Esslingen. Alle Redner betonten in der Gemeinderatssitzung allerdings, jetzt komme es auf die Feinarbeit an. Bevor die endgültige Entscheidung fällt, soll vor allem der Abbau von Doppelstrukturen geklärt werden. Die meisten Stadträte im Esslinger Rathaus können sich nur wundern über die Bewegung, die plötzlich in die Krankenhauspolitik im Landkreis gekommen ist. Vor etwas mehr als einem Jahr galten Verhandlungen über eine Fusion der Kliniken noch als ferne Zukunftsmusik. Inzwischen hat das Thema eine solche Dynamik gewonnen, dass grundlegende Weichenstellungen mit großer Selbstverständlichkeit getroffen werden.
Sämtliche Stadträte wissen sich mit Oberbürgermeister Jürgen Zieger einig, wonach der Beschluss einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung bedeutet. Betont wurde aber auch immer wieder, dass man noch nicht am Ziel ist. Wenn es um die Details gehe, warte mancher Stolperstein. Vor allem die Frage, wie die Doppelstrukturen beseitigt werden sollen, bereitet Kopfzerbrechen. Wie wichtig Antworten gerade in diesem Punkt sind, unterstrich Zieger mit seiner Warnung, einen weit verbreiteten Fehler zu wiederholen. Weil Kreise und Kommunen im ganzen Land es versäumten, den Konflikt über das medizinische Profil der einzelnen Standorte im Vorfeld zu klären, würden sie von diesem Problem regelmäßig eingeholt. „Sie sind alle gescheitert“, gab er zu bedenken. Bevor die Stadt zur Fusion schreite, müsse folglich sicher sein, dass das Modell funktioniert.
Finanzbürgermeister Bertram Schiebel wollte die Entscheidung vor diesem Hintergrund nur als ersten Schritt verstanden wissen. „Die eigentliche Arbeit beginnt erst“, betonte er. Zum endgültigen Schwur soll es in einem Jahr kommen. Sollten Kreistag und Gemeinderat auch dann grünes Licht geben, könnte die Fusion rückwirkend zum 1. Januar 2014 vollzogen werden.
Den akuten Handlungsbedarf erklärt man im Rathaus vor allem mit den dramatischen Defiziten der Kreiskliniken, mit denen der Landkreis inzwischen kämpft. Dem Klinikum Esslingen wird dagegen bescheinigt, die Hausaufgaben erledigt zu haben und wirtschaftlich auf einem guten Weg zu sein. Auf diesem Erfolg will sich aber niemand ausruhen. „Wir sind uns der Gefahr bewusst, dass die Zukunft für Klinikbetreiber eher schwierig wird“, erklärte Gerhard Heubach, der CDU-Fraktionsvorsitzende. Auch aus Sicht der Stadt gebe es folglich Handlungsbedarf.
Otto Blumenstock (SPD) hält es für vernünftig, dass Kreis und Stadt die Probleme gemeinsam angehen wollen. Entscheidend sei es, eine hohe Qualität der medizinischen Versorgung mit der Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen. Die bisherigen Ergebnisse bewertet er positiv, wenngleich er, wie auch andere Redner, noch erheblichen Klärungsbedarf sieht. Als Beispiele werden neben Doppelstrukturen die Besetzung der Aufsichtsräte sowie die Rolle der Personalvertretung genannt.
Heubach nennt es als zentrales Anliegen, die anfänglichen Defizite des künftigen Unternehmens rasch abzubauen. Ziel müsse ein „nachhaltig wirtschaftlicher Betrieb“ sein, der eine „gute und ausreichende Versorgung“ sichert. Jörg Zoller von den Freien Wählern und Ulrich Fehrlen (FDP) setzen ebenfalls auf ein gemeinsames Unternehmen. Zunächst wollen sie aber abwarten, bis die Details geklärt sind. Erst wenn klar ist, dass die Vorteile überwiegen, könne man sich festlegen. Carmen Tittel (Grüne) ist überzeugt, dass Stadt und Kreis den richtigen Weg eingeschlagen haben. Sie sieht in der Fusion die Chance, „das Wettrüsten der Krankenhäuser zu beenden“ und eine Privatisierung zu verhindern.
Die Eckpunkte zwischen Landkreis und Stadt sehen vor, dass beide Partner mit jeweils 50 Prozent am neuen Unternehmen beteiligt sind und auch entsprechende Stimmrechte besitzen. Den Vorsitz im Aufsichtsrat sollen Landrat und Oberbürgermeister im Wechsel übernehmen. Alle Investitionen und Instandhaltung werden von dem neuen Unternehmen finanziert. Der Landkreis trägt die Verluste zu 100 Prozent. Außerdem übernimmt er jährlich 8,6 Millionen für Zins und Tilgung der Schulden. Das Klinikum Esslingen bringt 50 Millionen Euro an Schulden mit in das Unternehmen. Über die Kreisumlage ist die Stadt an den Zahlungen mit 20 Prozent beteiligt.