26. Bundeskongress der kommunalen Frauenlisten in Kehl am Rhein
Frauenquote jenseits der Grenze

„Frauenquote im grenzüberschreitenden Vergleich “ – unter diesem Motto hatte die Frauenliste Kehl zum Bundeskongress der Frauenlisten eingeladen. Vier Mitglieder der Frauenliste Kirchheim, darunter die Stadträtinnen Dr. Silvia Oberhauser und Eva Frohnmeyer-Carey gehörten zu den über 60 Delegierten.

Kirchheim. „Mit Freiwilligkeit geht es nur im Schneckentempo voran.“ So die Politikwissenschaftlerin Professor Dr. Birgit Meyer in ihrem Eröffnungsvortrag. Sie selbst habe früher die Quote abgelehnt, sei aber inzwischen eine klare Befürworterin, bekannte sie. Die in Straßburg lebende Professorin mit Lehrstuhl in Esslingen verwies auf die Erfahrungen aus dem Nachbarland: Nach dem 2000 eingeführten „Parité-Gesetz“ müssen dort die Wahllisten bei Kommunal- und Regionalwahlen mit je 50 Prozent Frauen und Männern im Wechsel im sogenannten Reißverschluss-Verfahren besetzt werden. Wer sich nicht an das Gesetz hält, wird durch Abzüge bei der Parteienfinanzierung bestraft. Der Frauenanteil stieg seither von 27 auf 48,5 Prozent!

Im neuen Wahlgesetz in Baden-Württemberg aber sind paritätisch aufgestellte Listen nicht verpflichtend vorgeschrieben. Christa Doll, aktive Frauenlistenfrau aus Kirchheim, äußerte sich dazu skeptisch: „Ob durch die Soll-Regelung in Baden-Württemberg tatsächlich mehr Frauen in den Räten landen werden, ist fraglich.“ Und Stadträtin Dr. Silvia Oberhauser gab zusätzlich zu bedenken: „Das Paritäts-Gesetz greift nur bei Listenwahlen. Dort, wo Direktmandate zu besetzen sind, bleibt es weiterhin den Parteien überlassen, wen sie aufstellen und wie Wahlkreise verteilt werden – ein Grund, wa­rum in Frankreichs Nationalrat der Frauenanteil auch bei nur 19 Prozent liegt.“

Den nach wie vor geringen Frauenanteil in den politischen Gremien bezeichnete Landtagsvizepräsidentin Brigitte Lösch als einen „Verstoß gegen den Grundsatz der repräsentativen Demokratie“. Wenn die Ergebnisse der Kommunalwahl 2014 keine signifikante Erhöhung des Frauenanteils zeigten, müsste über eine Bundesratsinitiative eine Grundgesetzänderung angestrebt werden, sodass eine verpflichtende Quote auch in Deutschland Wirklichkeit werden könnte. „Auch Appelle und Kampagnen haben uns der Parität nicht nähergebracht. Nach der letzten Wahl ist der Frauenanteil im Bundestag sogar wieder gesunken“, stellte Stadträtin Eva Frohnmeyer-Carey fest. Deshalb sei es umso wichtiger, dass endlich die rechtlichen Rahmenbedingungen für Geschlechtergerechtigkeit geschaffen werden.

Die Teilnehmerinnen des Kongresses werden auch 2014 zu den Kommunalwahlen antreten, mit dem Ziel, die paritätische Besetzung der Gemeinde- und Stadträte sowie der Kreistage weiter voranzubringen.pm