Kirchheim. Ötlingen kommt nicht zur Ruhe: Gerade 14 Tage ist es her, dass ein Bombenfund im westlichen Kirchheimer Teilort für Aufregung sorgte, und schon gab es erneut helle Aufregung und einen Großeinsatz der Rettungskräfte. Zur Mittagszeit hatten gestern Schüler der Waldorfschule in der Fabrikstraße Gasgeruch wahrgenommen und die Polizei alarmiert. Umgehend setzten sich außer den Polizisten auch Feuerwehren aus nah und fern, Rettungskräfte des DRK und EnBW-Fachleute in Bewegung. Kurz darauf hätte man an der Einmündung der sonst so beschaulichen Fabrikstraße in die Stuttgarter Straße einen amerikanischen Krimi drehen können, so viele Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn frequentierten die Kreuzung. Von Panik war dennoch nichts zu spüren, die Einsatzkräfte gingen ausgesprochen umsichtig, ruhig und gut koordiniert vor.
„Wir haben zunächst die Waldorfschule sowie die anliegenden Gebäude evakuiert“, beschrieb Polizeioberrat Thomas Pitzinger vom Kirchheimer Polizeirevier die Vorgehensweise. Gemeinsam mit ihren Lehrern versammelten sich die Kinder gruppenweise auf sicherem Terrain. Vom Ötlinger Wohngebiet Halde aus näherte sich ein großer Teil der Rettungskräfte der Einsatzstelle. Vorbeugend wurde ein Zelt errichtet. Evakuiert wurden außerdem benachbarte Wohn- und Firmengebäude, darunter eine dort ansässige Spedition. Betroffen von diesen Vorsichtsmaßnahmen waren mehr als 80 Personen.
Im mittäglichen Berufsverkehr kam es zu Stauungen auf der Stuttgarter Straße. Schüler und Erwachsene, die den Radweg entlang der Lauter benutzen wollten, mussten bis in die Abendstunden hinein Umwege in Kauf nehmen.
Alarmiert wurden angesichts der unklaren Lage auch die Feuerwehren aus Ostfildern mit dem Gasmesszug und aus Nürtingen mit dem zuständigen Gefahrgutzug. Vor Ort wurden sie von den Stadtwerken und den EnBW-Mitarbeitern bei ihren Messungen mit hochwertigen Geräten unterstützt. Kreisbrandmeister Bernhard Dittrich und Kirchheims Bürgermeister Riemer machten sich an der Einsatzstelle ein Bild von der Lage, ebenso Ötlingens Ortsvorsteher Hermann Kik.
Unweit der Waldorfschule verläuft eine Überlandgasleitung, der zunächst das Interesse galt. Allerdings ergaben die Messungen der Fachleute alsbald, dass der Geruch in der Luft nicht von Erdgas, sondern von Propangas stammte. Zur allgemeinen Erleichterung lag die gemessene Propangaskonzentration stets weit unter der Explosionsgrenze. Wie Einsatzleiter Michael Briki mitteilte, bestand zu keinem Zeitpunkt Explosionsgefahr. „Es ist möglich, dass sich irgendwo ein Propangasbehälter befindet, der sich langsam entleert“, fasste Thomas Pitzinger die entscheidenden Erkenntnisse der Fachleute zusammen. Die emsige Suche nach möglichen Austrittsstellen von Gas erfasste die Fabrik-, Büro- und Privatgebäude rundum. Das Suchgebiet wurde sogar von der Fabrikstraße über die Stuttgarter Straße hinaus bis zum Wohngebiet Hinterer Berg ausgedehnt. Kontrolliert wurde auch die Grünschnittsammelstelle. Im fraglichen Areal stand eine Überprüfung der gesamten Kanalisation an, außerdem öffneten die Einsatzkräfte sämtliche Schachtdeckel.
Im Laufe des gestrigen Nachmittags konnte die Quelle des Gasgeruchs trotz aller Bemühungen nicht gefunden wurden. Die Konzentration des Gases sank allerdings beständig, sodass gegen 16 Uhr Entwarnung gegeben wurde. Das heißt, die Anwohner durften zurück in ihre Häuser, auch die Fabrikstraße war wieder befahrbar. Einige Schüler nutzten sogar noch die Gelegenheit, ihre Ranzen zu holen. Sie hatten bei ihrem Aufbruch alles zurücklassen müssen. Doch wie ein dankbarer Großvater dem Teckboten berichtete, zeigten sich die Busfahrer ausgesprochen kooperativ. Sie nahmen die aufgeregten Kinder auch ohne Fahrkarte mit nach Hause, wo sie ihren Eltern und Geschwistern viel zu erzählen hatten.
Einsatzkräfte
Die Feuerwehr war zum mittäglichen Gaseinsatz in Ötlingen mit insgesamt 23 Fahrzeugen und 93 Einsatzkräften vor Ort und wurde vom stellvertretenden Kommandanten Michael Briki geleitet. Der Rettungsdienst war vorsorglich mit 15 Fahrzeugen und 30 Helfern angerückt und betreute die Personen aus den geräumten Gebäuden. Die Polizei um Revierleiter Thomas Pitzinger sperrte das Einsatzgebiet mit 14 Beamten weiträumig ab.