pm. Angestaubte Exponate hinter Glas, nüchtern beschriftete Informationstafeln und immer wiederkehrend der Hinweis „Bitte nicht berühren!“ Wer sich früher der Geschichte nähern wollte, geriet mitunter schnell an Grenzen. Heute gelten im Umgang mit historischen Themen vielerorts neue Regeln. Auch in Baden-Württemberg gibt es immer mehr Angebote, die Jung und Alt die Möglichkeit geben, die weit zurückreichende Historie des Landes aktiv zu erleben. Wo über 40.000 Jahre lebendige Geschichte greifbar werden, zeigt die folgende Übersicht.
Geschichte auf die Hand – Badisches Landesmuseum Karlsruhe
Im Badischen Landesmuseum mit seiner bedeutenden Sammlung zur Menschheitsgeschichte sind in den vergangenen Jahren Konzepte für ein völlig neues Museumserlebnis entstanden. In der Ausstellung „Archäologie in Baden – Expothek“ stehen Interessierten nicht nur verschiedene Recherchetools, Quizspiele und digitale Puzzles zur Verfügung. Auf Wunsch kann man sich vom geschulten Personal ausgewählte Originalobjekte vorlegen lassen und darf sie sogar in die Hand nehmen und von Nahem betrachten. Auf diese Weise fallen völlig neue Details ins Auge und es entsteht ein Gespür für das Material und Gewicht der Exponate. Die Reise durch die badische Vor- und Frühgeschichte beginnt vor 650.000 Jahren und endet im 8. Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Infos unter landesmuseum.de.
Eintauchen ins Urmeer
Bis zu 180 Millionen Jahre zurück in eine tropische Meereswelt, die weite Teile Europas bedeckte, führt ein Besuch in Holzmaden im Landkreis Esslingen. Im sauerstoffarmen Faulschlamm am Grunde des Jurameers erhielt sich eine reiche Fauna aus dieser Zeit. Dank zahlreicher Fossilienfunde ist sie im Urweltmuseum Hauff, Deutschlands größtem privaten Naturkundemuseum, zu bestaunen. Die Funde wurden in der weltweit anerkannten Werkstatt der Familie Hauff präpariert. Wer selbst zur Forscherin oder zum Forscher werden will, kann gegen eine kleine Gebühr im zwei Kilometer entfernten Schieferbruch Kromer auf die Suche nach Überresten des Urmeers gehen. Hammer und Meißel sind vor Ort ausleihbar.
urweltmuseum.de; schieferbruch-kromer.de
Leben wie ein Steinzeitmensch – Archäopark Vogelherd Niederstotzingen
Genau dort, wo 40.000 Jahre alte Tierdarstellungen gefunden wurden und schon vor mehr als 100.000 Jahren Menschen lebten, können Geschichtsfans heute den steinzeitlichen Alltag nachempfinden. Im Archäopark Vogelherd bei Niederstotzingen erfährt man an verschiedenen Themenplätzen, wie es ist, einem Neandertaler gegenüberzustehen, ohne Streichhölzer Feuer zu machen, mit einfachem Werkzeug, Holz und Fellen eine Behausung zu bauen oder eine Speerschleuder erfolgversprechend einzusetzen. In der Schatzkammer des Infozentrums werden außerdem zwei der originalen UNESCO-Eiszeitkunst-Fundstücke gezeigt: ein Mammut und ein Höhlenlöwe. Infos unter archaeopark-vogelherd.de.
Spaß mit römischer Geschichte
Auf dem Gelände des ehemals größten römischen Reiterkastells nördlich der Alpen ist mit dem Limesmuseum Aalen eines der bedeutendsten Römermuseen Deutschlands untergebracht. Im zweistöckigen Ausstellungsgebäude und auf dem angrenzenden Freigelände erzählen Gebäudereste, Originalfunde und Repliken, Zeichnungen, Fotos und Modelle die Geschichte der Provinzen Rätien und Obergermanien. Kinder dürfen sich in der Kleiderecke in römische Gewänder werfen, Musikinstrumente zum Klingen bringen und Objekte mit eigenen Händen erkunden. Getreu dem Museums-Motto „Spaß mit römischer Geschichte“ tauchen sie tief in das militärische und zivile Leben am Limes und in den römischen Provinzen ein. Infos unter limesmuseum.de.
