Kreis Esslingen. Reden, Blumen und Applaus – darauf hätte Manfred Scharpf gerne verzichtet. „Ich wollte keine Verabschiedung, das kostet doch nur Geld“, sagt der scheidende Kreishandwerksmeister – so denkt ein schwäbisch-sparsamer Unternehmer. Zu den Leuten, die ein Ehrenamt anstreben, weil sie gerne im Mittelpunkt stehen, gehört der 64-Jährige jedenfalls nicht. Sein Engagement begründet Scharpf vielmehr durch seine Biografie, schließlich hat er die bewegte 68er-Zeit hautnah miterlebt und seinerzeit beim Studentenstreik an der Esslinger Ingenieurschule mitgemacht. „In einer Demokratie sollte sich eigentlich jeder engagieren“, findet Scharpf. Er selbst hat das in den unterschiedlichsten Ämtern und Funktionen getan: im Vorstand der Sanitärinnung, 20 Jahre in der SPD-Fraktion des Esslinger Gemeinderats, bei der Handwerkskammer Region Stuttgart und schließlich seit 1999 als Kreishandwerksmeister.
Jetzt ist Schluss. Laut Satzung hätte Manfred Scharpf zwar noch einmal für eine dreijährige Amtszeit kandidieren können, denn die Altersgrenze liegt bei 68 Jahren, doch das wollte der Unternehmer nicht mehr: „Man muss rechtzeitig Abschied nehmen. Die Nachfolger machen es ja genauso gut“, hat er volles Vertrauen in den neuen Kreishandwerksmeister Karl Bossler aus Lenningen, der in Dettingen eine Tankstelle betreibt. Er selbst freut sich auf ein bisschen mehr Freizeit, die der begeisterte Hobbysportler am liebsten auf dem Tennisplatz, auf der Skipiste oder beim Joggen verbringen möchte.
An einen Rückzug aufs Altenteil denkt er allerdings noch nicht. „Die Arbeit macht noch Spaß“, sagt Scharpf, der den Sanitärbetrieb in der Fritz-Müller-Straße von seinem Vater übernommen hat. Bevor sein eigener Sohn die Verantwortung übernimmt, will der Senior noch ein paar Jahre mitmischen: „Ich nehme mir ein Beispiel an unserem Ministerpräsidenten. Der ist ja auch schon 63.“
Wer sich heute für einen Handwerksberuf entscheide, habe es in mancher Hinsicht schwerer als früher, glaubt Manfred Scharpf. „Der Wettbewerb ist einen Schlag härter geworden.“ Das hänge auch mit der „Geiz-ist-geil-Mentalität“ zusammen, die inzwischen salonfähig geworden sei. Dass ein Handwerker für gute Arbeit auch eine angemessene Bezahlung verdiene, sei für viele Auftraggeber nicht mehr selbstverständlich. Doch auch unter den Handwerkern hat Scharpf viele Pfennigfuchser ausgemacht, die aus Kostengründen auf eine Mitgliedschaft in der Innung verzichten. „Für mich sind das ,Trittbrettfahrer‘, denn klar ist, dass die duale Ausbildung im Handwerk nur durch das Engagement der Innungen funktioniert.“
Gleichwohl sieht Manfred Scharpf auch Innungen und Kreishandwerkerschaft in der Pflicht, sich zu modernisieren, um möglichst sparsam mit den Beiträgen ihrer Mitglieder umzugehen. In seiner zwölfjährigen Amtszeit hat er in dieser Hinsicht einiges angestoßen, zum Beispiel die Fusion der Kreishandwerkerschaften Esslingen und Nürtingen oder die gewiss nicht einfache Trennung vom langjährigen Geschäftsführer Manfred Wörner.
Wichtig war Manfred Scharpf auch stets, dass sich das Handwerk in der Öffentlichkeit gut darstellt: Sei es bei potenziellen Auftraggebern, für die zum Beispiel die Messe „Bauen & Energie“ initiiert wurde, oder auch bei den Schulabgängern, die man für eine Ausbildung im Handwerk gewinnen möchte. „Die guten Leute kommen nicht von selbst. Man muss immer die Werbetrommel rühren“, weiß Manfred Scharpf.
Als politische Vertretung des Handwerks hatte der Esslinger einen kurzen Draht zu Bürgermeistern und Landrat Heinz Eininger: „Die Zusammenarbeit war immer hervorragend“, erinnert er sich. Deshalb dürfte die lokale Politprominenz auch zahlreich zur offiziellen Verabschiedung für den Kreishandwerksmeister kommen, die am 8. Juli in der WLB stattfindet. Manfred Scharpf hat sie nicht verhindern können.