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Geistliches WortEhe(r) ja oder nein?

Morgen ist der „Welttag der Ehe“. Was nach einem international etablierten Feiertag klingt, nahm seinen Anfang zu Beginn der 1980er-Jahre im US-Bundesstaat Louisiana. Bei der Idee, neben dem Valentinstag ausdrücklich die Bedeutung der Ehe hervorzuheben, kam man auf den zweiten Sonntag im Feb­ruar. Und spätestens seit Papst Johannes Paul II. im Jahr 1993 den apostolischen Segen darüber aussprach, ist der Tag kein reines Südstaaten-Phänomen mehr.

Wer einmal den Versuch startet, sich einen Überblick über die schiere Masse an Hochzeitsblogs und einschlägigen Online-Plattformen zu verschaffen, der erkennt schnell: Das Thema Hochzeit ist seit längerer Zeit ein überaus erträgliches Geschäftsmodell! Da könnte es helfen, sich zu überlegen: Was ist uns als Paar eigentlich wichtig an dem Tag, der den Beginn unserer Ehe markiert?

Auch 2020 wünschen sich wieder viele Paare eine kirchliche Trauung. Aus evangelischer Sicht ist damit die Hoffnung der Eheleute verbunden, dass Gottes Segen auf ihrem gemeinsam eingeschlagenen Weg liege. Aber geschlossen wird die Ehe nicht vor dem Altar, sondern auf dem Standesamt. Das heißt auch: Für eine religiöse Überhöhung der Ehe ist kein Platz! Vielmehr geht es um die Einsicht, dass die Treue und gegenseitige Fürsorge, die für das Gelingen einer Ehe notwendig sind, letztlich keine menschlichen Möglichkeiten darstellen. Nein, aus der Sicht des christlichen Glaubens sind diese Dinge Gottes Geschenk. Und darüber hinaus auch noch äußerst zerbrechlich. Das zeigen die oftmals schmerzhaften Erfahrungen von Menschen, deren gemeinsamer Weg - aus welchen Gründen auch immer - irgendwann endet.

Seit Oktober 2017 können in Deutschland auch homosexuelle Paare eine Ehe eingehen. Manche Glaubensgeschwister sehen darin einen Widerspruch zur Bibel und sprechen sich gegen die Segnung homosexueller Paare aus. Mich überzeugt es nicht, wenn dazu eine Handvoll biblischer Texte herangezogen wird, ohne ihre historische Verortung zu berücksichtigen. Vielmehr zeigt sich für mich gerade kurz vor dem „Welttag der Ehe“: Die fast 450 000 Ehen, die 2018 hierzulande geschlossen wurden, zeugen von der Anziehungskraft, die eine auf Dauer angelegte und verbriefte Partnerschaft auf viele Menschen auch heutzutage ausübt. Es ist nur gut, dafür um Gottes Segen zu bitten.

Marius Böhmerle

Vikar in der evangelischen Gemeinde Weilheim