Museumsleiterin Stefanie Schwarzenbek möchte aus dem Kornhaus einen Treffpunkt machen
„Geschichte lebendig erzählen“

Seit acht Monaten ist Stefanie Schwarzenbek Museumsleiterin in Kirchheim. Damit ist sie beruflich endgültig dort angekommen, wo sie seit dem Abi­­tur hinwollte: im Museum. Ihre kurzfristigen Pläne betreffen Ausstellungen bis ins Jahr 2018. Längerfristig soll es auch darum gehen, die Dauerausstellung umzugestalten. Vor allem aber will sie das Museum zu einem Ort der Begegnung machen.

Kirchheim. Das Museum zur Anlaufstelle machen, Historisches spannend und interessant vermitteln, das sind die Zielvorstellungen von Stefanie Schwarzenbek. „Geschichte ist so wunderbar, so interessant. Wir müssen bei Kindern das Interesse dafür wecken, indem wir Geschichte lebendig erzählen – und nicht staubtrocken“, sagt die Nachfolgerin Rainer Laskowskis.

Das Kornhaus bezeichnet sie als wichtiges Gebäude, mitten in der Innenstadt. Diese Vorteile möchte sie noch viel stärker nutzen. Möglichst viele Kirchheimer sollen nicht mehr „das Museum“ sagen, sondern „unser Museum“. Einen ersten Anfang auf dem Weg zu diesem Ziel hat sie bereits mit ihren Kollegen von der Stadtverwaltung gemacht – mit dem Angebot „Mittagspause im Museum“. Die Führung mit Imbiss werde begeistert angenommen, erzählt die Museumsleiterin und lässt dabei durchblicken, dass dieses Angebot auch auf andere Menschen ausgedehnt werden könnte, die ihre Mittagspause in Kirchheim verbringen.

Die Identifikation der Kirchheimer mit ihrer Stadt findet Stefanie Schwarzenbek mehr als vorbildlich: „So viele engagierte Leute auf einem Fleck habe ich noch nie erlebt.“ In erster Linie bezieht sie sich dabei auf Gruppen, mit denen sie im Museum direkt zu tun hat: Museumspädagogik etwa, die Archäologie-AG oder der Literaturbeirat. „Das ist fantastisch in Kirchheim. Hier gibt es eine Identität, eine Begeisterung und ein reges Vereinsleben.“

Mit dem Vereinsleben kennt sie sich aus: Nach Abschluss ihres Studiums der Geschichte und der Kunstgeschichte in Tübingen hat sie zwei Jahre lang im städtischen Museum in Esslingen volontiert und durfte am Ende eine ganz eigene Ausstellung gestalten. Thema dieser Ausstellung war die Freizeitkultur der letzten 200 Jahre in Esslingen. Dabei ging es um die Entstehung der Vereine im 19. Jahrhundert – von Arbeitervereinen, Gesangvereinen und Turnvereinen bis hin zur Feuerwehr. Zugleich ging es aber um aktuelle Entwicklungen und die nachlassende Bereitschaft, sich in einer immer kurzlebiger werdenden Zeit langfristig in ein Vereinsleben einzubringen.

Freizeit in Esslingen – dieses Thema hat Stefanie Schwarzenbek auch schon für die Zeit vor dem 19. Jahrhundert untersucht: In ihrer Magisterarbeit ging es um die Trinkkultur im süddeutschen Raum am Beispiel der Freien Reichsstadt Esslingen. Dabei handelt es sich aber nicht nur um die Sitten im Zusammenhang mit Alkoholausschank. Auch Kaffeehäuser spielen eine entscheidende Rolle. Und die waren einst so verrufen wie die übelsten Spelunken: „Ins Café gingen sehr zwielichtige Personen. So hingen Café und Billard eng zusammen.“ Und beim Billard bestand, wie bei jedem Spiel, das um Geld gespielt werden kann, die Gefahr, alles zu verlieren.

