Sie lächelt mich freundlich an und wirft mir einen vertrauten Blick zu. Ich mache es mir gemütlich auf dem Sofa, bis ich denke: „Wie nett! Nur brauche ich momentan noch keine Haftcreme für die Zähne! Ich trage noch keine Dritten.“ So schalte ich die Werbung aus und gehe raus. Auf meinem Spaziergang werde ich dann von lauter freundlichen Menschen begleitet: An der Ampel fährt der Bus an mir vorbei. Übergroß lächelt mich ein Mann an, mit der aktuellsten Brille auf der Nase. Wenige Schritte später ein grinsender Politiker auf dem vergessenen Wahlplakat. Dann nähere ich mich dem Zuhause. Mein Nachbar lächelt mich an. Doch zum Glück erinnere ich mich rechtzeitig, dass er tatsächlich ein freundlicher Mensch ist und grüße in angemessenem Ton zurück.
Als ich dann den Fernseher einschalte, geht die Maskerade in den Nachrichten gerade weiter. So schlimm die harten Fakten unserer Erde auch sein mögen: ständig sind es erfolgreich lächelnde Politiker, die mir eine saure Gurke für eine süße Schokolade verkaufen wollen. „Schaut her, wir sind die Guten. . .!“, das ist die Botschaft dieser Tage. Immer wieder begegnen mir leere Versprechen, denen ich nur schwerlich glauben kann.
Und dann schlage ich das Buch des Jesaja auf. Dieser alte Prophet hatte damals wirklich alle Hände voll zu tun, um seinem Volk Hoffnung zu spenden. Denn die Zeit damals war herausfordernd und beängstigend. Viel zu lange hatten die Menschen über ein gesundes Maß hinaus gelebt, hatten einfach so gedankenlos weitergemacht wie bisher. Und hatten dafür die Quittung kassiert, indem sie durch ein fremdes Volk unterjocht wurden. Doch was hilft, wenn Finsternis und Dunkel alles Leben zudecken wollen?
Jesaja schreibt: Über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. (Jesaja 60,2) Mit diesen wenigen Worten legt er uns nahe, dass es einen gibt, der lächelt über unsere Probleme nicht hinweg; der erklärt uns auch nicht, dass das Leben ‚super‘ wäre. Aber der lässt uns verstehen: „In der Zeit persönlicher Not und großer gesellschaftlicher Fragen lasse ich, Gott, euch Menschen nicht alleine.“ Gott selber wendet sich uns Menschen zu, damit wir verstehen: „Schaut her, ich meine es gut mit euch!“ Und diesem Versprechen dürfen wir unseren Glauben schenken.
Dirk Schmidt
Pfarrer in der Julius-von- Jan-Gemeinde Lenningen