Fast 800 Kandidaten stellen sich im Landkreis pro Jahr den Tests – Ein Drittel fällt durch
Frauen müssen selten zum „Idiotentest“

Wer zum „Idiotentest“ muss, hat schlechte Karten: Im Kreis Esslingen bestehen ihn nur zwei Drittel der Kandidaten. Knapp 800 waren es 2011. Die Fälle haben sich laut Landratsamt seit Jahren in dieser Größe stabilisiert. Fast alle treffen Männer.

Kreis Esslingen. „Frauen sind ausgesprochen selten bei uns“, sagt die TÜV-Verkehrspsychologin Andrea Häußler. 50 bis 60 Prozent der Betroffenen mussten 2011 wegen Trunkenheit zum „Idiotentest“, zehn bis zwölf Prozent wegen Drogen, und beim Rest war das Punktekonto überzogen.

Wie viele Führerscheine in Deutschland ausgestellt sind, weiß niemand so genau. Das Bundesamt für Straßenwesen schätzt etwa 54 Millionen. Der erste Führerschein mit behördlicher Prüfung ist jedenfalls vor 101 Jahren in Wien ausgestellt worden. Seitdem ist die Bürokratie um die Fahrerlaubnis gewuchert – oft aus gutem Grund. 50 Jahre später wurde beispielsweise das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg gegründet, das zurzeit die Verkehrssünden von knapp neun Millionen Autofahrern speichert. Es sammelt seit 1958 deren Negativ-Punkte, zurzeit sind es rund 48 Millionen.

Zum Problem wird das für etwa 0,5 Millionen Autofahrer, die acht bis 17  Punkte auf ihrem Flensburger Konto haben – die sogenannten Unverbesserlichen. Verkehrserziehung ist ab 14 Punkten angesagt und ab 18  Punkten zwingend eine MPU, die medizinisch-psychologische Prüfung. Sie soll feststellen, ob der Mensch zum Autofahrer überhaupt geeignet ist, und sie galt bei ihrer Einführung 1954 vor allem für Führerscheinbewerber, die mehrfach durch die theoretische Prüfung fielen.

Heute bestehen beispielsweise berechtigte Zweifel, wenn man mit 1,6 Promille und mehr oder zweimal mit mindestens 0,5 Promille Alkohol im Blut am Steuer ertappt wird. „Steuer“ wird dabei sehr weit ausgelegt: Betrunken auf dem Fahrrad zählt auch dazu. Dann ordnet die „Fahrerlaubnisbehörde“ im Landratsamt Esslin­gen eine MPU an.

Wer die MPU machen muss, hat ein Problem: Er muss Einsicht in die Ursachen seiner Verkehrsfehler zeigen. Das ist der Knackpunkt, wie ein Fahrlehrer aus dem Kreis Esslingen sagt, der schon viele dieser Sünder über seine Vorbereitungskurse wieder auf den rechten Weg bringen musste. Dabei gehe es oft ans Eingemachte: „Denn die meisten meiner Kandidaten bagatellisierten. Egal, ob es um ihren Alkoholkonsum oder ihren Bleifuß ging.“ Der Mangel an Verantwortungsbewusstsein sei das Problem. Erst wenn ein Problem erkannt sei, könne man an seiner Lösung arbeiten: der Einsicht. Er setzt dabei auf Gruppenarbeit und Einzelgespräche und zuletzt lässt er seine Kandidaten, meist Männer, einen Vortest machen. Auch Wolfgang Schröder, der zuständige Sachgebietsleiter im Landratsamt, rät MPU-Prüflingen: „An einem Vorbereitungskurs sollte man auf jeden Fall teilnehmen.“

Denn die MPU wird laut Häußler nur von zwei Dritteln der Kandidaten bestanden und ist an sich schon teuer: Zwischen 384 und 724 Euro kostet allein diese Untersuchung, je nachdem, ob es „nur“ Alkohol war oder Alkohol und Drogen, die zum Entzug des Führerscheins führten. Und ein „Informations- und Motivationskurs für alkohol- und suchtmittelauffällige Verkehrsteilnehmer“ der Psychologischen Beratungsstelle in Nürtingen kostet weitere 300 für acht Mal zwei Stunden. Etwa die Hälfte der bundesweit mehr als 100 000 Prüflinge müssen wegen Alkoholauffälligkeit in die MPU. Beim Rest sind es Drogen oder Punkte in Flensburg. Wobei Letztere oft wegen zu schnellen Fahrens vorläufig auf ihren Führerschein verzichten mussten. Doch eine Gruppe mit anderen Auffälligkeiten wächst: die der Drängler, Aufblender, Ausbrem­ser. Inzwischen liegen sie bei über zehn Prozent der MPU-Anwärter.