Bissingen. Vor einem guten Jahr war der Initiativkreis Weißburger an die Gemeinde herangetreten mit der Bitte „um Genehmigung, ein Mahnmal zur Erinnerung an Wilhelm Weißburger errichten zu dürfen“. Der Standort sollte in der Nähe des ehemaligen Wohnhauses des jüdischen Mitbürgers, der zum evangelischen Glauben konvertiert war, sein. Heute lebt darin die Künstlerfamilie Tränkner.
Der Initiativkreis beantragte des Weiteren, „die Gemeinde möge den erforderlichen Platz zur Verfügung stellen und die Idee finanziell unterstützen“. Diesem Wunsch kam Bürgermeister Marcel Musolf im Juni 2011 nach und schlug dem Gemeinderat vor, die Gedenkstele mit einem Betrag von 500 Euro zu unterstützen. Auch den Platz für das Mahnmal wollte die Gemeinde zur Verfügung stellen.
Doch im Ratsrund ergaben sich noch Fragen, oder wie es Bürgermeister Musolf in seinem kurzen Rückblick formulierte, war noch ein „gewisser Beratungsbedarf, was die Thematik betraf, da“. Daraufhin recherchierte der Initiativkreis mithilfe von Kreisarchivar Manfred Wasner detailliert das Schicksal Wilhelm Weißburgers, der 1916 als 14-jähriger Waise in die Seegemeinde gekommen war, dort rechtschaffen gearbeitet und im Oktober 1933 die Bissingerin Anna Maria Ehni geheiratet hatte. Die beiden hatten in der Hinteren Straße gelebt und die Ehe war kinderlos geblieben. 1942 war Wilhelm Weißburger abgeholt und zunächst nach Nürtingen und von dort sehr schnell ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert und ermordet worden.
Ob er zuvor noch im Konzentrationslager Welzheim gefangen gehalten worden ist, ist unsicher. Im Januar 1943 hatte Anna Maria Weißburger über das Rathaus Bissingen die telefonische Mitteilung erhalten, dass ihr Mann „an den Folgen einer Lungenentzündung“ verstorben sei.
Der Bissinger Gemeinderat setzte sich nach den Rechercheergebnissen intensiv mit der Thematik auseinander und sah nach einem Vororttermin im Bereich des Gartens vor dem Haus Nummer 41 in der Hinteren Straße eine angemessene Möglichkeit, die Gedenkstele aufzustellen. Diesen Wunsch teilte die Verwaltung dem Initiativkreis mit, der sich umgehend und konstruktiv damit befasste.
Der Bildhauer Winfried Tränkner erarbeitete einen Vorschlag für eine neue Stele einem hellen Travertinstein mit einer entsprechenden Inschrift auf einer Bronzetafel. Als Standort wählte die Initiativgruppe einen Platz im Garten vor dem ehemaligen Weißburgerschen Haus.
Nachdem sich der Standort des Mahnmals mit den Vorstellungen des Ratsgremiums deckte, stimmten die Bürgervertreter beidem zu. „Die Aufarbeitung dieser Zeit ist unsere Aufgabe“, war sich Bürgermeister Musolf sicher. Deshalb trat er persönlich dafür ein, ein Signal zu setzen: „Die Gemeinde sollte sich mit einem Anerkennungsbetrag an dem aus der Bürgerschaft geborenen Projekt beteiligen“. Auch diesen Vorschlag befürwortete der Gemeinderat einmütig. Die Kommune wird sich mit einem Anerkennungsbetrag von 500 Euro an den Kosten für die Gedenkstele und deren Aufstellung beteiligen. Die restlichen Kosten hofft der Initiativkreis Weißburger durch Spenden finanzieren zu können. Der Einweihungstermin steht noch nicht fest, wird aber mit der Initiativgruppe abgeklärt und bekannt gegeben.