Kommission des Petitionsausschusses machte sich auf dem Säer ein Bild von der Verkehrssituation
Freie Fahrt oder Durchfahrtsverbot?

Seit Jahren wird über die Verkehrsbelastung in der Säerstraße diskutiert. Mittlerweile haben Anwohner eine Petition beim Landtag eingereicht. Am gestrigen Dienstag war der Petitionsausschuss auf dem Säer, um sich ein Bild von der Situation machen.

Nürtingen. Von Reudern über die Säerstraße schneller nach Nürtingen oder zur B 313 zu kommen, diese Möglichkeit nutzt so mancher Autofahrer, seit es die Stichstraße von der B 297 zum Nürtinger Krankenhaus gibt. Eigentlich sollte dieser vom Feldweg zur Straße ausgebaute Abschnitt für Rettungswagen und Notärzte einen schnelleren Zugang zum Klinikum ermöglichen. Durchgangsverkehr, versicherten Landrat Heinz Eininger und der Nürtinger Oberbürgermeister Otmar Heirich damals, solle unterbunden werden. Dies, so Heirich 2005, sei im Vertrag zwischen Stadt und Kreis festgelegt.

Den illegalen Durchgangsverkehr wollten die verantwortlichen Planer damals zunächst durch den Bau eines Parkhauses, dann mit einer Schranke unterbinden. Das Parkhaus fiel aus den Planungen schnell wieder heraus. Die Alternativen, die die Anwohner aufzeigten, wurden als zu teuer angesehen. Stattdessen wurde ein Parkplatz angelegt und in der oberen Säerstraße eine Schranke angebracht. Durchgangsverkehr müsste sich, so dachte man, umständlich durch den Parkplatz quälen, um schließlich über die Albert-Schäffle-Straße wieder freie Fahrt nach Nürtingen zu haben. Einmal installiert, wurde die Schranke regelmäßig beschädigt oder umgefahren. Schließlich sparte man sich die Schranke ganz. Mitte 2011 kam der Landkreis aufgrund eines Gutachtens zu der Ansicht, dass für einen ordnungsgemäßen Betrieb des Klinikums eine ungehinderte Durchfahrt im Bereich des Krankenhausgeländes unverzichtbar sei. Im Oktober 2011 bekräftigte Oberbürgermeister Otmar Heirich dann in einem Brief an die Säeranwohner, dass eine Lösung gefunden werden müsse, die eine Durchfahrt von Reudern in die Säerstraße nachhaltig verhindere.

Um eine Lösung herbeizuführen, reichte die Initiative Säerstraße im März 2012 schließlich eine Petition beim baden-württembergischen Landtag ein. Am Dienstag machten sich Mitglieder des Petitionsausschusses auf dem Säer ein Bild von der Situation vor Ort.

Berichterstatter und CDU-Landtagsabgeordneter Karl Zimmermann fasste im Konferenzraum des Klinikums die Petition inhaltlich zusammen. Er machte den Petenten allerdings wenig Hoffnung, dass ihre Initiative Erfolg haben könnte. Das zuständige Verkehrsministerium sei der Meinung, die Vereinbarung zwischen Landrat und Oberbürgermeister aus dem Jahr 2005 führe nicht zu einem Anspruch. Verkehrssicherheitsprobleme seien nicht ersichtlich. Das Ministerium sehe keine Veranlassung, weitere Maßnahmen einzuleiten und gebe die Empfehlung, die Petition nicht positiv zu bescheiden.

Die Petenten, in der Sitzung durch Johann Heinz und Klaus Dobler vertreten, wiesen allerdings darauf hin, dass in der unteren Säerstraße bereits zweimal eine Warnbake an einer Fußgängerfurt umgefahren wurde. „Hier kreuzen viele Kinder den Weg“, sagte Heinz und sieht deren Sicherheit als nicht gewährleistet an.

Oberbürgermeister Heirich als Vertreter der Stadt Nürtingen führt die heutigen Probleme mit dem Durchgangsverkehr auf die Planung des damaligen Büros zurück. Ein Parkhaus wäre eine sinnvolle Lösung gewesen, meinte er. Die Verkehrsbelastung sei heute höher als vorher. Man könne seitens der Stadt nur mit kleinen Maßnahmen wie dem Aufstellen von Schildern versuchen, die Situation zu entschärfen.

Rolf Hahn, im Landratsamt Dezernent für Infrastruktur, hält den Fall für einen klassischen Interessenkonflikt. „Zweifelsfrei steht für mich fest, dass durch den Bau der Straße von Reudern her eine Entlastung entstanden ist“, sagte er. Wenn der Durchgangsverkehr illegal durch Autofahrer praktiziert werde, sei dies bedauerlich, die Anfahrbarkeit des Krankenhauses in Notfällen nicht nur für Notarzt und Rettungsdienste, sondern auch für Privatpersonen, die Kranke transportieren, müsse jedoch gewährleistet werden. Dies sieht auch Krankenhausdirektor Norbert Nadler so. Er weist darauf hin, dass es zudem durch die Schüler der beruflichen Schulen zu temporär hohem Verkehrsaufkommen käme. Und der Schleichverkehr über den Parkplatz, wie es ihn zu Zeiten der Schranke noch gab, habe zu kritischen Situationen und zwei Unfällen geführt.

Der Vertreter des Verkehrsministeriums, Gerhard Scholl, sieht das Ministerium nur involviert, wenn sich die Situation für die Anwohner verschlechtere. Und auch dann muss diese Verschlechterung über die Zumutbarkeit hinausgehen, sich beispielsweise die Verkehrsmenge von 4000 auf 8000 Autos erhöhe. Nach Aktenlage und der Auswertung eines Gutachtens des Ingenieurbüros Karajan gebe es jedoch in der Säerstraße eine Entlastung um 1100 Fahrzeuge. Nun gehe es um eine weitere Entlastung um 900 Fahrzeuge.

Der Landtagsabgeordnete der Grünen Andreas Schwarz regte an, das Durchfahrtsverbot mit penetranten Kontrollen durchzusetzen und so den Bürgern zu signalisieren, dass es sich bei der Säerstraße um keine Durchgangsstraße handele. Mit diesem Vorschlag könnte sich auch Klinikdirektor Nadler anfreunden.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Sascha Binder, ebenfalls Mitglied des Petitionsausschusses, fragte, warum man die Alternativplanung der Initiative Säerstraße nicht genauer hat prüfen lassen, sondern „Pi mal Daumen die Kosten auf 500 000 Euro geschätzt und die Planungen verworfen hat“. Indes, eine Antwort darauf hätte er nur vom damaligen Planungsbüro erhalten können.

Nach dem Vor-Ort-Termin wird die Petition nun als Nächstes in der Sitzung des Petitionsausschusses am 27. Februar beraten werden, bevor der Landtag darüber entscheidet.