Fast alles in kürzester Zeit zu verlieren, ist auch auf andere Arten möglich: 1690 ist das ganz Kirchheim so gegangen, beim Stadtbrand. Nächstes Jahr liegt dieses Ereignis genau 325 Jahre zurück – Grund genug, für 2015 eine Ausstellung zum Stadtbrand zu planen. Dabei denkt die Museumsleiterin an eine Kooperation mit dem Feuerwehrmuseum.

Ähnliche Kooperationen sind auch für andere Ausstellungen angedacht – zum Beispiel mit dem Verein „Historische Dampftechnik Kirchheim“, wenn es um das Jubiläum „150 Jahre Eisenbahn“ geht. Ende Juli beginnt die Eisenbahnausstellung im Kornhaus. Sechs Wochen zuvor wird die erste von sechs Tafeln aufgestellt, die vom Postplatz zum Museum führen. Über die Ausstellung selbst möchte Stefanie Schwarzenbek „noch nicht zu viel verraten“. Aber eines steht schon fest: „Wir kriegen wunderbare Exponate.“ Dazu gehört eine Sitzbank der 3. Klasse oder auch ein Bild von der ersten Lokomotive, die auf der Strecke zwischen Kirchheim und Unterboihingen unterwegs war. Ganz lokalpatriotisch war diese Lok auf den Namen „Teck“ getauft worden. Immerhin gehörte sie nicht den Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen, sondern der Kirchheimer Eisenbahn-Gesellschaft, der ersten Privatbahn im Königreich.

Weitere Sonderausstellungen der nächsten Zeit betreffen den expressionistischen Maler Franz Frank – einen gebürtigen Kirchheimer –, die Weihnachtsausstellung, bei der dieses Mal das Weihnachtsgebäck im Mittelpunkt stehen soll, oder auch die Ausstellung zum Bulkeser Heimattreffen, das alle zwei Jahre über Pfingsten in Kirchheim stattfindet. Nach Auflösung der Heimatstuben und Übergang des Bestands an das Kirchheimer Museum soll es parallel zum Heimattreffen immer eine Ausstellung im Kornhaus geben. Dieses Jahr geht es ganz allgemein um Bulkes und die Verbindung zu Kirchheim. 2016 steht die Auswanderung im Mittelpunkt, und 2018 geht es um die Spuren der Bulkeser in Kirchheim.

Längerfristige Projekte Stefanie Schwarzenbeks sind die Digitalisierung des Museumsbestands und die Neuausrichtung der Dauerausstellung. Bevor es dazu kommt, steht eine Sanierung des Kornhauses an. „Das dauert noch ein paar Jahre. Da müssen wir auch nichts übers Knie brechen. Die aktuelle Dauerausstellung ist ja sehr gut gemacht.“

Von der Zusammenarbeit mit ihrem Vorgänger Rainer Laskowski schwärmt Stefanie Schwarzenbek in den höchsten Tönen: „Damit mache ich nur beste Erfahrungen. Ich kann mich immer an ihn wenden, wenn ich Fragen habe. Das ist eine sehr schöne Konstellation.“ In Kirchheim ist sie ohnehin am rechten Ort gelandet: Gleich nach dem Abitur, das sie 2001 in Stuttgart abgelegt hat, machte sie ein mehrmonatiges Praktikum im Haus der Geschichte in der Landeshauptstadt und stellte dabei fest, dass ihre Berufslaufbahn zwingend ins Museum führen muss.

Und noch ein wenig „Geschichte“: Viele werden den Namen Schwarzenbeck mit Hans-Georg verbinden, genannt „Katsche“. Um viele Ecken ist Stefanie Schwarzenbek tatsächlich mit dem Vorstopper des „Kaisers“ verwandt: Ihre Vorfahren stammen aus Bayern, tragen aber – im Gegensatz zu „Katsche“ – kein „c“ im Namen.