teilweise brachialem Humor, oft aufblitzender Originalität und zum begeisterten Mitsingen einladender Musikalität sorgten sie für kurzweilige Unterhaltung und dankbaren, lang anhaltenden Applaus.

Nie richtig infrage gestellt wurde dabei freilich Loriots These, dass Männer und Frauen nun einmal nicht zusammenpassen – und da kann zweifellos auch ein Mops nichts ausrichten . . .