Julia Münster und David Asi erhielten die den von Literaturbeirat und Schlossgymnasium geschaffene Auszeichnung
Gelungene Verleihung des Isolde-Kurz-Preises

Kirchheim. Was im Vortragssaal des Literaturmuseums erfreulich entspannt und ohne große Premieren-Aufgeregtheit erstmals über die Bühne ging, soll zum festen Bestandteil künftiger Reifeprüfungen am Kirch-


heimer Schlossgymnasium werden. Mit dem Isolde-Kurz-Preis sollen herausragende Leistungen im Fach Deutsch honoriert werden.

Mit dem Geburtshaus von Max-Eyth, das einst auch schon Lateinschule war und vor der Eröffnung des Literaturmuseum die Stadtbücherei beherbergte, hätte kein geeigneteres Ambiente für eine literarische Gala gefunden werden können.

Zum Auftakt der aus der Taufe gehobenen neuen Reihe standen mit Jenny Münster und David Asi gleich zwei vielversprechende Vertreter des aktuellen Abitur-Jahrgangs im Rampenlicht. Mit ihren tatsächlich herausragenden Leistungen sorgten sie dafür, dass ohne langierige Debatten rasch feststand, wer die am Schlossgymnasium gesuchten literarischen „Superstars“ sein werden.

Nachdem in diesem Jahr erst- und einmalig sowohl ein G8-, als auch ein G9-Zug zum Sprung über die Reifeprüfungshürde ansetzte war klar, dass zum Auftakt gleich zwei Preisträger gekürt werden müssen. Der G9 Jahrgang ist mit der Jenny Münster vertreten und der G8-Jahrgang mit David Asi. Er hat türkische Wurzeln stellte beim offiziellen Festakt mit erfrischender Offenheit fest, dass ein Literaturpreis eigentlich das Letzte sei, was er in seinem Leben erwartet hätte. Er bestätigte, was auch für Jenny Münster gilt: dass die Auszeichnung eine ganz besondere Ehre sei.

Die vom Schlossgymnasium an den Literaturbeirat herangetragene Idee, die einst mit dem Scheffel-Preis praktizierte Anerkennungskultur für herausragende Leistungen im Fach Deutsch wieder aufleben zu lassen, wurde gerne aufgegriffen, bestätigte Renate Treuherz.

Zunächst begrüßte aber Schulleiterin Lucia Heffner die Besucher. „Wir brauchen Literatur, wenn wir Menschen bleiben möchten“, stellte sie fest und dankte dem Literaturbeirat für die erfreuliche Bereitschaft, jungen Menschen auf einem Gebiet mit großer Wertschätzung zu begegnen, das in einer materialistisch geprägten Zeit immer mehr aus dem Blick zu geraten drohe.

Sie bestätigte den Verantwortlichen, damit ein wichtiges Zeichen zu setzen in Zeiten, in denen öffentliche Haushalte so gestrichen werden, dass für Kultur nur wenig Spielraum bleibt und das geistige Eigentum und die dahinter stehende Leistung immer mehr in Frage gestellt werde. Literatur sei letztlich der Versuch und die Möglichkeit, Menschen in ihrer Ganzheitlichkeit mit all ihren soziologischen Bezügen, ihrem Verhalten als Sozialwesen, als Individuum und in ihrer Verantwortung für alles, das sie umgibt, darzustellen.

Als „außergewöhnliche Persönlichkeit und eigentümliche Repräsentantin ihres Geschlechts“ bezeichnete Renate Treuherz die emanzipierte und sich nie hinter einem männlichen Pseudonym versteckende Isolde Kurz. 1853 in Stuttgart geboren, zog sie 1862 mit ihrer Familie nach Kirchheim und 1864 weiter nach Tübingen. Während ihre vier Brüder Lateinschule, Gymnasium und Universität durchliefen, wurde „das frühreife, sprachbegabte, ganz eigen geartete Mädchen“ von der klassisch gebildeten, unorthodoxen und ehrgeizigen Mutter unterrichtet.

Im Alter von 14 Jahren verdiente sich Isolde Kurz schon ihr erstes Honorar mit der Übersetzung eines Romans und wagte sich dann auch an anspruchsvollere Texte aus dem Italienischen, Englischen und Russischen. Begabt und fleißig, selbstbewusst und mit einem großen Durchhaltevermögen gewappnet, ist Isolde Kurz in der Tat eine würdige Namensgeberin für einen Literaturpreis.

Karin Ecker, Abteilungsleiterin für Deutsch, stellte zunächst David Asi vor, dessen Begeisterung für Englisch und Wirtschaft „eine große Herausforderung“ für sie darstellte. Dass er seine Zukunft nicht auf dem Feld der Literatur sucht, steht schon fest, nachdem er sich an der European School of Econony, der betriebswirtschaftlichen Fakultät der Universität Reutlingen eingeschrieben hat. Versöhnlich stimmt seine Förderin allerdings, dass er bei der Frage nach seinem größten schulischen Erfolg sofort den Isolde-Kurz-Preis nannte.

Er zeigte er auf, wie eine Biografie über Franz Kafka ihm ganz neue Welten eröffnet und ein tiefes Interesse und Verständnis für Literatur geweckt hat. Franz Kafkas Roman „Der Prozess“ wurde so für David Asi das literarische Werk, dass ihn am meisten beeinflusst hat und ihn erkennen ließ, wie recht Franz Kafka hat, wenn er sagt: „Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns“.

Daniel Asi lernte, literarische Qualität zu erkennen und weiß um das Privileg, durch die Literatur Einblicke in das Innenleben eines Menschen zu bekommen. Wie für den Kafka-Biografen Alois Prinz steht auch für ihn „Kafka für die Entdeckung, dass gerade in der banalsten Normalität der explosivste Sprengstoff liegen kann“.

Jenny Münster sucht dagegen ihren eigenen direkten Zugang zur Literatur, die sie nicht nur freudvoll rezipieren sondern mit der entsprechenden Kreativität selbst schaffen will. Am Festabend gewährte sie dem interessierten Publikum selbstbewusst Einblick in ihr eindrucksvolles Schreibpotenzial und ihren virtuosen Umgang mit dem meisterlich beherrschten Werkzeug Sprache.

Dass sie auf jeden Fall dem Schreiben treu bleiben will – was sie ihrem Talent ja auch schuldig ist – konnte sie mit der erstaunlichen Kraft ihrer Geschichte eines virtuos geschilderten „ganz normalen Samstagabends“ einfühlsam belegen. Der begeisterte Beifall zeigte, dass nicht nur ihr Deutschlehrer Bernd Löffler hofft, dass sich Jenny Münsters großer Wunsch erfüllt, an der „Kaderschmiede“ für künftige Linguisten und Literaten in Leipzig studieren zu können.

Einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg der Preisverleihungs-Premiere leisteten drei musikalische Talente aus dem direkten Umfeld der Preisträger. Nikolai Nilkens (Altsaxophon), Leonard Tomschi (Keyboard) und Julian Feuchter (Drums) sorgten mit perfekt intonierten Jazz-Standards dafür, dass auch das musikalische Niveau den Erwartungen eines Gala-Abends mehr als gerecht wurde.