Zu wenige Hebammen in Kirchheim und Umland – Plätze in Geburtsvorbereitungskursen knapp
Geburt ohne Vorbereitung

In Kirchheim und Umgebung fehlen Hebammen. Wer in den ersten Wochen der Schwangerschaft nicht sofort auf die Suche geht, muss die Geburt unter Umständen ohne Vorbereitungskurs durchstehen. Auch bei der Betreuung im Wochenbett – also nach der Geburt – gehen manche Frauen leer aus.

Kirchheim. Sibylle Rein hat ein Prob­lem. Sie kann nicht Nein sagen. Deshalb heißt es auf dem Anrufbeantworter der Kirchheimer Hebamme: „Aus Zeitgründen kann ich zurzeit keine Frauen für die Geburtsvorbereitung und die Wochenbettbetreuung annehmen“. „Ich hoffe, dass sich dadurch etwas weniger Frauen bei mir melden“, sagt Sibylle Rein. Dennoch bekommt sie viel mehr Anfragen von Schwangeren, als sie bewältigen kann. Ums Neinsagen kommt sie daher nicht herum.

Das kann Heike Böttiger, Betreiberin der Hebammenpraxis Fiolino am Kirchheimer Schweinemarkt, bestätigen. „Unsere Geburtsvorbereitungskurse sind voll. Wir können erst wieder Frauen nehmen, die im Oktober entbinden“, sagt Böttiger.

Die momentane Arbeitssituation ist laut der Hebamme „so schlimm wie noch nie“. Sibylle Rein ergänzt: „Wir sind einfach völlig unterbesetzt“. Momentan sind in Kirchheim und Umland drei Kolleginnen schwanger und fallen völlig aus. Andere haben kleine Kinder und stehen deshalb nur eingeschränkt zur Verfügung. Dazu kommt laut Böttiger, dass sich der Job nur dann lohnt, wenn man viel arbeiten kann. Der Grund: Die hohen Fixkosten, die durch Versicherungen und die Miete für Kursräume entstehen. „Wenn man Kinder hat und entsprechend reduzieren muss, lohnt es sich eigentlich nicht“, sagt sie. Verschärft wird die Situation noch dadurch, dass der Hebammennachwuchs fehlt.

Dass es künftig immer öfter Frauen geben wird, die keinen Geburtsvorbereitungskurs besuchen können und im Wochenbett ohne Hebamme dastehen, schmerzt Sibylle Rein. „Natürlich ist ein Kurs auch kein Garant für eine super Geburt. Aber wir können der Frau im Geburtsvorbereitungskurs Selbstbewusstsein und Vertrauen in ihre eigenen Kräfte vermitteln“. Oft kämen die Frauen mit vielen Fragen, die Hemmschwelle sei bei der Hebamme niedriger als beim Arzt. Natürlich geht es im Kurs auch um Atem-, Massage- und Entspannungstechniken unter der Geburt. Fast noch wichtiger findet Sibylle Rein aber, dass die Frauen im Kurs Gleichgesinnte treffen können. Meistens würden die Kontakte lange halten, in vielen Kurse entstünden Freundschaften.

Dass manche Frauen möglicherweise ohne Wochenbettbetreuung auskommen müssen, hält Sibylle Rein für sehr problematisch. „Pro Besuch nehme ich mir eine Stunde Zeit und schaue nach der Brust, der Gebärmutter, nach Geburtsverletzungen, überprüfe den Kreislauf und die psychische Verfassung der Mutter, mache ein wenig Rückbildungsgymnastik, gebe Tipps für die Säuglingspflege und schaue, wie das Stillen funktioniert“, zählt die Hebamme auf. Sie glaubt, dass Frauen ohne Wochenbettbetreuung beispielsweise mehr Stillprobleme haben werden. „Unter Umständen stillen sie schneller ab, weil sie nicht wissen, wie sie die Milchmenge in Wachstumsphasen steigern können“, nennt Sibylle Rein ein Beispiel. Auch gesundheitliche Probleme bei Mutter und Kind könnten die Folge sein.

„Die meisten Frauen haben inzwischen verinnerlicht, dass sie sich früh melden müssen, wenn sie eine Hebamme wollen“, weiß Heike Böttiger. Sie gibt den Rat, zwischen der sechsten und der zehnten Woche anzurufen. Wer sich länger Zeit lasse, bekomme unter Umständen keinen Platz mehr. „Das ist schlimm. Denn das sind meistens die Frauen, die dringend einen Platz bräuchten“, sagt Heike Böttiger.