Mitten im Mittelalter
Nirgendwo im Süden wird die mittelalterliche Geschichte so ausführlich dokumentiert wie im Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg in Konstanz. In der Ausstellung und in verschiedenen Aktionen versetzen sich die Museumsgäste in diese gar nicht so dunkle Zeit zurück und erfahren, welcher Müll in die Latrine wanderte, welcher Stand welche Kleidung tragen durfte, wie Brett- und Würfelspiele auch den Alltag der „kleinen Leute“ versüßten und dass Bürgerkinder lieber mit Ritterfiguren als mit Eseln spielten. Immer ist dabei die Auseinandersetzung mit der Geschichte auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Zeit. Wer keine Anstrengung scheut und noch tiefer in die Epoche eintauchen will, meldet sich zur freiwilligen Mitarbeit auf der rund 60 Kilometer entfernt gelegenen Klosterbaustelle Campus Galli in Meßkirch. Infos unter alm-bw.de und campus-galli.de
Stadtgeschichte in Aktion
Das stadtgeschichtliche Museum von Ravensburg ist in einem hervorragend erhaltenen spätmittelalterlichen Wohnquartier untergebracht. Benannt ist es nach der wohlhabenden Fernhandelsfamilie Humpis, die hier im 15. Jahrhundert lebte und wirkte. Von der Zeit der Welfen bis ins 20. Jahrhundert hinein werden in der Dauerausstellung verschiedene Lebenswelten und in Kabinettausstellungen Themen wie „Schwabenkinder“, Textilstandort und Heimatvertriebene veranschaulicht. An den Samstagen laden Mitmachwerkstätten Kinder zur Auseinandersetzung mit der Geschichte ein. Ob beim Papierschöpfen, Schreiben mit dem Federkiel oder Drucken mit beweglichen Lettern. Eine Textilwerkstatt und die Humpisküche vervollständigen das umfangreiche Hands-on-Angebot. Infos unter museum-humpis-quartier.de.
Zum Kuckuck
Sonnenuhren, Pendeluhren, Räderuhren, Taschenuhren, Standuhren, Armbanduhren und Atomuhren – der Gang durch das Deutsche Uhrenmuseum in Furtwangen ist ein Gang durch die Geschichte und Vielfalt der Zeitmessung von frühen astronomischen Beobachtungen bis hin zu unserer Zeit. Auf stolze 8.000 Uhren bringt es die weltweit wohl größte Uhrensammlung. Etwa 1.200 davon werden in der Dauerausstellung gezeigt. Natürlich fehlt auch die Schwarzwälder Kuckucksuhr nicht, denn ohne sie würde das Museum nicht richtig ticken. Wer mehr über dieses Kultobjekt erfahren und sich eine eigene Kuckucksuhr bauen will, kann einen Workshop besuchen. In diesem wird sie nach eigenem Geschmack gestaltet und mit einem Schwarzwälder Quarzuhrwerk versehen, das den typischen Kuckucksruf erschallen lässt. Infos unter deutsches-uhrenmuseum.de
Alles in Bewegung
Ein Museum voller Maschinen und Technik, in dem schon einmal eine Lokomotive durch den Raum fährt und ein mechanischer Webstuhl, angetrieben von einem Wasserrad, klappert: Im Mannheimer Technoseum wird die Geschichte der Industrialisierung und des technischen Wandels seit dem 18. Jahrhundert erzählt. Doch nicht nur das: Das Technoseum mit seiner Elementa ist auch ein Museum, in dem Anfassen und Mitmachen erlaubt und sogar ausdrücklich erwünscht sind. Hier kann man die Bogenbrücke von Leonardo da Vinci nachbauen, Botschaften mit der Rohrpost verschicken, in der virtuellen Fabrik Transportwege optimieren und das Smartphone per Handkurbel laden. Zugreifen heißt im Technoseum begreifen. Infos unter technoseum.de
Reise in die Zukunft
Das Weltklima schwankte schon immer. Durch uns Menschen erwärmt sich die Erde nun jedoch zu sehr und zu schnell. Die Klima Arena in Sinsheim wurde im Oktober 2019 eröffnet und lädt als „Klima-Erlebnisort“ dazu ein, sich auf spielerische und interaktive Weise mit Nachhaltigkeit und Ressourcen, dem Klimawandel und seinen Folgen, aber auch Lösungsansätzen zu befassen. Auf einer Ausstellungsfläche von rund 26.000 Quadratmetern warten dazu in den unterschiedlichen Themenbereichen verschiedene Mitmachstationen: Von Pumpspeicher, Photovoltaik-Stationen und Energiespielgeräten bis zum Klima-Supermarkt und Wertstoff-Bingo. Im „Raumgleiter“ kann man verschiedene Klimaszenarien anfliegen und entdecken. Infos unter klima-arena.de.